Love it, change it or leave it!

Vom Projekt Magazin wurde ich eingeladen, mich an seiner diesjährigen Blogparade zu beteiligen.

Da ich die Macher des Projekt Magazins, Petra Berleb und Regina Wolf-Berleb, sehr schätze und ihr Produkt mag, nehme ich gerne teil und lege meine Gedanken hier ab.

Das Thema der Blogparade ist:

Wir arbeiten jetzt agil / digital / selbstorganisiert!
Mehr Erfolg durch neue Freiheiten im Projekt oder viel Wirbel um nichts?

Ich mache ich es mir einfach und kopiere einfach mal die Fragen und Gedanken aus der Einladung in die Blöcke zwischen den Strichen und nehme zu den Fragen ganz persönlich Stellung.

Hier die Fragen und meine Antworten:


Welche Spielräume haben Sie in Ihren Projekten, um auch mal andere Ansätze auszuprobieren und bewusst neue, einfache Wege zu gehen?


In meinen Jahren als angestellter Mitarbeiter bei Siemens und Softlab hatte ich das Glück, dass es in den Bereichen, in denen ich tätig war, eine kooperative Vertrauenskultur gab, so dass ich große Spielräume hatte. Und da ich in der Regel erfolgreich war, sind die Freiheiten gewachsen.

;-). Weil wer Erfolg hat, der hat meistens Recht. Das war in den 70iger bis Anfang der 80iger Jahre.

Nur – die Situation in den Unternehmen begann sich zu verschlechtern. Die Ursache war in meinem Verständnis die breite systemische Zunahme von verschiedenen aber sich ergänzenden Trends wie die Priorisierung von shareholder value, den „Glauben an und die Einführung von Prozessen“, Nutzen von Key Performance Indicator-Systemen (KPIs) zur Unternehmenssteuerung, Bürokratisierung und Zertifizierung von allem möglichen. Ein stark forcierter Taylorismus führte zu Silos, die sich gegenseitig lähmten.

Das Ziel waren rational gesteuerte, perfekte und mächtige Unternehmen, die so fähig gemacht werden sollten, im harten Wettbewerb nicht nur zu bestehen, sondern die Nummer 1 zu werden. Die Mitarbeiter wurden mit „Zielvereinbarungen“ versorgt, dies basierend auf der Annahme, dass man Menschen über materielle Ziele motivieren kann. Was für ein Menschenbild?

Die Unternehmen wollten sich in die Lage versetzen, den Markt und letzten Endes die Verbraucher zu steuern (manipulieren). Heute erscheinen diese wie überregulierte und dressierte mächtige Elefanten. Kreativität, Mut und Freude sind verschwunden wie die Artenvielfalt in der Natur. Und diese Unternehmen wundern sich, dass sie von neuen Unternehmen total übergeholt und abgehängt wurden.

Meine Elefanten konnte ich als kleiner Programmierer nicht verändern. Um zu beweisen, dass gemeinsames Arbeiten auch anders geht, musste ich selber ein Unternehmen gründen.

Mein erster Schritt zur Unternehmensgründung war die Suche nach einem Partner, der ähnlich dachte. Das war nicht einfach. Nachdem ich ihn gefunden hatte, gründeten Wolf Geldmacher und ich im Jahre 1984 gemeinsam die InterFace Connection GmbH (die heutige InterFace AG). Im Bereich der IT war das Gründen einfach, auch weil wir so etwas wie „Herrschaftswissen“ hatten, das sehr gut bezahlt wurde.

Der Name Connection stand für eine verschworene Gemeinschaft von Menschen, die gemeinsam agil und auf Augenhöhe Großes bewegen wollten. Und ich bin heute genauso wie damals davon überzeugt, dass man als Unternehmer deutlich mehr Spielraum hat – sofern man mehr Geld einnimmt als ausgibt. Und das war damals in der Branche „Digitalisierung“ durchaus möglich, auch und gerade wenn man etwas anders gemacht hat.


