Erfahrungen: Der „Radwanderweg“ Donau von Budapest nach Constanta – Zusammenfassung

BILD0477Am Ziel

Wir haben es geschafft und sind in Konstanta angekommen. 13 Tage haben wir von Budapest nach Konstanta gebraucht und haben dabei 1465 km und so um die 6000 Höhenmeter ausschließlich mit dem Fahrrad zurück gelegt.

Es war wunderschön! Jetzt genießen wir stolz, dankbar und glücklich einen Tag in Constanta, denn morgen früh um 4 geht die Reise los zurück nach München.

BILD0473Heute Vormittag haben wir einen langen Spaziergang am Strand des Schwarzen Meeres in Mamaia gemacht. Hat mich an Mallorca erinnert. Hinter der Promenade eine lange Seilbahn.

Die Räder sind schon „flugfertig“. So genießen wir jetzt ein kühles Getränk am Pool unseres Hotels Bulevard. Sehr zu empfehlen. Und lassen die Seele baumeln.

Für Menschen, die diese Reise mit dem Fahrrad auch mal machen wollen, hier ein paar Erfahrungen. Zusätzlich wird Barbara noch den Track auf einer geeigneten Internet-Seite veröffentlichen. Bei Fragen einfach eine E-Mail an mich senden – natürlich berichte ich gerne von unserem tollen Erlebnis.

Routen

Man kann den Weg beliebig variieren. Keiner der Radler, die wir getroffen haben, hat dieselbe Route wie mir gemacht. Allein mit den uns jetzt bekannten Routen könnten wir von Constanta nach Budapest zurück fahren und zu 95 % andere Strecken als auf der Hinfahrt nutzen. Die von uns gewählte Route war aufgrund der beschränkten Zeit ein wenig optimiert. So haben wir gelegentlich den direkten kürzeren Weg gesucht und auch mal auf eine landschaftlich sehr schöne Strecke verzichtet. Oder sind auf der Seite der Donau gefahren, die weniger Höhenmeter hatte.

Straßen und Wege

Die Wege sind sehr vielfältig. Von der „Autobahn“ bis zu kleinsten Pfaden ist alles dabei. Man kann das auch natürlich beeinflussen – wenn man sich auskennt. Das schlimmste für mich waren Straßen mit Kopfsteinpflaster.

Die Beschilderung der Radwege in Serbien ist übrigens recht gut. In Rumänien hört sie dann ganz auf.

Länder

Unsere Reise hat uns durch Ungarn, Kroatien, Serbien, Bulgarien und Rumänien geführt. Am längsten waren wir in Rumänien, am kürzesten in Bulgarien (ca. 30 km). Ich als vielleicht mit Vorurteilen belasteter „Wessi“ war von allen Ländern sehr positiv überrascht.

Verkehr

Es gibt ein paar Strecken, die sind grauenhaft. Mir ist da der Anstieg heraus aus Novi Sad in Erinnerung und besonders brutal dann die 20 km vor Constanta. Zum Teil gibt es da keine Umgehungsmöglichkeiten. Die (gefürchtete) Ausfahrt aus Belgrad heraus dagegen stellte sich dank einer Busspur auf der Autobahn als angenehm heraus, wobei die wirklich schöne Alternative, der vorhandene Dammweg, leider nicht befahr war.

Die meisten Strecken waren sehr verkehrsarm, zum Teil paradiesisch.

Das Verhalten der meisten Verkehrsteilnehmer war – wieder entgegen meines Vorurteils über südliche Länder  – sehr vernünftig. Ausnahmen sind ein paar Fahrer von meistens deutschen Autofabrikaten (welche wohl?)  und SUVs (auch da waren die Deutschen führend dabei), die mit irrsinnigen Geschwindigkeiten auf kleinen Landstraßen und sogar in geschlossen Ortschaften unterwegs sind.

Der Anteil von LKWs war am Verkehr war deutlich höher, als dies bei uns so ist. Viele Autos stinken grauenhaft, gerade alte Lkws und Pkws stoßen oft giftige Wolken aus. Glücklicherweise gab es im Verhältnis zu anderen südlichen Länder weniger stinkenden Mopeds und Roller. Gerade in Rumänien sind viele Menschen mit Pferdewägen und Fahrrädern unterwegs gewesen.

Und viele Oldtimer. Auch ein Opel Diplomat V8, ein Traum. Hätte ich am liebsten mitgenommen.

