Unternehmertagebuch #65 Was ist das eigentlich – Projekt Management? (Definitionsversuch I)

Im letzten Unternehmertagebuch habe ich aus dem Artikel

Projekte sind schädlich für die Gesundheit Ihres Unternehmens!

von Jens Hoffmann in 23actions.com zitiert.

Mich hat der Artikel elektrifiziert. Passt Projekt Management noch zu einem modernen Unternehmens- / Gesellschaftsverständnis und Menschenbild?

Vielleicht brauchen wir in einer „Neuen Welt“, die gerade am Horizont erscheint, ganz andere Organisationsformen? Keine Projekte und auch keine Projektmanager mehr, sondern die agile Transformation des gesamten Unternehmens?

Vielleicht weil wir alle Dinge gemeinsam regeln müssen, wenn wir gemeinsam überleben wollen?

Bei so schwierigen Fragen versuche ich, zuerst mal die Begriffe zu verstehen, über die diskutiert wird.

Wie üblich beginne ich in Wikipedia. Was ist das, Projekt Management? Ich finde:

Unter dem Begriff Projektmanagement (PM) versteht man das Planen, Steuern und Kontrollieren von Projekten.

Ich sehe schon, das hilft nicht weiter. Planen, steuern und kontrollieren, das klingt ja nicht schlecht. Aber was wird da geplant, gesteuert und kontrolliert? Ein Projekt! Das muss dann eine planbare, steuerbare und kontrollierbare „Entity“ sein.

Jetzt weiß ich es: Alles was planbar, steuerbar und definierbar ist, ist ein Projekt! Ist das eine überzeugende Definition? Mir hilft sie nicht. Dann mache ich halt weiter in Wikipedia. Da steht:

Ein Projekt ist ein einmaliges Vorhaben, das aus einem Satz von abgestimmten, gelenkten Tätigkeiten mit Anfangs- und Endtermin besteht und durchgeführt wird, um unter Berücksichtigung von Zwängen bezüglich Zeit und Ressourcen (zum Beispiel Geld bzw. Kosten) ein Ziel zu erreichen.

Also: Auf den Säulen Vorhaben und Ziel ruht das Projekt. Ich muss weitermachen. Zu Vorhaben gibt es einen Link im Artikel Projekt. Der führt aber zu keinem Artikel. Der ist gelöscht werden. Kann es sein, dass hier der Begriff  „Projekt“ schon bröselt? Weil es ja kein Vorhaben gibt.

Nein! Ich weiß ja jetzt schon, dass

Jedes Vorhaben, das planbar, steuerbar und kontrollierbar ist, ein Projekt ist!

Jetzt schaue ich mir mal die zweite Säule, das „Ziel“ an. Auch hier ist Wikipedia schwach. Am besten ist noch:

Ziel bezeichnet einen in der Zukunft liegenden, gegenüber dem Gegenwärtigen im Allgemeinen veränderten, erstrebenswerten und angestrebten Zustand, siehe Ziel.

Da folge ich gerne und lese:

Der Begriff Ziel (griechisch τέλος [telos], lateinisch finis, englisch objective, goal) bezeichnet einen in der Zukunft liegenden, gegenüber dem Gegenwärtigen im Allgemeinen veränderten, erstrebenswerten und angestrebten Zustand (Zielvorgabe). Ein Ziel ist somit ein definierter und angestrebter Endpunkt eines Prozesses, meist einer menschlichen Handlung. ‚Ziel‘ benennt häufig den Erfolg eines Projekts bzw. einer mehr oder weniger aufwendigen Arbeit. Beispiele: das Ziel einer Reise, Qualitätsziele, Unternehmensziele oder das Erreichen einer Zeitvorgabe oder Marke bei einem sportlichen Wettkampf.

Das Wort Zukunft spielt eine wichtige Rolle. Und das Ziel ist – laut Definition – immer der Endpunkt eines Prozesses. Das ist ein völlig neuer Begriff (in der Definition übrigens ohne Link). Ich schaue die Begriffserklärung zu Prozess nach. Die ist lange, aber befriedigt mich nicht.

Was ist jetzt der Unterschied zwischen Prozess und Projekt? Sind Projektziel und Prozessziel dasselbe? Oder gibt es gar kein Prozessziel, sondern nur ein Prozessergebnis (ein Tippfehler in Wikipedia?). Oder ist das Projektziel nur der Versuch einer Formulierung des erhofften/geplanten Prozessergebnisses.

Ist der Prozess in diesem Sinne die reale Inkarnation eines fiktiven Projekts? Und die Aufgabe des Projekt Managers Fiktion und Realität zu verbinden?

Jetzt habe ich die Lösung:

Jeder Prozess, der geplant, gesteuert und kontrolliert werden kann, ist ein Projekt. Man muss nur das Ergebnis des Prozesses sich als Ziel setzen.

🙂 So kann man nur gewinnen.

Je mehr ich nachdenke: Haben wir nicht in allen Welten die wir kennen, ein hoch vernetztes und multidimensional kontextsensitives Prozessnetz. Kann es sein, dass man das effizienter und erfolgreicher mit ganz anderen Ansätzen verändern kann, als mit Planen, Steuern und Kontrollieren? Zumindest beschleicht mich da immer mehr so ein Verdacht.

