Mein „Ich“ in zwei Varianten – der physischen und digitalen.

InterFace-Karte Weihnacht 2014.

Auch dieses Jahr zu Weihnachten habe ich viel Post bekommen. Da waren allgemeine Weihnachtsbriefe und sehr persönliche Anschreiben dabei. Ich habe versucht, alle Glückwünsche zu beantworten. Die Personen, bei denen es mir nicht gelungen ist, bitte ich, mir zu verzeihn.

Ein geschätzter Freund hat mir eine besondere Rückmeldung gesendet. Die begann so:

Der „Online-Roland“ unterscheidet sich erheblich von dem dahinterstehenden Menschen, den ich kenne und wertschätze.

In diesem Brief wurde mir viel Schönes und Wertschätzendes zurückgemeldet. Das hat mich gefreut. Zwischen den Zeilen entnahm ich diesem Brief aber recht deutlich eine gewisse Ratlosigkeit wegen meiner „digitalen Schizophrenie“. Weil ich Werte, die mir in der „personalen“ wichtig wären in der digitalen Welt zu verraten scheine.

Meine „digitale Schizophrenie“, das hat mich zum Nachzudenken gebracht. Bin ich mir doch selber das größte aller Rätsel.

Das „digitale“ Nachdenken ging los beim IF-Blog, in dem ich mich ja des öfteren „nackt ausziehe“. Warum tue ich das?

Weihnacht in 2009

Meine Antwort ist einfach. IF-Blog schreibe ich zuerst Mal nur für mich selber. Es ist sozusagen mein Tagebuch. Und da ich fest glaube, dass Transparenz nicht nur eine Tugend an sich sondern auch eine notwendige Voraussetzung für ein besseres soziales Zusammenleben ist, schreibe ich meine Gedanken öffentlich. Ich will sie niemandem aufdrängen und niemanden „missionieren – auch wenn das sich ab und zu mal so liest und lege auch keinen Wert auf hohe Klickzahlen.

(Auch wenn ich mich freue, dass meine kurze Weihnachtsbotschaft nach sehr rudimentärer Messung schon von ein paar Hundert Menschen gelesen wurde, auch wenn wordpress aufgrund technischer Eigenarten immer weniger Zugriffe zählt (wordpress zählt nur die direkten Aufrufe von einer IP-Adresse).

Seite Aufrufe
/rd/einen-guten-rutsch-und-ein-gutes-neues-jahr/ 214

Stand von gestern.

Diese Freude sehe ich als ganz normal „menschlich“, deshalb steht es hier auch nur in Klammern).

Wichtig ist mir, dass ich in meiner Wahrnehmung vom Idealisten zum Egoisten geworden bin. Denn ich glaube fest, dass ich viel mehr bewirken kann, wenn es mir selber gut geht. So ist vielleicht meine erste Pflicht, gut zu mir zu sein. Denn nur wer zu sich selber gut ist, kann zu anderen gut sein (Das „gut sein“ kann übrigens beliebig austauschen – z.B. nur wer sich selber  wertschätzt, kann andere wertschätzen usw.).

Und da das kommenden Jahr mein letztes Jahr vor dem siebzigsten Geburtstag ist, meine ich, dass mir meine Zeit zu schade sein muss, gegen etwas zu sein oder mich über irgendetwas oder irgend jemanden zu ärgern. Oder noch schlimmer, deswegen auf irgend jemanden oder irgend etwas böse zu sein.

Mein Lebensheil liegt also in der Gelassenheit, die ich in nächsten Jahren brauche um versöhnt sterben zu können. In IF-Blog habe ich mal eigene Kategorien (Rubriken) Was ich nicht mag! und Ärger anglegt und in Artikeln meinen Frust geäußert.

Ich habe gelernt, dass Frust mir nicht gut tut. Wie auch weder anderen noch mir es etwas hilft, wenn ich gegen etwas bin. Beides zieht mich runter. Das bedeutet für mich keine Resignation, sondern nur dass es wo viel wichtigeres gibt, als sich zu ärgern oder ganz schlimmt etwas zu hassen. Ich erinnere gerne immer wieder an das Paradoxon des Hasse:
„Man hasst jemanden, aber schadet damit nicht diesem sondern runiniert sich selber“.

Jetzt ist es natürlich so, dass mir alle Dinge dieser Welt so richtig gefallen. Das gilt oft besonders für die Folgen des „technischen Fortschritts“. Und von vielen Menschen so geliebte und von vielen anderen Menschen abgelehnte „Digitalisierung“ ist nur die aktuelle Ausprägung des „technischen Fortschritts“.

