InterFace-Geschichte #5 – Die ersten 12 Jahre (Überblick Teil 1)

Hier die erste Etappe der InterFace-Geschichte (Übersicht):

Die InterFace AG gibt es jetzt seit 25 Jahren. Ich beginne mit drei Beiträgen zu den drei wichtigen Etappen, die InterFace durchlebt hat, dann kommen die einzelnen Geschichten. Heute geht es um den Start und die ersten mehr als 12 Jahre als „Produkt-Company“.

Bei der Gründung hatten wir einen ganz simplen Geschäftsplan – dem berühmten Motto KISS (keep ist simple and stupid) folgend: Auf das neue Betriebssystem UNIX wollten wir uns konzentrieren und das Geld mit Lizenzen verdienen.

Anfang der 80iger Jahre gab es beliebig viele Hersteller von MDT-Systemen (Mittleren Daten-Technik). Ein paar deutsche Namen seien genannt: CTM, Kienzle, Triumph-Adler und natürlich die „Platzhirsche“ Nixdorf und Siemens. Aber auch Firmen wie DEC, ICL, Bull, Olivetti oder Wang. Alle hatten eigene Betriebssysteme und unterschiedliche HW- und SW-Technologien. Es war eine Betriebssystem- und Software-Vielfalt ohne Ende. Am Horizont ging Unix auf – für uns die Plattform der Zukunft. Und es gab viele Gleichgesinnte! Also haben wir uns konsequent auf Unix ausgerichtet.

Auch unser Geschäftsmodell war klar. Software war damals schon ein sehr leicht zu vervielfältigendes Produkt. Und der Gedanke, ein SW-Produkt einmal zu entwickeln und dann beliebig oft zu verkaufen, war einleuchtend und verführerisch. So beschlossen wir, eine Produktfirma zu werden. Am Anfang musste halt ein bisschen Geld mit Beratung verdient werden, um den Start der Produktentwicklung zu finanzieren. War alles ganz einfach.

Das nächste Frage war: Was für ein Produkt entwickeln wir? Auch das konnten wir schnell beantworten. Den damaligen UNIX-Systemen fehlten neben einer vernünftigen Oberfläche (sprich einem Desktop) so wichtige Anwendungen wie ein komfortabler Texteditor auch für Nicht-Programmierer (der vi war toll, aber das war nur etwas für Programmierer wie uns), diverse DFÜ-Technologien (DFÜ steht für Datenfernübertragung) und Datenbanken.

Datenfernübertragung war mein Thema bei Siemens und Softlab gewesen, so kannte ich die damals auf diesem Gebiet schon rasanten Innovationszyklen. Diesen wollte ich mich nicht aussetzen. Vor einer Datenbankentwicklung „on the scratch“ hatte ich einen Riesenrespekt. Also blieb das Thema Text. C mit seiner Pointer-Technik war traumhaft zur Implementierung eines Textsystems geeignet, das damals ja noch auf zeilen- und spaltenorientierten „Datensichtgeräten“ (das VT 100 von DEC war das bekannteste Gerät dieser Art) basierte und jedes eingegebene Zeichen sofort wieder an den Bildschirm sendete („reflected copy“ im „raw mode“). Manch einer hat uns damals belehrt, dass das nie funktionieren würde; kein Mehrplatzsystem würde die vielen Interrupts pro Zeichen verkraften!?

Eine wichtige strategische Festlegung war, dass wir keinen eigenen Vertrieb aufbauen wollten. Unser Ziel war ein OEM-Modell. Waren wir doch Ingenieure und keine Vertriebler! Und die Welt sollte mit der Qualität unserer Software und nicht mit Vertriebsgeschwafel erobert werden. So dachte man damals ;-).

Es gab eine zweite Devise: Klein aber Fein! Größeres Wachstum war explizit unerwünscht, die Firma sollte auch mittel- und langfristig eine überschaubare Größe behalten. Und ein Markenzeichen des Unternehmens war, dass der eine Geschäftsführer längere Haare trug und öfters auch mal eine kurze Hose. Den anderen (meinen Partner Wolf Geldmacher) hat man nie (!) mit Krawatte gesehen.

Und dann war der Erfolg da. Wir nannten das Produkt „HIT“, weil es ein Hit werden sollte. Bald lernten wir, dass die Anwender nicht alles selbst tippen sondern ihre Texte automatisch generiert haben wollten. Unser Friedrich Lehn hat die einschlägigen Textautomaten (das System von Triumph Adler war ein besonders gutes Studienobjekt) untersucht, die erkannten Strategien verbessert und für die neue Computer-Welt umgesetzt. So kreierten (auch ein neues Wort von damals) wir eine speziell für die Generierung von Dokumenten konzipierte Sprache der 4. Generation (4GL) mit integriertem „embedded sql“, das dann zur Runtime-Zeit ausgeführt wurde. Das war der Clou am HIT und deshalb nannten wir die neue Sprache „CLOU“ und Friedrich wurde zum „Vater des CLOU“.

Und der Erfolg ging los. Die Lizenzeinnahmen strömten und wir programmierten wie die Weltmeister. HIT/CLOU wurde eine Macht und wir hatten weit mehr als 12 „Goldene Jahre“. Und noch heute läuft der CLOU bei vielen Kunden zu deren großen Zufriedenheit.

Natürlich mussten wir für diesen Erfolg auch einiges an „Vertrieblichem“ bewerkstelligen. Wie das funktioniert hat, berichte ich ein anderes Mal. Jetzt kommt erstmal die zweite Etappe, die Zeit des Wandels.

RMD

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