Inwieweit lassen Unternehmen den Projektleitern, Scrum Mastern und Product Ownern sowie Beratern freie Hand bei der Wahl des Vorgehens, in der Projektplanung, bei der Kommunikation oder bei der Art der Zusammenarbeit im Team (Stichwort Selbstorganisation)?


Das hängt natürlich von den Unternehmen ab. Gerade sehr große Konzerne haben da Probleme. Im erfolgreichem Mittelstand ist das alles oft selbstverständlich. Manche große Unternehmen haben sich zum Beispiel der Agilität verschrieben und möchten sich mit Change Management verändern. Sie investieren da oft viel. Oft (fast immer) klappt es nicht. Bestenfalls entstehen „Biotope“, die dann aber wieder eingehen und verschwinden.

Mein Eindruck ist, dass es sehr schwer bis unmöglich ist, grosse soziale, oft entpersonalisierte System gezielt zu verändern. Besonders gelingt das nicht „von oben“. Ich persönlich bin mir so nicht sicher, ob man den Elefanten tanzen lernen kann (Zitat von Dr. Marcus Raitner).


Und mit welchen Ansätzen haben Sie Erfolg?


Ganz einfach: Den Menschen im Unternehmen vertrauen, dass sie es schaffen. Auf Spezialistentum verzichten. Alle müssen ihr Handwerk (bei uns war es das Programmieren) beherrschen. Aber alle sollen sich auch um die „Spezialthemen“ wie Termintreue, Qualität, Kundenwissen, Integration, den „build“, Sicherheit … kümmern und kümmern dürfen. Und alle bitten, dass sie an Allem partizipieren wollen, ob es das Manual, die Schulung der Kunden oder die Planung des Produktes ist. Auch an den ehrgeizigen Zielen.
Und die Menschen am Ergebnis partizipieren. Öfters Feiern, Erfolge sowieso aber auch Niederschläge sozusagen zum Trost.


Dahinter steht auch die Frage, ob der Hype um agile Unternehmen und der Ruf nach einer Kultur, die den Menschen verstärkt ins Zentrum stellt, von den Organisationen ernsthaft aufgegriffen und langfristig verfolgt wird. Gerade Projektteams haben die Chance, Veränderung im Unternehmen zu initiieren. Können und dürfen Sie etwas einfach anders machen? Wird es wertgeschätzt, wenn Sie ausgediente Prozesse, starre Hierarchien und Silodenken aufzubrechen versuchen – oder gelten Sie dann als Querulant, der Unruhe ins Unternehmen bringt?


Ich probiere es aus. Im privaten Leben wie in allen Projekten des beruflichen Lebens. Denn ich möchte ja glücklich sein. Dazu braucht es Freude, bei dem was man tut. Also auch in der Arbeit. Für Freude braucht es Mut. Wenn ich die Situation, in der ich stecke, nicht „liebe“, dann muss ich sie ändern. Und wenn ich absehe, dass dies nicht möglich ist, dann muss ich sie verlassen.

Ich weiß aber, dass das Prinzip „Love it, change it or leave ist!“ leicht gesagt und oft nicht möglich ist. Wenn Du in Abhängigkeit lebst, dann ist es oft leichter gesagt als getan. Das Problem ist die Abhängigkeit.


Zudem interessiert uns Ihre Motivation dafür, Neues in Ihren Projekten ausprobieren: Tun Sie es, weil Sie das Gefühl haben, mit dem althergebrachten Vorgehen nicht mehr zukunftsfähig zu sein? Oder um Ihr Profil als Projektmanager im Unternehmen zu schärfen? Oder kommen Sie damit vornehmlich den Wünschen von Vorgesetzten oder Ihrer Teammitglieder nach?


Ich brauche da keine Motiviation. Wir müssen doch nur offen sein. Und wenn ich bei einem Barcamp wie dem PM-Camp von anderen Menschen Neues berichtet bekomme, das mir gefällt, dann kommt die Lust, dies mal zu versuchen doch von selber.

RMD

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