« Tipping Point » – Malcolm Gladwell oder « Soziale Epidemien »

Von HPK
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Tipping point gehört zum Fachvokabular der Epidemiologie. Es ist der Punkt, an dem eine Infektion die kritische Masse erreicht, die zu einer Epidemie führt. Soziale Epidemien beschreiben die Verbreitung von Meinungen und Verhaltensweisen in der Gesellschaft, Tendenzen des Massenkonsums, Aufkommen von Modetrends, Entstehung von Bestsellern… Die Zündungsmechanismen sind oft kleine Dinge, die Grosses bewirken. Malcolm Gladwell zeigt uns wie Kommunikation in komplexen Gesellschaften funktioniert und wie man das, worauf es ankommt gezielt einsetzen kann.


Paul Lazarsfeld erkannte als erster die Bedeutung von bestimmten Personengruppen für die Meinungs- und Einstellungsbildung in der Gesellschaft und formulierte das sattsam bekannte Konzept des 2-stufigen Kommunikationsflusses über Meinungsführer (opinion leaders).

Gladwells Analyse ist differenzierter: Die optimale Kommunikation läuft über „Vermittler“, „Kenner“ und „Verkäufer“. Sie sind die Eckpfeiler des „Gesetzes der Wenigen“, eine kleine Zielgruppe, die Massen in Bewegung oder zum Stillstand bringen kann.

Kernforderung an den Kommunikationsinhalt, die Aussage, die Werbebotschaft: Sie soll so „klebrig“ sein, sich derartig im Gedächtnis verankern, muss so erinnerungswürdig sein, dass sie unausweichlich zur Aktion, zur Verhaltensänderung führt. Die Information muss so verpackt sein, dass sie unwiderstehlich wird. Als Paradebeispiel für „Klebrigkeit“ wird „Sesame Street“ ins Feld geführt, der gelungene Versuch einer erziehungsfähigen Kindersendung im Fernsehen.

Bei der Beobachtung und Beurteilung menschlichen Verhaltens wird immer wieder der Fehler gemacht die Bedeutung der grundlegenden Charakterzüge der Akteure zu überschätzen und den Einfluss von Situation und Umfeld zu unterschätzen. Gladwell unterstreicht die Macht des Umfeldes. Hier bietet sich ein weiter Wirkungskreis für kleine Korrekturen mit grossen Auswirkungen. Ein Konzept, mit dessen konsequenter Umsetzung es gelang die Kriminalitätsrate in New York signifikant herabzusetzen.

Der Autor hat die typische Stärke angelsächsischer Schreiber. Die Schienen seiner Argumentation laufen nicht über abstrakte, komplex dargestellte Konzepte, sondern über  amüsante Anekdoten und Ereignisse aus Wirtschaft, Geschichte und Aktualität sowie über interessante, leicht zugängliche Experimente der Sozialwissenschaften. Realitätsnähe ist garantiert, Unterhaltung, Interesse und Spannung ergeben sich wie selbstverständlich.

„Tipping Point“ ist eine anregende Lektüre für Marketingspezialisten, Grundschullehrer, Polizeioffiziere, Seuchenmediziner, Soziologen, Psychologen, Eltern sowie für all diejenigen, deren waches Interesse den Dingen des Lebens und unserer Gesellschaft gilt und nicht zuletzt für Sicherheitsbeauftragte, die sehr wohl wissen wie unspektakuläre Ursachen fatale folgen nach sich ziehen können.

Im brennenden wirtschaftlichen Heute, bietet das Buch Erklärungsansätze für das Entstehen und Platzen von Spekulationsblasen. Der Untertitel: “Wie kleine Dinge Grosses bewirken können“ gibt in diesem Rahmen Stoff zum Nachdenken für unsere Topmanager und Politiker.

Bis dato geht es in die falsche Richtung, die 3 grossen M, Mittel, Macht und Machenschaften bewirken kaum merkbar Kleines.

Dennoch bleibt Gladwell überzeugt optimistisch, „… tipping points bestätigen das Potential für Veränderung und die Macht intelligenten Handelns. Sehen Sie sich die Welt an, sie wirkt unbeweglich, fest gemauert. Sie ist es nicht. Ein kleiner Schub, an der richtigen Stelle… und sie bewegt sich doch.“(freie Übersetzung des Originals)

Unbedingt lesen!!!

HPK

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