„Die Kulturzwiebel“ oder „Auf Heldensuche“

Ein Splitter vom #pmcamp11

Eberhard hat auf dem PMcamp11 von ihr gesprochen und sie auf das Flipchart gemalt. Heiko (bartlog in Twitter) hat sie fotografiert und mir hat sie gefallen. Die Kulturzwiebel. Hier ist sie! Ganz spontan.

Im projekt-(B)LOG von Dr. Eberhard Huber wird die „Kulturzwiebel“ exzellent erklärt.

„Je tiefer man rein schneidet, desto mehr kommen die Tränen!“

Das Zitat von Eberhard ist mir haften geblieben.

Ich musste sofort an die Bundesrepublik vor und nach 1990 denken. An Bonn und Berlin. Und an die vergangenen deutschen Gebietskörperschaften.

Deutschland. Mal war es ein Reich, dann eine Republik. Tausendjährig, nummeriert oder nach einem unbedeutenden Ort benannt.

Jetzt entblättere ich mal meine „deutsche Zwiebel“.

Symbole

Die Farben unserer Flaggen gehen mir durch den Kopf. Die Symbolik unserer Wappen und der Klang und die Worte unserer Hymnen. Schwarz-Rot-Gold oder Schwarz-Rot-Weiß, beides bedrückt mich. Oben Schwarz, Mitte Rot, unten Hell. Man kann Farben lebensfroher kombinieren. Der Bundesadler zieht mich nicht an, eher macht er mir Angst.

Rituale

Ich muss an unsere deutschen Rituale denken, die ich nie so richtig mochte. Komisch, dass ich dann urplötzlich das Lied „Maulende Rentner im Ausland“ von Pigor im Ohr habe (hier der Text des Songs mit Audio-Hörprobe).

Werte und Normen

Dann habe ich mich auf die Suche nach unseren Werten gemacht. Was sind das, die deutschen Werte? Ordnung, Tüchtigkeit, Pünktlichkeit, Präzision? Männlichkeit? Alles besser wissen? Durch die Geschichte trampeln! Ich weiß es nicht. Ein Anflug von Verzweiflung ergreift mich.

Ein übler, schlimmer Satz fällt mir ein: Schlank und rank, flink wie ein Windhund, zäh wie Leder und hart wie Kruppstahl. Wir waren mal eine Herrenrasse, so sollten wir damals sein. Ich bin gottfroh, dass ich diese Zeit nicht erleben musste

Wie oft wollen wir etwas besseres sein. Vor vielen Jahren hörte ich es nicht nur bei mir zu Hause: Du sollst es mal besser haben als Deine Eltern. Heute geht es uns gut, eigentlich fehlt uns nur noch das Recht auf Besitzstandwahrung im Grundgesetz?

Oder sind unsere Werte die Kompetenz und die Fähigkeit, perfekt zu organisieren?

Ich würde mir Zivilcourage und konstruktivem Ungehorsam wünschen. Aber soweit sind wir noch nicht. Die soldatische Disziplin geht immer noch vor dem Respekt gegenüber dem Deserteur.

Grundannahmen

Von den Grundannahmen, die mir in meiner Sozialisierung eingeimpft wurden, will ich gar nicht reden.

Helden

Also komme ich zu den Helden. Ich muss nachdenken. Wer sind denn meine deutschen Helden?

Einstein? Klar, er war ein Held. Goethe, Schiller, Kleist. Nietzsche? Goethe finde ich ja OK. Aber Schiller und Kleist? Und Nietzsche – zwischen Genie und Wahnsinn. Bestimmt ein großer Mann. Aber ein Held?

Mir fallen die großen Komponisten ein. Da haben wir ja viele.

Oder sind es unsere Politiker. Sind es Adenauer und Brandt? Oder Kohl und Genscher? Oder doch lieber Schmidt und Schiller (damit meine ich nicht den Schriftsteller)? Aber das sind doch alles keine Helden.

