Noch ein Nachspiel zu “Ethik jenseits von Humanismus”

Mein Freund Chris Wood ist ein Idealist, ein aufrechter Kämpfer gegen Irrglauben aller Art. So nehme ich ihn wahr und räume ihm gerne im IF-Blog Platz ein für seine ausführlichen Überlegungen zum Thema „Existenz von Gott“. Und die Statistik in IF-Blog besagt, dass dieses Thema durchaus viel angeklickt wird. So passt das alles zusammen.

Trotzdem gebe ich jetzt auch noch meinen „Senf“ dazu. Ich fühle mich bei solchen Diskussionen an meine Jugend (Spätpubertät) erinnert. Da haben wir uns im Freundeskreis trefflich bis tief in die Nacht bei ersten Rotweingläsern (korrekter Rotweinflaschen) und vielen Rothändle über diese Dinge unterhalten (und am Schluss gestritten) – und sind letzten Endes ohne Ergebnis aber mit einem guten Gefühl, wie klug man war, auseinander gegangen.

Heute sehe ich das gelassener. In meiner Vorstellung ist der Atheismus letzten Endes auch nur eine Religion, in der man eben an keinen Gott glaubt (n = 0, n steht für die Anzahl der Götter, an die man glaubt). Nach meinem Verständnis ist Atheismus nicht mal die einzige Religion mit n = 0 in dieser Welt.

Monotheistische Religionen haben genau einen Gott (n=1), andere Religionen haben vielleicht mehr als einen Gott oder auch viele Götter (n=x, mit x>1 und x<unendlich). Vielleicht gibt es ja auch unendlich viele Götter. Und Gott steckt dann in allem. Und vielleicht sind Null und Unendlich dasselbe?

Es scheint auch Religionen zu geben, die sich nicht einig sind, wie viele Götter sie letztendlich haben. Die lösen das Problem dann dogmatisch – auch ein Weg zur Wahrheit.

Wichtig ist doch aber die Toleranz. Die Toleranz von Menschen und Systemen. Aber Toleranz hört auf, wenn es um Intoleranz geht. Darum mag ich keine militanten Religionen, und folglich auch keinen militanten Atheismus.

Atheisten sollten die selben Rechte haben wie Religionen. Wenn Religionsgemeinschaften Busse plakatieren oder in der S-Bahn werben dürfen, muss dass atheistischen Gruppierungen auch gestattet sen. Und alle haben dieselben Pflichten – und die vornehmste Pflicht ist die zur Toleranz.

Die Diskussionen zum Thema „god is a delusion“ oder ähnliches empfinde ich als Verschwendung von geistiger Kraft. Für mich ist das eine Art intellektuelle Beschäftigung, die vielleicht sogar Spaß machen kann, aber völlig sinnlos ist. Viel wichtiger wäre es doch, die Themen der Aufklärung weiter voran zu bringen.

Viele Fragen bewegen mich: Wie ticken wir Menschen und unsere sozialen Systeme? Wie können wir unser eigenes individuelles und soziales Glück mehren? Wie erreichen wir eine friedliche Gesellschaft, zum Beispiel frei von Kriegen? Wie ändern wir unsere auf das Mittel der Bestrafung aufbauende Soziokultur? Können wir durch globale Zusammenarbeit unseren Planeten bewahren? Wie sorgen wir dafür, dass auch die uns nachfolgenden Generationen existieren können?

Wie absurd die Diskussion von Menschen über die Existenz von Gott ist, zeigt die Pascalsche Wette. Ich gebe sie in meinen Worten wieder:

Wenn ich nicht an Gott glaube, und Gott nicht existiert , dann habe ich keinen Nutzen und keinen Schaden.
Wenn ich nicht an Gott glaube und Gott existiert, dann habe ich unter Umständen einen großen Schaden (Hölle).
Wenn ich an Gott glaube, und Gott existiert nicht, dann habe ich Nutzen und keinen Schaden.
Wenn ich an Gott glaube und Gott existiert, dann habe ich unter Umständen einen großen Nutzen (Himmel).

Also muss ein intelligenter und auf seinen Vorteil bedachter Mensch im christlichen Kulturkreis unbedingt an Gott glauben. In Wikipedia steht dann noch drin, dass „dies analog auch gelten würde bei einem abweichenden religiösen Glauben mit einem ähnlichen Lohn-Strafe-Schema“.

😉 Über die Pascal’sche Wette haben wir uns 1968 auch bei viel (zu viel) Rotwein den Kopf zerbrochen! Heute habe ich für so etwas weder Zeit noch Lust.

Also Schluss mit dieser sinnlosen Diskussion. Sie wird zu leicht emotional und gleitet ins „Recht haben wollen“ ab.

Machen wir uns also wieder an die Arbeit, unser Wesen und unsere Sozialität verstehen zu lernen. Sind Ansätze im „Schwarzen Schwan“ von Nassim Nikolaus Taleb es zum Beispiel nicht viel mehr wert, ausgiebig diskutiert zu werden? Finden wir den Weg zwischen Mediokristan und Extremistan?

RMD

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