Digitale Transformation und Industrie 4.0 – Trump und die lieben Arbeitsplätze …

Gestern habe ich von einem lieben und sehr klugen Freund eine E-Mail bekommen. Der Kern-Absatz war folgender:


Vorgestern hat Siemens Kaeser ein Grundeinkommen gefordert. Er fürchtet um die künftige Beschäftigung – unser altes Thema. Da Du reflektierst, vielleicht findest Du Lust meine These zu hinterfragen, dass Trump durch seinen Protektionismus quasi irrtümlich das Richtige tut. Denn bevor die negative Wirkung des Protektionismus sich wirklich entfalten kann, kommt es durch Industrie 4.0 zu einem massiven Arbeitsplatzabbau. Und da die USA dann wieder mehr Arbeit im Land haben, dürften final mehr Arbeitsplätze überbleiben.

Sicherlich nicht fundiert die These, aber ich kann mir vorstellen, dass es so kommen kann.


So sehen mich Christian und Daniel (© Visual-Braindump) - zumindest letzte Woche auf PM_Camp in Dornbirn.
So sehen mich Christian und Daniel (© Visual-Braindump) – zumindest letzte Woche auf dem schönen PM_Camp in Dornbirn.

Zu Trump kann ich nichts sagen. Ich weiß auch nicht, ob Trump für die USA oder gar für die Welt gut oder schlecht ist. Ich glaube nur, dass die meisten Politiker, Unternehmensführer, Gewerkschaftsbosse und sonstigen gesellschaftlich Verantwortlichen viel Mist machen und wir jetzt die schon lange fällige Quittung bekommen. Weil die Menschen halt die Nase voll haben und ihre Geduld zu Ende geht. Wie bei mir eigentlich auch.

Die These, dass Trump das richtige tut, wenn er die Globalisierung wieder ein wenig an die Leine nehmen will, gefällt mir.  Die von mir „fett“ hervorgehobene und so wie selbstverständlich zitierte Annahme mit dem kommenden Arbeitsplatz-Abbau als Folge von Industrie 4.0 verwirrt mich. Ich höre sie häufig. Genauso wie die Warnung vor dem großen „Service-Proletariat“, welches auf uns zu kommt. Zum letzteren meine ich, dass wir dies schon haben. Ich muss mir anschauen, wie viele Leute ihren Lebensunterhalt verdienen mit „Auto fahren“ oder „für Sicherheit sorgen“ oder ähnlichem.

Ich räume auch ein, dass der Arbeitsplatzabbau in der Industrie möglich sein mag. Wenn wir keine Autos mehr haben, dann gibt es halt auch keine Arbeitsplätze in der Autoindustrie mehr. Das klingt logisch. Wobei ich aber glaube, dass diese dann durch andere herzustellende Güter substitutiert werden. Sozusagen fast vollautomatisch. So wie es immer war.

Nur: Zukunft ist nicht vorhersagbar!

Wenn man sich schon Gedanken über die Zukunft macht, sollte man zumindest nicht so 1-dimensional denken, wie es wohl die großen Unternehmensführer machen, wenn sie jetzt plötzlich und überraschend ein „bedingungsloses Grundeinkommen (BGE)“ fordern. Ich vermute eh, dass sie jetzt den Trump als neuen „Mr. Erfolg“ kopieren. Und einfach mal etwas fordern. Wahrscheinlich wollten sie auch mal geprügelt werden. Aber tut ihnen den Gefallen.  Der Trump wurde wegen jeder zweiten Äußerung geprügelt – und wahrscheinlich wollte er es genauso …
😉 Weil er ein alter Fuchs ist und die Wahl halt gewinnen wollte. Unter anderem nach dem Motto – viel Prügel, viel Ehr.