In 2019 habe ich mein „50-Jähriges Digitalisierungs-Jubiläum“. Im nächsten Jahr habe ich 50 Jahre an der digitalen Entwicklung mitgewirkt. Damit kann ich gut leben. Natürlich verabscheue ich auch Ergebnisse wie „militärische Drohnen“, die aus dem Himmel kommen und gezielt Menschen töten und deren Zuhause zerstören. Auch die Atombombe ist letzten Endes ein digitales Produkt, und die mag ich auch nicht.

Mit social media etc. kann ich gut leben. Auch deswegen, weil ich mich für so autonom halte, dass ich mir nichts mehr kaufe was ich nicht will. Ich meine, dass ich gegen Marketing resistent geworden bin. So kann ich mit der Fang-Gang (FANG steht für Facebook, Amazon, Netflix und Google – sicher muss man da noch ein paar mehr dazu zählen). Und erfreue mich gestern und heute der Diskussion auf dem 35. Kongress des Chaos Computer Clubs – Hashtag #35c3, der nach meiner Meinung zum besten gehört, was es derzeit an gesellschaftlicher Diskussionsplattform in Deutschland gibt. Auch wenn die Politiker den 35c3 nach meinem Wissen eher meiden. Warum eigentlich?

Vom technischen Fortschritt, der mal zuerst nicht digital ist bedroht mich zurzeit aber vor allem der MIV (Motorisierte Individual Verkehr). Hier fühle ich neben meinem Leben vor allem meine Lungen bedroht. Kaum verlasse ich mein zu Hause und nähere ich mich der Putzbrunner oder Rosenheimer Land Straße, dann werde ich nämlich vergast. Das bestätigt mir jeder Lungenfacharzt. Autofahrer sind für mich so etwa wir Raucher, die mir ihren Qualm in die Lunge blasen.

Aber was hilft, sich darüber aufzuregen. Ich lebe mein Leben ohne persönliche Nutzung von MIV und belege so, dass man den MIV wirklich nicht braucht. Quasi als Dankeschön erlebe ich, wie mir das gut tut. Ich habe Bewegung und bin an der frischen Luft. Ich gewinne Zeit, die ich zu nutzen weiss. Und suche halt Wege zu meinem Ziel, auf denen ich möglichst wenig vergast werde. Auch wenn das das eine oder andere Mal einen Umweg mit sich bringt. Aber ärgere mich nicht mehr über die dicken alten Männer und Frauen in ihren SUVs.

Und so mache ich es auch mit den anderen Dingen.  Ich verabscheue Faschismus und Nationalismus, bin aber ich nicht gegen die AFD oder andere Formen von latenten Faschismus. Ich folge meinem Glauben, dass Gott und Religion von Menschen gemacht sind. Und kann nicht verstehen, wie man an etwas „als Höchstes“ glauben kann, dass man selber erfunden hat. Aber ich weiß, dass auch dieser mein Glaube halt nur ein Glaube ist.

Wie soll ich dann gegen Menschen sein, die der festen Überzeugung sind, dass Gott die Welt vor ein paar Tausend Jahren genau so erschaffen hat wie sie ist und klipp und klar durch seine Abgesandten und diverse Botschaften (die Geschichten der Menschheit) die Regeln fest gelegt hat, nach denen die Welt funktionieren soll?

Wenn dann ein Fanatiker, bei dem eine solche Indoktrination besonders gut gewirkt hat, ein paar Leute absichtlich tot fährt, dann finde ich das auch nicht schlimmer als das tägliche Töten auf unseren Autobahnen, Landstraßen und sonstigen Verkehrswegen. Zweiteres ist für mich auch kein Grund gegen SUVs und ihre Führer zu sein. Und empfinde für alle, die leichtfertig töten (manche würden sagen morden), keinen Hass sondern eher Mitleid.

Es ist klar, dass ich für eine Reduktion der Geschwindigkeiten im MIV-Bereich genauso bin wie für eine Reduktion der religiösen Indoktrination von Kindern und Menschen. Und das auch selber vorlebe. So wie ich für Frieden und Liebe bin. Und es richtig finde, Gewissheiten und vermeintliche Selbstverständlichkeiten immer zu hinterfragen. Und das auch selber so zu tun versuch.

Nur; „gegen etwas“ will ich nicht mehr sein. So wie ich auch auf keinen mehr „böse sein“ will. Weil beides nur mich selber runterzieht. Und das brauche ich schon gar nicht.

RMD

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