Seit Wochen vertraue ich meinem Kalender nicht mehr. Und gestern Abend ist der absolute Gau passiert. Mein Kalender war (fast) leer. Es kam auch noch eine Fehlermeldung von wegen Datenbank-Fehler und dann war das System abgeraucht. Ein paar zentrale Geburtstage waren noch da, und ein paar Termine, die ich vor längerer Zeit mal zugesagt hatte.
Der Rest war weg!
Großes Leid und mit den Zähneknirschen war angesagt. Das Leid wurde gelindert, weil ja doch viel Schlimmeres passieren hätte können (Fahrradunfall, schwere Erkrankung …). Und da ich vom elektronischen Kalender und dem ganzen darum herum schon länger die Nase gestrichen voll hatte, habe ich nach gefühlt 20 Jahren jenseits vom Papier (ich hatte als einer der ersten so einen kleinen grauen elektronischen Planer (organiser, organizer) im Format eines Zigarettenetuis von Texas Instruments) beschlossen:
Ich wechsle wieder zurück auf Papier!
So hatte ich gestern und heute (und habe wahrscheinlich morgen) viel zu tun. Habe versucht aus Protokollen, E-Mails, Erinnerungen, Abgleich mit Barbaras Kalender und manchem mehr meinen Kalender auf Papier zu rekonstruieren. Und es ist da noch einiges zu tun. Ich bin mir auch nicht sicher, dass ich eine vollständige Rekonstruktion schaffen werde.
An einen möglichen Restore habe ich übrigens im ersten Schrecken gar nicht gedacht. Bin sicher, dass die „sysops“ (Systemverwalter) so etwas können. Aber einerseits sind sie natürlich am Wochenende nicht da, bzw. will ich sie wegen so etwas auch gar nicht belästigen. Und aus Erfahrung weiß ich, dass gerade bei Exchange auch an sich einfache Operationen ganz schön viel Zeit verbrauchen und Ärger bescheren können.
Werde aber noch einen „restore“ machen lassen, um meine rekonsturierten Papierdaten zu verifizieren. Trotzdem ist sicher etwas verloren gegangen. Deshalb habe ich jetzt an alle von Euch mit denen ich Termine ausgemacht habe zwei Bitten:
Bitte informiert mich über geplante Termine!
Und wenn ich zu einem Termin nicht erscheinen sollte, dann verzeiht mir!
Denn dann ist der Termin in den Tiefen der „Cloud“ und ihren Schnittstellen und Schichten verschwunden. Deshalb wechsle ich jetzt auf Papier. Mein elektronischer Kalender war zwar ab und zu praktisch, hatte aber auch eine Reihe von Nachteilen.
So wurde mir doch so mancher Termin zu schnell von Outlook/Exchange aufgedrückt und stand dann plötzlich in meinem Kalender drin. Mit der Aufforderung „abzulehnen“, „zuzusagen“ oder „vielleicht teilnehmen“. So formlos elektronisch „abzulehnen“ ist so gar nicht mein Stil, fällt es mir doch schwer, netten Leuten NEIN zu sagen. Besonders wenn noch so ein Nebenklang war „da bin extra in München“ oder „da hätte ich noch eine kleine Zeitscheibe frei“. Und vielleicht ist ja die allerblödeste Antwort.
Im nach hinein stellt man dann fest, dass die meisten Meetings nichts gebracht haben und sehr leichtfertig vereinbart wurden. Und wenn man immer nur zusagt, hat man bald gar keine Zeit mehr frei. So scheint es den meisten „Managern“ zu gehen – und so soll es mir nicht ergehen. Auch, weil ich viel zu viel zu tun habe …
Ich meine, dass Termine einen Wert haben sollten. Deshalb sollte man sie nur persönlich und gemeinsam überlegt und nicht so massenhaft funktional ausmachen. Denn wenn jemand von mir etwas will (oder andersherum), sollte man das kurz vor dem Termin persönlich abstimmen. Und nicht mehr in einen fremden Kalender einen Merker hineinhauen „Da will ich Deine Zeit“ nach dem Motto „ablehnen gilt nicht, weiß ich doch, dass Du da Zeit hast“.
Denn immerhin ist die Zeit unser aller wertvollstes Gut. Und dann ganze Tage in überwiegend sinnlosen oder überholten Meetings zu verbringen, kann nicht der Sinn des Lebens sein. Und eine Eintragsschwelle für Termine (nicht elektronisch automatisch sondern persönlich vereinbaren und dann per Hand in die Kladde eintragen) finde ich nützlich.
