Unheimliches oder strahlendes 2011!?

Gestern war der 1/1/11.

Am Morgen wollte schon mein Android nicht mehr. Ein harter Reset war erforderlich. Batterie raus. Dann ging er wieder. Ein Jahr-2010/2011-Problem? Fing schon gut an, das Jahr 2011.

1/1/11 kann man auch 010111 schreiben – binär gelesen entspricht das der 23 im dezimalen Zahlensystem.

Nehmen wir die US-Notation 110101 – dann sind es 53.

Alles Primzahlen …

2011 ist auch die Summe von 11 aufeinander folgenden Primzahlen:

2011=157+163+167+173+179+181+191+193+197+199+211.

Ich glaub’s mal – hab’s nicht nachgerechnet.

Huch – da könnte man ja richtig Angst kriegen.

Jetzt bin ich nicht abergläubisch und finde, dass das ganz nette Zahlenspiele sind.

Unsere Kanzlerin kann auch nicht abergläubisch sein. Denn sonst hätte sie kaum diese von plumper Selbstzufriedenheit und naiver Zuversicht nur so strotzende Neujahresrede gehalten. In der FAZ kann man die Rede nachlesen. Klingt fast so, als ob sie diese selber geschrieben hätte.

Da waren Aussagen drin! Ich zitiere in Auszügen (copy and paste von FAZ-Online):

Noch nie hatten im geeinten Deutschland mehr Menschen Arbeit als heute. Die Zahl der Arbeitslosen ist die Niedrigste seit fast 20 Jahren.

Deutschland hat die Krise wie kaum ein anderes Land gemeistert. Was wir uns vorgenommen hatten, das haben wir auch geschafft: Wir sind sogar gestärkt aus der Krise herausgekommen.


Deutschland ist so erfolgreich, weil Sie (Anmerkung von der Redaktion – das sind WIR) Tag für Tag Ihre Arbeit machen. Sie sind früh morgens auf den Beinen. Sie arbeiten im Schichtdienst, an Sonn- und Feiertagen. Sie kümmern sich um Aufträge und um Ihre Mitarbeiter. Sie meistern Ihren Alltag, wie schwer er oft auch sein mag. Gemeinsam haben wir Enormes geleistet. Wir haben erfahren, was möglich ist. Das ist wichtig, denn wir Deutschen sind uns unserer Stärken selbst nicht immer bewusst. Unsere Fußball-Nationalmannschaft hat in Südafrika ganz wunderbar genau die Tugenden gezeigt, die uns stark machen: Fleiß und Disziplin, Ideenreichtum und Technik auf höchstem Niveau.


Europa steht in diesen Monaten inmitten einer großen Bewährungsprobe. Wir müssen den Euro stärken. Dabei geht es nicht allein um unser Geld. Der Euro ist ja weit mehr als eine Währung. Wir Europäer – wir sind zu unserem Glück vereint. Das vereinte Europa ist der Garant für unseren Frieden und Freiheit. Der Euro ist die Grundlage unseres Wohlstands. Deutschland braucht Europa und unsere gemeinsame Währung. Für unser eigenes Wohlergehen wie auch, um weltweit große Aufgaben zu bewältigen.

Auch werden wir unsere Finanzen weiter in Ordnung bringen und die Steuern vereinfachen. Wir wollen unser Gesundheits- und Pflegesystem weiter verbessern, damit auch in Zukunft jeder Mensch die Gesundheitsversorgung und Pflege bekommt, die er braucht.

Wir nehmen den Begriff von der Bildungsrepublik Deutschland ernst: So schaffen wir viele neue Studienplätze ­ und wir führen Bildungsgutscheine ein für Kinder, die bisher zu oft am Rande standen. Wir gehen den Weg zur modernsten Energieversorgung der Welt, die Klima und Umwelt schont und bezahlbar ist.

Hurra!

Merkel stellt Deutschland ein gutes Zeugnis aus.

So schrieb es ARD.de in der Online-Headline. Und ich finde, da hat unsere Kanzlerin ganz wunderbar genau geredet, wie sie halt so redet.

Waren wir aber wirklich so toll zum 1/1/11? Woher kommt diese große Zufriedenheit?

Lass uns mal nachdenken (auch wenn es weh tut):

Wer arbeitet denn bei uns noch so schwer? Früh auf den Beinen, Schichtdienst, Sonn- und Feiertag, um die Mitarbeiter kümmern?

Die attraktiven Arbeitsplätze sind weniger geworden. Die Anzahl der versteckten Arbeitslosen dürfte genauso hoch sein wie die der offiziell angegebenen.

OK, die Multikulti-Truppe war schon ganz gut. Auch wenn sie nicht Weltmeister geworden ist. Und die Deutschen Frauen sind noch besser.

Allerdings haben zu Beginn 2011 eine dreistellige Zahl Milliarden EURO mehr an Schulden als Anfang 2010. So ganz genau kennen wir die Höhe des Schuldenzuwachses noch nicht, aber die Party war es wohl wert. Und dumm, dass wir gerade entdeckt haben, dass auch für 2011 ganz beachtliche Steuerausfälle drohen (zum Teil, weil die Unternehmen Verlustvorträge verrechnen werden), die Kosten aber schon jetzt laufend steigen.

Die Abgabenlast stieg auch zum Jahreswechsel. Ab 1/1/11 zahlen wir mehr für unsere „Gesundheit“. Die Pflegeversicherung läuft aus dem Ruder. Flugreisen werden teurer (gut so) genauso wie Rauchen (auch gut). Energie wird sowieso teurer (gut für die Umwelt). Aber auch manches andere wird teurer, das dann doch weh tun könnte.