Quartiere

Wenn man Wert auf ein sauberes Bett und eine Dusche legt, dann muss man die Planung der Route auf die Quartiere abstimmen.  In Kovin (Serbien) hatten wir ein nicht so erfreuliches Zimmer in einer kleinen Pension. Da hätte es aber auch bessere Alternative gegeben, aber wir waren zu faul zu suchen. In Oltenita waren wir froh, überhaupt ein Quartier gefunden zu haben, das im Nachhinein übrigens gar nicht so schlecht war. Und in Derchant im Kloster war es auch grenzwertig. Ist aber zumindest auf einer der Varianten ein Übernachtungspunkt, zudem es keine Alternative gibt. In Negotin (Serbien) sah es übrigens ganz finster aus (das lokale INEX-Hotel war ein Grauen), aber dann hatten wir Glück.

Uns ist es also 10 mal gelungen, eine Unterkunft zu finden, die wirklich schön war. Das wurde auch durch den Währungsvorteil ermöglicht. Gerade in den größeren Orten haben wir einfach das beste Hotel am Ort genommen. Das ist für einen bundesdeutschen Geldbeutel erschwinglich, allerdings wahrscheinlich für die Menschen am Ort sündhaft teuer.

Wenn man sparen will, findet man sicher öfters billige Privatquartiere. Unser Zelt haben wir nie benutzt, ist aber für Naturburschen auch eine sinnvolle Alternative.

Menschen

Leider waren die Kommunikationsmöglichkeiten mit den Menschen in den besuchten Ländern doch sehr eingeschränkt. In einigen Gebieten war Deutsch möglich. Es gibt auf der Route eine Reihe von Dörfern, die wohl eine intensive deutsche Geschichte gehabt haben, die aber meistens Vergangenheit war. In Rumänien war die Verständigung sehr schwierig. Englisch ist – wie überall sonst auch – der Standard.  Allerdings können da viele Leute auch nur ein paar Brocken. Mit Französich ging auch in Rumänien gar nichts. Dagegen haben eine Reihe von den Gesprächspartnern Spanisch und Italienisch zur Verständigung vorgeschlagen, wo es bei mir aber hapert.

Gelegentlich wurden wir eingeladen, auf ein Bier oder so. Das ist dann nicht einfach, weil die Leute doch oft relativ arm sind. Ablehnen ist aber auch nicht angesagt.

Ein permanentes Gebettele – wie ich es z.B. in Marokko oder Tunesien erlebt habe – gab es gar nicht. Ab und zu mal wurden wir um eine Zigarette angeschnurrt (jetzt sind wir aber Nichtraucher) und ein paar wenige alte Menschen und Kinder haben uns in Zeichensprache um Geld gebeten. Aber die meisten Menschen, die wir getroffen haben, haben Würde, Stolz und Zufriedenheit ausgestrahlt. Und uns fröhlich zugewunken und freundschaftlich behandelt.

Wegbegleiter

Spannend ist bei solch einer Reise auch immer das Treffen mit anderen Radlern, die auch auf dem Wege sind. Wir haben diesmal getroffen: einen allein reisenden Amerikaner aus San Francisco und Hessen (Werner), zwei Paare aus der Schweiz, ein Paar aus Deutschland und 2 mal zwei Freunde. Mit dem einen oder anderen haben wir einen schönen Abend verbracht und Erfahrungen ausgetauscht. Ist immer interessant, welche Strecken die anderen gewählt haben und wo sie planen hinzufahren. Und natürlich wurden auch Adressen und Telefonnummer ausgetauscht.

Körperliche Verfassung

Ich glaube, so eine Radtour ist eigentlich weniger anstrengend, als man meint. Ich bin ja auch eher ein kleiner Dicker und hatte richtig viel Freude. Und wenn man nicht so fit ist, dann kann man ja kürzere Etappen machen. Man sollte aber auf jeden Fall ein geübter Radler sein. Wichtig ist, dass das Rad ideal auf den Körper eingestellt ist. War bei mir diesmal nicht der Fall, eine Korrektur war bedingt durch eine defekte Schraube unterwegs nicht möglich. Die Folge ist, dass ich jetzt ein wenig Schwielen an den Händen habe. Ansonsten fühle ich mich nach den fast 1500 Kilometern deutlich wohler als vorher.