Marx und Lenin waren es doch auch nicht. War Lenin überhaupt ein Deutscher? Ulbricht und Honnecker sicherlich, aber die waren doch auch kein Helden. Ich suche nach richtigen Helden. Vielleicht werde ich bei den deutschen Kaisern fündig. Oder nehme Bismarck und Clausewitz. Weiß aber auch nicht so recht. Sind nicht meine Lieblingshelden.

So entscheide ich mich für Fußball: Das ist doch etwas typisch Deutsches. Fritz Walter, Uwe Seeler und Beckenbauer. Vielleicht lasse ich noch den Morlock zu. Nein, dann nehme ich lieber den Helmut Haller, weil er aus Augsburg ist (wie ich).

Aber eigentlich sind das ja auch keine Helden? Ich muss weiter suchen …

Ich schaue mir mal die Ingenieure an. Wir sind doch das Land der Ingenieure. Da gibt es Hahn, Porsche und Messerschmidt? Nein, ich mag lieber einen Intellektuellen. Carl Amery gefällt mir gut, Günter Grass eher nicht.

Komiker! Das ist es. Ich suche mir einen Komiker als Nationalhelden. Loriot? Vielleicht. Valentin und Polt wären nicht schlecht, aber das sind ja bayerische Helden und ich suche ja einen deutschen Helden. Das gilt dummerweise auch für Jörg Hube, den großen bayerischen Schauspieler. Ein Bayer mit falschem Geburtsort.

Halt, ich nehme einen Unternehmer. Wie wäre es mit Quandt, Henkel oder Hopp&Plattner. Nee – passt auch nicht.

Da fällt mir ein: Es gibt auch Frauen! Ich suche mir ein Heldin! Jetzt bin ich über mich selbst enttäuscht – das waren bisher alles Männer! Es muss doch auch eine deutsche Heldin geben. Ich suche und denke nach. Eine Eisprinzessin? Frau Witt? Oder die Claudia (Schiffer). Nein, die können meine Heldinnen auch nicht sein.

Die größten deutschen Helden sind wahrscheinlich immer noch ein Abenteurer und sein Freund: Old Shatterhand (alias Kara ben Nemsi) und Winnetou. Die gab es zwar nie, aber immerhin sind sie von einem Deutschen erfunden worden!

Da fällt mir José Rizal ein, der Nationalheld der Philippinen. Das war ein Held. Ich war mal einen langen Tag in Manila und habe auf den Flug am Abend gewartet. Ein Einheimischer hat mir gesagt, was ich mir denn unbedingt anschauen müsse. Und hat mich gleich zum Museum des Nationalhelden der Philippinen gebracht. José Rizal hat mir sehr gut gefallen. Ich war tief beeindruckt, wie bekannt und beliebt er ist. Und wie sehr die Menschen in Manila (Maylina) ihn lieben. Ein echter und der einzige Nationalheld. Und ein wirklich guter Nationalheld. Würde auch für mich passen. Aber dummerweise spreche ich kein Filipino (Pilipino).

So hat die Kulturzwiebel bei mir letzten Ende bewirkt, dass mir José Rizal wieder bewusst wurde. Wie die Gedanken laufen. Danke Eberhard.

RMD

Mehr zur auch im Blog von Dr. Eberhard Huber (auf Twitter zu finden als @Team_im_Projekt).

 

3 Antworten

  1. What about Luther and Gutenberg? Of successful German politicians, Willy Brandt comes nearest to my concept of a hero. Georg Elser was an unsuccessful hero.
    In my youth, Marlon Brando and Bob Dylan were my cultural heroes.
    Of course Elisabeth I, Shakespeare and Churchill are heroes to almost all of us English.
    Certainly add Nelson and Cook, perhaps also Cromwell, Marlborough and Wellington, but then the list is rather too military.

  2. Och, meine Herren – warum so misanthropisch ?

    Das Bild der „Kulturzwiebel“ gefällt mir ja ganz gut –
    wenn ich meine Zwiebel schäle, kommt da vieles zum
    Vorschein. Und das meiste efällt mir gut. Denn es ist
    *meine* Zwiebel und *ich* bin es, der darüber bestimmt,
    was hineinkommt und was nicht. Und ja, zu meinem Kultur-
    kreis gehören nur Menschen mit einer ähnlichen Mischung.