Also hilft mir Wikipedia nicht weiter. Wikipedia tut sich mit Projekt Management schwer. Ist kein gutes Zeichen. Aber ich gebe nicht auf und werde als nächstes den Begriff Projekt Management auf eigene Faust untersuchen. Mal schauen, was die Worte „project“ und „to manage“ im Englischen bedeuten. Ursprünglich sind das ja wohl lateinische Begriffe, aber Latein kann ich nicht.

RMD

P.S.
Alle Artikel meines Unternehmertagebuchs findet man in der Drehscheibe!

4 Antworten

  1. Dear Roland, I think some of your problems lie in the German language. Internationally, such things are discussed mostly in English. Here, there is a fairly clear distinction between „project“ and „process“.

    As you write, a project has an objective, a start and an end. The concept helps to divide work into manageable subsets, with limited lifetimes. So one avoids having to consider the activities of a firm or country all at once, (throughout all the future). This is both useful and dangerous. For instance, there is great danger in developing a piece of software, and declaring this project successfully completed, without considering the problems of maintenance, and of porting to new hardware or a new operating system.

    A process on the other hand is a method or system, which may well have objectives, but is not limited in time. Of course everything, (except a sausage), has an end, but this is not part of the nature of a process. For instance evolution is a process that has no objective, and will come to an end when life ceases to be possible. Another example is the Haber-Bosch process for producing ammonia. But a human life is a project rather than a process.

    In German, the word „Prozess“ is used differently, for instance for a trial in court. This is clearly a project rather than a process. It terminates in a decision about guilt, and perhaps decisions about punishment, compensation, costs, etc. Of course there may be appeals and the decisions may be revised in the light of new evidence. This all belongs to the judicial process.

    So I agree only partly with the headline, „Projekte sind schädlich für die Gesundheit Ihres Unternehmens“! One should not work entirely in terms of projects that are limited in time and scope. Enough consideration should be given to the long-term processes of a firm. But projects have their uses, to prevent a firm just muddling along.

  2. Lieber Chris, im Deutschen haben viele Begriffe oft völlig verschiedene Bedeutungen. Denke an den Star, der einen Vogel wie eine Krankheit beziffern kann.

    Genauso hat der (Gerichts-)Prozess aber auch gar nichts zu tun zum Beispiel mit dem (Produktions-Prozess) oder mit einem „Prozess“ im Sinne von festgelegter „best practise“).

    Und Deine Definition wenn auch in Englisch wie „A process on the other hand is a method or system, which may well have objectives, but is not limited in time …“ sagen für mich überhaupt nichts aus.

    Was soll das heißen: „Ziele haben, aber nicht in der Zeit begrenzt sein“? Also nur qualitative und nicht bezifferbare Ziele? Damit könnte ich mich schon wieder anfreunden 🙂

    Zu „But projects have their uses, to prevent a firm just muddling along.“. Ich kenne eher Unternehmen, wo die Projekte fürs „muddling“ sorgen.

  3. Roland, all languages that I know have words with multiple completely different meanings. For instance German has „Fahne“ meaning flag or alcoholic breath. English has „flag“ meaning „Fahne“ or „Flagge“. Such cases are needed so one can make puns! No, I meant rather that German seems to have a lot of cases where one word has various slightly different meanings. I also had in mind the „false friends“ where English and German words are very similar, but have rather different meanings.

    As an example of a process with objectives, consider running a firm, with profitability and security as objectives (year after year).

    I was not trying to define the word „process“. That would take too long. I was just trying to show the main difference between a project and a process, which seemed unclear to you. Then I could explain that both are useful, especially in conjunction.

    Of course, badly defined projects can cause confusion. They can also lead to uncooperative behaviour between people concentrating on separate projects. But there are also cases where everybody tries to work well, but they need to get clear ideas of what they want to achieve in the near future.

    I could confuse us further by introducing the word „procedure“.

  4. Lieber Roland,

    tolles Thema in einer Welt, in der Veränderungen immer schneller werden.

    Mir fiel spontan ein zu fragen, wann in Unternehmen ein Projekt gestartet wird. Sieht mir so aus, dass immer dann, wenn Änderungen aufgeschoben wurden, und nicht mehr zu ertragen sind, die Notwendigkeit entsteht, nun alles auf einmal aufzuholen. Gut, manchmal mag das nicht vermeidbar sein, wenn z.B. eine veraltete Hard- oder Software ausgetauscht werden muss, oder die Firma an einen anderen Standort ziehen muss.

    In anderen Fällen könnte ein Team sicher selbstorganisiert die kleinen Änderungen sofort angehen. In SCRUM gibt es die „Zeremonie“ der Retrospektive, in der das, das gut lief und verstärkt werden soll, als auch das, was nervte zu dem eine Änderungsmaßnahme beschlossen und umgesetzt wird. Diese Maßnahme ist für sicher ein kleines Projekt und wird in der Regel von dem Teammitglied mit der meisten Erfahrung umgesetzt.

    Würde mich freuen, wenn Du Deinen nächsten Artikel zu diesem Thema auch bei Initiative Wirschaftsdemokratie veröffentlichen würdest, denn es passt 🙂

    Herzliche Grüße
    Martin

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