Wetter

Da hatten wir auch fast alles: Hagel, Unwetter, Blitz und Donner, Sprühregen und Wolkenbruch und am Schluss Hitze. In der warmen Zeit macht der Regen übrigens nichts aus. Man braucht nur gutes Material – am Körper und für das Gepäck. Nach dem Regen trocknet man ganz schnell wieder.

Moderne Radelkleidung ist auch ein Muss. Bei den Satteltaschen trennt sich dann der Spreu vom Weizen. Blöd, wenn das Gepäck nass wird.

Man sollte nicht viel später in den Sommer hineinfahren. Unsere Tour ging ja am 11. Juni zu Ende – und da war es die letzten Tage schon brutal heiß. Und die Sonne brennt nur so auf Piste und Radler herunter.

Sehenswürdigkeiten

Obwohl die Strecke durch Kulturland mit großer Geschichte führt, gibt es nicht so viel zu sehen. Wäre auch für uns aufgrund der zeitlichen Beschränktheit nichts gewesen. Sehr sehenswert habe ich die vielen Industrieruinen aus vergangenen sozialistischen Zeiten gesehen, das macht schon nachdenklich.

Alternativen zum Radeln

Wie wir im Vukovar im schönen LAV-Hotel bei strömenden Wegen aufgewacht sind und es Dauerregen mit miserabler Tagesprognose hatten, gab es einen Moment der Versuchung, mit der Bahn nach Belgrad zu fahren. Wir haben es dann nicht gemacht und sind durch den Regen geradelt. War bestimmt die bessere Variante. Glaube, dass das Zugfahren ganz schön Stress macht. Im Führer wurde empfohlen, eine Strecke durch Rumänien mit dem Zug abzukürzen. Das war dann für mich 2 der schönsten Etappen. Ich würde Zug (oder Bus) nur im Nofall benutzen.

Karten und Führer

Man muss sich auf so eine Reise gut vorbereiten. Wir hatten den Teil 3 des Donau-Radweg von bikeline und die Karten von gtz  (vom Bund gefördert) dabei. Allerdings sind beide mit Vorsicht zu genießen. Sie enthalten viele Fehler. Ab und zu hat man den Eindruck, dass die Schreiber die Strecke bestenfalls von Google-World kennen. Entfernungen sind auch oft unrichtig oder einfach falsch addiert.

Am besten waren (wieder einmal) von Privatpersonen im Internet eingestellte Reiseberichte. Auch eine Art von Open Source.

Vor Ort lernt man dann schnell, auf was man achten muss. Aber für die Vorbereitung sind solche Materialien wichtig. Und dann muss man ein weng „plan as you go“ machen.

An- und Abreise

Am liebsten reise ich mit dem Zug. So war mein Plan, hin mit dem Nachtzug nach Budapest und zurück von Constanta nach Bucarest mit normalen Zügen zu reisen und dann wieder mit dem Nachtzug von Bucarest zurück nach München. Das ist mit Fahrrad beides nicht mehr möglich gewesen. Hin bin ich deshalb mit „Bummelzügen“ und drei Mal Umsteigen nach Budapest gefahren – von Mittag bis fast Mitternacht und habe in Budapest übernachtet. Zurück nehme ich notgedrungen den Flieger aus Constanta. Er bringt uns nach Timisoaro, wo wir 2 Stunden Aufenthalt haben und dann nach München weiterfliegen. Andere Reisekollegen fahren nach Bucarest mit dem Zug und fliegen dann – z.B. mit German Wings nach Stuttgart.

Währungen

Das ist für den Euro-verwöhnten EU-Bürger auch wieder eine spannende Erfahrung. Ungarn, Kroatien, Serbien, Bulgarien und Rumänien, fünf Länder und fünf Währungen. Eine neue Lebenserfahrung, die mich an meine Kindheit erinnert.

Zusammenfassung

Es war wunderschön. Natürlich hatte ich vor Reiseantritt auch Sorgen, ob das alles funktionieren würde. Und sorgen, ob ich nicht mal wieder zu abenteuerlustig oder leichtsinnig bin. Aber das Gegenteil war der Fall. Wieder einmal hatte Seneca recht:

Nicht weil es schwer ist, wagen wir es nicht, sondern weil wir es nicht wagen, ist es schwer.

Schwierigkeiten hatte ich in der Tat nur wenn vier Dinge zusammen kamen: Hitze, Kopfsteinpflaster, Gegenwind und das ganze Bergauf!

RMD

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