Dafür wird das Steuersystem garantiert nicht einfacher. Seit 1/1/11 haben wir viele zusätzliche Gesetze und Ausnahmeregelungen – darunter auch eine ganze Menge neuer Steuer- und Abgabengesetze.

Die Lage unserer Schulen und Universitäten wird immer schwieriger. Den Kommunen geht es immer schlechter. Nur die Börsenkurse schießen vor lauter wirtschaftlichem Optimismus in die Höhe. Und die Boni der Bänker. Und die Umsätze mit Zertifikaten …

So freue ich mich (ganz morbide) auf 111111 (binär 127 – ist sogar eine Mersenne-Primzahl). Bin gespannt, ob an diesem Tag in Deutschland noch eine schwarz-gelbe Bundesregierung an der Macht ist? Freue mich auf die Fortsetzung des Tanzes um den Euro. Frage mich, wie viel an diesem Tag der Liter Diesel kosten wird? Und wo dann der DAX stehen wird?

Und werde am 11/11/11 diesen Post nachlesen und hoffentlich einen neuen Post dazu schreiben können!

Und wünsche allen Lesern noch mal ein gelingendes Jahr 2011 (Primzahl?).

RMD

P.S.
Habe die Rede mehrfach gelesen. Fast jeder Satz tut irgendwie weh. Muss immer nachdenken, an wen mich solche Reden erinnern.

8 Antworten

  1. Die Neujahrsansprache hat unsere Kanzlerin 100-prozentig nicht selbst geschrieben, da bin ich mir als Ghostwriterin absolut sicher! Was ich mich jedoch frage, ist: War das wirklich echt oder Kabarett?

    Apropos Kabarett: Ich empfehle dringend „TILT. Der Jahresrückblick 2010 von Urban Priol“ – gibt’s leider nicht mehr in der Mediathek des BR, aber ab 10. Januar als DVD. http://www.urban-priol-shop.de/detail/1/0/25/Tilt!-Jahresrueckblick-2010/

  2. Liebe Barbara!

    TILT habe ich gesehen. Habe aber schon lange den Eindruck, dass der Urban eben kein Kabarett mehr macht, sondern die Dinge einfach beim Namen nennt.

    Dass unsere Kanzlerin die Rede nicht selbst geschrieben hat, glaube ich auch. Ich habe nur Sorge, dass unsere Kanzlerin das glaubt, was sie vorgelesen hat.

  3. Roland, don’t keep knocking Angie! Considering she is working in a democracy, she is doing very well. Perhaps you should be criticising the German People, or at least all of them that can vote?

  4. Im Abstand von ein paar Tagen und nach nochmaligen Lesen und Anhören der Rede glaube ich zu wissen, was mich an dieser Rede so bestürzt:

    – Das Niveau der Rede
    – Die offensichtliche Absicht, die Zuhörer für dumm zu verkaufen

    Und ich verstehe nicht, wie eine autonome Führungskraft bereit sein kann, so etwas vorzulesen.

  5. Was bestürzt Sie ?

    Das Niveau könnte man damit entschuldigen, daß rezipientenadäquat darauf reagiert wurde, daß „RTL“ nunmehr höhere Einschaltquoten vorweisen kann als ARD oder ZDF.

    Die „offensichtliche Absicht, die Zuhörer für dumm zu verkaufen“ – nunja, das ist spätestens seit der unseligen Ära von Merkels dekadenter Präinkarnation gängige Praxis.

    Sicherlich gerät diese Volksverarschung gerade durch ihre Plumpheit zu einer besonders infamen Unverschämtheit, aber was erwarten Sie von einer ehemaligen FDJ-Sekretärin für „Agitation und Propaganda“ ?

    „Führungskraft“ ?
    Was mich immer trauriger macht, ist, daß es keine Führungskräfte mehr gibt.
    Marion Gräfin Dönhoff berichtete einmal im Rahmen eines Interviews, zu Zeiten der „Wiedervereinigung“ sei Helmut Schmidt in der ZEIT-Redaktion erschienen und habe vehement postuliert, JETZT müsse der Kanzler eine ‚Blut, Schweiß und Tränen“ – Rede halten, ein Fanal setzen sozusagen, den Bürgern die Wahrheit einerseits und Perspektiven andererseits zu eröffnen.

    Was stattdessen passiert ist, wissen Sie.

    Die peinliche „politische Klasse“ färbt fatalerweise offenbar auch auf die Kultur unserer Unternehmen ab.

    An den Weihnachtsfeiertagen werden – nichts ungewöhnliches in der ITK-Branche – auch von uns vor Ort Kundensysteme kritischen Aktualisierungen unterzogen.
    Bis vor ein paar Jahren war es selbstverständlich, daß der jeweilige Abteilungsleiter während der stets riskanten Arbeiten vor Ort war, allein schon um seinen Mitarbeitern zu zeigen, daß er das Gleiche auf sich nimmt, was er von seinen Mitarbeitern verlangt.

    Heute ?
    Heute haben zwei Auszubildende Präsenzpflicht, der Rest feiert. Jeder Bulettenbrater bei McDonalds übernimmt da mehr Verantwortung.

    Trotzdem wünsche ich Ihnen ein angenehmes neues Jahr !

  6. Ich weiss sehr genau, warum ich die Rede von Angie versäumt habe. Unsere politische Kaste ist nur noch peinlich. JUS

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