Zu diesen Überlegungen kommt dazu, dass ich der Synchronisierung schon seit einiger Zeit misstraue. Und darunter leide ich schon länger. Immer wieder haben mir einzelne Termine gefehlt. Jetzt weiß ich aber, dass in den meisten Fällen der „Fehler hinter der Tastatur sitzt“ und habe so meinen Wahrnehmungen gezweifelt. Bin aber durch die letzten Vorkommnisse in meinem Misstrauen bestätigt worden.
Verleicht bin selber ich Schuld am Schlamassel, da ich ein extremer Nutzer bin oder richtiger war. Mein Kalender lag zentral im Exchange-Server der InterFace AG. Und naiv, wie ich halt mal bin, dachte ich mir, dass ich quasi beliebig Clients verschiedener Herkunft mit dem Exchange-Server synchronisieren kann. Und dies auch noch abwechselnd vom selben System aus über unser VPN und dann wieder „von außen“ machen kann.
Da hat es auch schon öfters geklemmt, vielleicht auch weil meine Endgeräte (Clients) halt sehr gemischt sind. Outlook auf ollen Windows PCs war genauso dabei wie iCal auf drei verschiedenen Macs. Nicht zu vergessen mein „Smart phone“ (was für ein Begriff) und meine beiden „Tablets“ (auch nicht besser), die mit Android laufen.
Und ich hatte eigentlich insgeheim immer gefürchtet, dass so eine exzessive Nutzung von Kalender-Synchronisierung nicht gut gehen kann. Übrigens, ich habe auch den Eindruck, dass mir immer wieder E-Mails fehlen. Allerdings wäre es mir nicht so schlimm, wenn alle meine E-Mails weg wären wie dies bei den Terminen war. Denn jetzt laufe ich Gefahr, den einen oder anderen Menschen zu versetzen.
Ein Freund, der immer beim Papierkalender geblieben ist, hat mir zum Trost geschrieben, dass man ja auch einen Papierkalender verlieren kann. Aber dann zumindest ist man selber schuld – meine ich. Und ich möchte an meinem Leid schon selber schuld sein!
RMD
P.S.
Die beiden Bilder zeigen übrigens das Gerät, das vor bestimmt 20 Jahren meinen schönen Papier-Kalender Marke „Löhn“ abgelöst hat. Ich habe sie auf einer für Liebhaber alter Elektronik ganz tollen Seite gefunden:
Dort findet man unter Organis(z)er ganz viele charmante Geräte aus grauer Vorzeit. Dabei ist auch der abgebildete Texas Instruments (TI 6155), der meinem Organiser sehr ähnlich sah. Glaube, dass der meine TI 303 hieß und wohl ein noch einfacheres Vorgängermodell vom 6155 war. Die beiden Fotos sind von Ingo Trelewska, dem auch alle der dort abgebildeten Geräte mit Software und Zusatzgeräten gehören.
2 Antworten
Pssst…
Ja, Sie, Roland!
Arkanes Geheimnis, teile ich natürlich ganz altruistisch mit Ihnen. Gab es noch bis vor wenigen Jahren, als EDV noch kein Daten-Messie war. sondern ein System, dem man Wichtiges anvertraute.
Nannte sich „Datensicherung“ und beförderte Dateien und auch Datenbanken sauber auf ein Band, letztere so, daß ein ‚rebuild‘ möglich war.
Wie?
Sie betreiben ‚Exchange-Server‘? Und der hat gar keine richtige Datenbank? Und ein simpler ‚restore‘ klappt auch nicht?
Ein Handwerker, der mit ‚Black&Decker‘ und Heißklebepistole antanzt, ist sicherlich kein ‚Craftsman‘, sondern eine Lusche.
Vielleicht lassen Sie ja ‚mal ein Donnerwetter los, daß Ihre hochbezahlten Eierköpfe etwas besseres finden als ausgerechnet ‚Exchange‘.
Merke: Was der deutsche Bundestag einsetzt, ist ganz bestimmt nicht brauchbar für eine effiziente Organisation…
Lieber Hans!
Natürlich haben Sie recht.
Und natürlich könnte man einen Restore machen. Nach meiner Erfahrung ist der aber nicht nur bei Exchange immer ein wenig aufwändig.
Andererseits will ich innerlich wahrscheinlich schon länger weg, von dieser ein wenig hirnlosen Kalenderverwaltung, dass man überall wo man ist, mal ganz schnell einen Termin zu- und dann auch wieder absagt.
Und deshalb kam mir der Zwischenfall gerade recht für den Wechsel. Ich werde aber wahrscheinlich dann am Werktag noch einen (letzten) Restore beantragen, um dann meine Daten noch mal mit dem Papier abzugleichen und dann Tschüss …
Ihnen wünsche ich ein paar schöne Maientage über Pfingsten!
Ihr Entscheidungskriterium: „Kaufe auf keinen Fall das, was der Deutsche Bundestag einsetzt“ gefällt mir übrigens sehr gut 🙂