Selbstgekochtes schmeckt besser

Bevor Covid 19 nach mehr als 10 Jahren und aktuell 69 Folgen auch die erfolgreiche Serie ‚Carl & Gerlinde‘ mundtot macht, drängen Carl und Gerlinde samt ihrer metaphorischen Hühnerschar nun doch auf ein Revival ihrer Serie: d.h. ab sofort startet mit Folge (1) aus dem Jahr 2011 eine wöchentliche Neuauflage! Und dazwischen gibt es natürlich immer wieder auch weitere Folgen, die sich mit dem aktuellen Geschehen befassen. Viel Spaß dabei!

Carl und Gerlinde (15)

Nein – wenn Carl kochte blieb kein Auge trocken!

Und Gerlindes Augen schon gar nicht! Denn niemand konnte eine Gemüsezwiebel in kürzerer Zeit so kleinteilig zerlegen, wie Carl. Für Gerlinde eine ritualisierte Qual: ein erstickter Aufschrei, bächeweise Tränen, Flucht! Und Carl alleine in der Küche!

Das war aber zu verkraften, da bei seinem heiß geliebten „Schmorhuhn aus der Toscana“ ohnehin jeder Handgriff saß. Schließlich war er schon oft dafür belobigt worden; auch von anderen nicht nur von sich selbst…

Natürlich musste das widerspenstige Vieh erst gewaschen und trocken getupft werden vor dem Gemetzel mit der Geflügelschere und den Spezialmessern über drei Küchenbretter hinweg, dem das tote Huhn nichts anderes entgegenzusetzen hatte, als sich  8-teilig portioniert frech hinzufläzen – neben dem fetttriefenden Hautberg gespickt mit blutigem Küchenpapier und dem unglücklicherweise angeschnittenen Gummihandschuh…

Dann endlich Salz und Pfeffer auf die grausig roten Hühnerteile, bevor sie im tiefen Suppenteller gründlich in Mehl gewendet wurden und lilienweiß strahlten, wie Carls mehlschwere Unterarme…

Blöd! Jedes Mal dasselbe!

Rasch das Olivenöl in die heiße Bratpfanne – Gott  wie das spritzte – und den  Wasserkocher in Sicherheit gebracht, bevor er sich in eine Beuys’sche Fettskulptur verwandeln konnte. Die Kaffeemaschine mit den üblichen drei Geschirrtüchern nach ‚Christomanier verhüllt’, war schon versorgt!

Für den Küchenboden wär eine Plastikfolie effektiver gewesen, aber das großflächig ausgelegte Küchenpapier tat es auch! Mit zwei Rollen war die Ölorgie am Boden ruckzuck gebannt!

Doch Vorsicht – Rutschgefahr!

Carl als ausgezeichneten Eisläufer focht das nicht an. Jeden Ausrutscher im Olivenöl hätte er geschickt mit einem Doppelaxel abgefangen und dabei immer noch elegant den Nudelwassertopf auf die Herdplatte gezaubert, denn die Hausmacher Nudelnester mit Eiern aus der Freilaufbodenhaltung gehörten bei Carl zur Pflicht bei seinen Schmorgerichten und seine überirdischen Soßen waren die Kür; beides zusammen – reif für Olympia!

Das bestätigte übrigens auch Hannelore, die nicht nur seine Kochkünste anbetete…

Die angebräunten Schenkel – , Brust – und Seitenteile des malträtierten Huhns durften in einer weiteren Bratpfanne im Backrohr ausruhen, während Carl im rauchenden Restöl der alten Pfanne die Zwiebeln glasig briet, gehackten Rosmarin einstreute und vier fein zerdrückte Sardellenfilets dazupackte, da er sonst nichts Originelles im Kühlschrank vorfand! Auch der frisch gepresste Knoblauch musste sein und die zwei Löffel Senf und Sahne. Und den letzten winzigen Rest aus der frisch entkorkten Soave  Flasche träufelte Carl auch noch aufopferungsvoll in den Bräter in den er alles vorsorglich für den Schmorvorgang umgeschichtet hatte…