    Als Kind hat mich stets die Frage umgetrieben, „wie konnte
    es zum „Nationalsozialismus“ mit seinen widerwärtigen
    Wirkungen kommen – Günter Grass hat in der „Blechtrommel“
    eine ganz klare Antwort gegeben. Nebenher, mögen tu‘ ich
    ihn auch nicht, aber er gehört zu Recht zu unserem Kultur-
    kreis und man kann sich mit ihm auseinandersetzen.

    Helden ?
    Aber bitte sehr, denken Sie nur an Werner Fink.
    Jeden Abend in vollem Bewußtsein, jederzeit von Gestapo-
    Spitzeln denunziert zu werden („Kommen Sie mit, meine
    Herren ? Oder soll ich mitkommen ?“) – und trotzdem
    jeden Abend gespielt.
    Während mich Kohl und Brandt als hohle Schwätzer schon als
    Kind angeekelt haben, hatte ich Zeit meines Lebens großen
    Respekt vor Helmut Schmidt, der sicherlich kein Musterde-
    mokrat war, schon gar kein Sozialdemokrat, aber ein
    Mensch, der verantwortlich führen konnte.
    Oder nehmen Sie den soeben verstorbenen Franz-Josef Degen-
    hardt, der neben Agitprop auch wirkliche Poesie gespielt
    hat, nehmen Sie nur den „Vorstadtfeierabend“.

    Unser Kulturkreis wurde geprägt von vielen interessanten
    Wissenschaftlern, deren Wirken unsere Arbeiten bis heute
    beeinflußt, für mich ist das vor allem Ludwig Boltzmann,
    mit dessen Erkenntnissen ich immer wieder in verschiede-
    nen beruflichen Stationen konfrontiert wurde.

    Ganz nebenher finde ich es auch wunderschön, daß Unter-
    nehmen wie die Interface AG Veranstaltungen wie die kom-
    mende am 18. November anbieten, auf die ich mich schon
    jetzt freue. Das ist gelebte Kultur.

    Denn Kultur ist alltäglich.

    Ach die Etymologie gibt hierzu einen Hinweis,
    lat. ‚colere‘ (mit ‚cultum‘ als 2. PPP) bedeutet sowohl
    „verehren“ wie auch „pflegen“ und „anbauen“. Meine Kultur
    drückt sich auch darin aus, wie ich ein Schreiben aufsetze
    oder meine Schaltschrankleitungen verlege.

    Grundannahmen:
    Ja, ich hatte das Glück, in der Schule einen längeren
    Diskurs über unser Grundgesetz zu erleben und ich empfinde
    dieses als etwas sehr Kostbares. Menschenwürde, Recht auf
    freie Meinungsäußerung, auf Leben und körperliche Unver-
    sehrtheit, aber vor allen Dingen Recht auf freie Entfal-
    tung der eigenen Persönlichkeit sind elementare Grund-
    rechte, die es nicht umsonst gibt.
    Hier sind intelligente Menschen gefordert, beispielsweise
    gegen unappetitliche Eiterbeulen wie „facebook“ vorzuge-
    hen, weil sie richtig gefährlich sind:
    http://geekandpoke.typepad.com/geekandpoke/2010/12/the-free-model.html

    Schon mein alter Herr pflegte zu warnen, „wir gehen nicht
    daran kaputt, weil wir zu viele Extremisten hätten, son-
    dern weil wir zu wenig Demokraten haben“.

    Kultur beantwortet nicht nur die universelle Frage,
    „Wo stehen Sie ?“, Kultur beantwortet auch tagtägliche
    Fragen, etwa die, ob „Europa“ eine Fehlkonstruktion ist:
    Denn solange Belgien ein Burka-Verbot einführen kann und
    Frankreich starke Kryptographie verbietet, kann man klar
    sagen, daß ja – weil hier Staaten das verletzen, was in
    unserem Kulturkreis als Minimalkonsens gilt.

    Lieber Roland, wenn Sie sich etwas mehr mühe geben, wird
    auch Ihre Zwiebel schmackhaft !

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