So könnte ich mir auch vorstellen, dass wir in Zukunft trotz „Industrie 4.0“ und „digitaler Transformation“ (welche Begriffswelt und Gedankenexperimente hinter diesen Buzzwords auch stecken mögen) vielleicht ganz viel Arbeitsplätze brauchen. Ich bringe ein paar Beispiele:

  • Landwirtschaft
    Wenn wir wieder Nahrungsmittel haben wollen, die diesen Begriff verdient haben, könnte es gut sein, dass wieder mehr Menschen in der Landwirtschaft gebraucht werden …
  • Forstwirtschaft
    Nach meinen Informationen sind heute schon in der BRD mehr als eine Million Menschen in der Forstwirtschaft beschäftigt. Es könnte gut sein, dass der Wald sehr wichtig für uns wird …
  • Handwerk
    Ich meine, dass es hier in Zukunft Möglichkeiten ohne Ende geben wird …
  • Pflege
    Alte Menschen brauchen Ansprache, alte Menschen brauchen Pflege. Und unser Altersdurchschnitt steigt und steigt und …
  • Bildung
    Immer mehr junge Menschen brauchen mehr und mehr Hilfe, um mit ihrem Leben zurecht zu kommen und ihren Platz in der Gesellschaft zu finden …
  • Infrastruktur (alt)
    Ganz gleich ob Münchner U-Bahn oder Eisenbahn, Straßen oder Brücken – unsere Infrastruktur ist marode. Und wir werden bald nur noch zwei Möglichkeiten haben – Sperren oder Sanieren. Und alles sperren können wir halt nicht …
  • Infrastruktur (neu)
    Ich lese, dass der öffentliche Verkehr auch in der kleinen „Megacity München“ vor dem Kollaps steht. Ich höre Visionen von der „smart city“ der Zukunft.  Das alles fällt nicht vom Himmel.
  • Infrastruktur (Beispiel)
    Vor kurzem habe ich von den Stadtwerken München gehört, dass sie sich intensiv mit der „Kühlung von München“ beschäftigt und davon ausgeht, dass die bald von den Menschen geforderte Kühlung der Gebäude Münchens nicht auf „asisatische Weise“ (auch wegen derer Uneffizienz) erfolgen kann. Man denkt jetzt über Fernkälte als die beste Lösung nach …
  • Tourismus
    Schon heute ist meines Wissens das Hotel- und Gaststätten-Gewerbe in Umsatz und Beschäftigung die stärkste Branche in Bayern. Wer gelegentlich in Peking oder Mumbai ist, der weiß Klima, Landschaft, Sehenswürdigkeiten, Sicherheit und weitere Attraktionen hier wie vielleicht auch unsere Kulturlandschaft sehr zu schätzen und macht wahrscheinlich gerne bei uns Urlaub. Das könnte ein gutes Geschäft werden. Jedoch: Gastfreundlichkeit geht auch nur über Menschen und Service …
  • Rückbau (Umwelt 1)
    Noch betonieren wir jedes Jahr fleißig Unmengen von Boden in Bayern zu. Das könnte sich aber mal umdrehen (müssen) …
  • Katastrophenabwehr (Umwelt 2)
    Wir werden ersaufen an dem Wasser!“ hat der Astrophysiker Harald Lesch gerade zu den großen Überschwemmungen gesagt, die immer mehr passieren.  Das stand drin im Bayernteil der SZ von heute. Und es könnte gut sein, dass wir in Zukunft uns täglich nicht nur mit Überschwemmungen, sondern mit Tornados, massiven Trockenperioden und vielem mehr rumschlagen müssen und eine Katastrophen-Armee brauchen, die permanent im massiven Einsatz ist …
  • Integration von Flüchtlingen
    Es könnte gut sein, dass das, was wir in den letzten beiden Jahren erlebt haben, nur ein kleine Vorgeschmack auf die Zukunft ist. Wenn wir die Menschen, die dann zu uns kommen, auch nur halbwegs sozial integrieren wollen, ohne in eine weitere Katastrophe hinein zu geraten, brauchen wir ganz viele Menschen.
    😉 Das gilt übrigens auch für die Vermittlung deutscher Leitkultur , auch die muss dann jemand machen …

Ich bin sicher, wenn ich weiter über solche Dinge nachdenke, fällt mir noch einiges mehr ein.