Das hinterhältige Nudelwasser bereitete ihm allerdings schon wieder Schwierigkeiten. Genau wie beim letzten Mal kochte dieser selten dreiste  Wasserpot derart oft über, dass sich die blöden Nudelgewässer lieber auf dem Küchenboden entlang schlängelten,  als im Nudeltopf brav vor sich hin zu köcheln. Für einen winzigen Moment dachte Carl in seiner Not sogar an das leider nicht einsatzbereite Schlauchboot, bevor er ohne falsche Scham den üblichen Hilferuf an Gerlinde absetzte, die mit Eimer und Lappen nicht nur die Küche trockenlegte, sondern ihrem Meisterkoch auch noch das Leben rettete…

Aber geschmeckt hatte es! Und wie! Wenngleich die schwarzen Oliven immer noch verloren im  Küchenchaos herumstanden und der Nudelklotz im Wassertopf erstaunlich rasch aushärtete…

Carl war begeistert von der diskreten Schärfe der Soße und dem wirklich eigenwilligen Geschmack! Gut gelaunt versuchte er bei der zweiten Flasche Soave sich noch einmal haargenau an die einzelnen Mengen der Zutaten zu erinnern, ohne zu merken, dass Gerlinde, ganz gegen ihre Gewohnheit, mit dem Messer vorsichtig die Soße von ihrem Hühnerschenkel streifte, bevor sie heroisch doch ein paar Bissen in ihrem hübsch geschminkten Mäulchen verschwinden ließ…

„Komisch – sie habe heute überhaupt keinen Appetit“, klagte sie entschuldigend und machte sich stattdessen mit der nur allzu bekannten Leidensmiene, wortlos über die ganz gewöhnliche Verwüstung ihrer Küche her: schließlich waren 4 Töpfe, 1 Bräter, 2 Bratpfannen und das große Nudelsieb keine Kleinigkeit, und die 4 Plastikgefäße für Abfälle, ein Teller mit Mehl, 5 Küchenbretter unterschiedlicher Größe, die Geflügelschere, eine Knoblauchpresse, zwei Messbecher, 3 Gläser und ein Weinglas auch gar nicht mehr so leicht in der Spülmaschine unterzubringen, aber es ging, selbst die 2 Messer, 5 Löffel, 3 Gabeln, 2 Schöpfer und  2 Kochlöffeln fanden noch Platz; na ja und die 3 großen Klumpen nasses Küchenpapier, Hühnerhaut und Nudeln aus bodennaher Haltung versenkte sie lautlos wie üblich in der Biotonne, allerdings ohne die zerfledderten Gummihandschuhe. Und die Küchenmöbel, einschließlich der oberen Schrankpartie, strahlten in einer knappen Stunde auch schon wieder in altem Glanz…

Aber als Carl nach sechs Wochen aufs Neue mit seinem gefürchteten „Schmorhuhn aus der Toskana“ anfing, wurde er von Gerlinde schlicht ausgetrickst, da diese keinerlei Lust verspürte ihre Küche schon wieder einer Totalreinigung zu unterziehen: ehe er sich versah, stellte sie ihm nämlich ein von ihr zubereitetes Schmorhuhn auf den Tisch und zwar exakt nach seiner Rezeptur und diesmal wirklich mit schwarzen Oliven und köstlich gebutterten Nudeln!

„Trotzdem schmeckt alles irgendwie fad“, dachte Carl als er bereits die beide Schenkel und ein Brustteil intus hatte…

Tja – und warum seine sonst nicht untüchtige Gerlinde diese eigenartigen Sardellen in seine Rezeptur geschwindelt hatte, blieb wohl noch in Hundert Jahren ein ungelöstes Geheimnis?

Na ja –  war halt wieder einmal so ein typischer Fall von:  ‚Frau meint sie kann’ s auch’!

Eigentlich goldig…

KH

2 Antworten

  1. Thank you Evelyn! This is again a very lively translation! Carl, Gerlinde and me are really under a deep obligation to you.If you agree Carl would like to cook this marvellous baked chicken á la Tuscany just for recompense also for you in your kitchen…

  2. Vielen Dank an Klaus,

    dass er die Übersetzungleistung von Eveyln hier mal explizit würdigt. Evelyn ist phantastisch, wir sind alle sehr glücklich, dass sie dabei ist. Und dank Evelyn haben wir erstaunlich viele Leser aus USA, GB und weiteren Ländern.

    Also – einen ganz großen Dank an Evelyn (EG)!

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