Man sieht, so ganz glaube ich nicht, dass wir in eine Situation kommen können, wo die meisten von uns nichts mehr zu tun haben und wir deshalb ein BGE brauchen.Im Gegenteil, ich fürchte, dass wir mehr als genug zu tun haben werden, um unser Überleben zu sicher. Und dass es nicht mehr ausreichen wird ein wenig unserer Wohlstandsreserven aufzulösen.

Ich halte es trotzdem für wichtig, ein BGE mal auszuprobieren. Aber nicht weil wir keine Arbeit mehr haben, sondern weil wir uns so ein komplexes System mit Dingen wie Kindergeld, Bafög, Arbeitslosengeld, Grundsicherung (Aufstockung, Sozialgeld, Sozialhilfe, Hartz 4, Wohngeld …) Betreuungsgeld, Renten usw. wahrscheinlich in Zukunft auch gar nicht mehr leisten können. Weil wir uns nicht in Bürokratie zu Tode spielen können sondern wieder mal die Dinge anfassen und so richtig arbeiten müssen.

Aber wie gesagt – keiner weiß was die Zukunft uns bringen wird. Und auch im Besitz der Wahrheit ist auch keiner von uns. Und wenn es um Zukunft geht eben schon zwei mal nicht.

RMD

P.S.
Gerade lese ich, dass der große Sechzig-Sponsor in einem „von einer Münchner Chauffeur-Zentrale gemieteten Maybach“ bei der Pressekonferenz der 60iger zur Entlassung ihres Trainers vorgefahren ist … Auch eine Branche, die Arbeitsplätze schafft.

4 Antworten

  1. Lieber Roland,
    herzichen Dank, dass Du das Thema aufgegriffen hast.
    Ich hoffe, Du wirst recht bekommnen, so dass es einen Ausgleich an Arbeitsplätzen geben wird. Dies würde voraussetzen, dass es eine Art Zeit-Symetrie geben wird, d.h. Schaffung der neuen Arbeit parallel zum Abbau der alten. Bei der alten werden nicht nur die Autohersteller betroffen sein, sondern wohl alle Branchen.
    Abzuwarten bleibt dann auch, ob das Geld z.B. für Infrastruktur seitens des Staates oder höherwertige Lebensmittels seitens der Konsumenten vorhanden sein wird. Und ob Bio oder nicht: Automatisieren geht auch hier – mittlerweile sogar beim Erdbeerpflücken.
    Es wird auf jeden Fall spannend.

  2. Lieber Guido, danke für Deinen Beitrag.

    Nur – damit ich nicht falsch verstanden werde:

    • Erstens möchte ich nicht Recht haben, ich versuche nur zu schreiben was ich denke.
    • Zweitens glaube ich, dass es schöner ist, wenn wir weniger arbeiten müssen und das Leben mehr genießen können. Ich fürchte nur, dass wir in vielleicht schon naher Zukunft als Folge der von uns zu verantwortenden Veränderung der Welt (siehe Artikel zum Anthorpozän) wieder so richtig schuften müssen, nur um zu überleben. Und diese Perspektive macht mir keine Freude.

    Es lebe die Faulheit! 🙂

  3. Das PM-Camp in Dornbirn wurde von einem Orga-Team um Stefan Hagen ehrenamtlich veranstaltet. Dieses Team hat aufgehört. Es steht einem Nachfolge-Team aber frei, es wieder zu beleben. Die Voraussetzungen in Dornbirn waren ideal. Es muss sich nur ein neues Orga-Team finden. Vom alten Team bekommt es Unterstützung verschiedener Art wie Idee, Kontakte …

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