Unternehmertagebuch – #44 „Ungesunde Ziele – ungesunde Strategie“

Heute geht es um Strategie und Ziele.

Meine These:

Wenn die Ziele nichts taugen, dann kann auch die Strategie nichts taugen.
🙂 Außer man hat das Glück von Gustav Gans!

Zuerst mal zu den Zielen!

Auf einem Personalseminar habe ich mal gelernt, dass Ziele STARK sein müssen:

  • S für schriftlich
    Ziele müssen schriftlich fixiert werden.
  • T für terminiert
    Jedes Ziel muss einen definierten Termin haben.
  • A für attraktiv
    Der Zielerfüller (?) soll das ihm vorgegebene Ziel als interessant und erstrebenswert empfinden.
  • R für realistisch
    Nach objektiver und und subjektiver Bewertung muss das Ziel machbar und vernünftig erfüllbar sein.
  • K für konkret

Das hat mir eingeleuchtet und ich bin sofort ein Fan von starken Zielen geworden.

Im Lauf der Jahre habe ich gelernt, dass starke Ziele Unsinn sind!

Und ich fordere ab sofort, dass ein gutes Ziel GESUND sein muss!

  • G für Gestaltung, Glaubwürdigkeit
    Ziele müssen die Gestaltung eines Vorhabens einfordern aber auch Gestaltungsfreiheit zulassen. Sie müssen das Denken, Handeln, Entscheiden und die Realisierung von Vorhaben beflügeln.
  • E für emotional
    Ziel dürfen nicht nur die Ratio von Menschen ansprechen. Wichtig ist, dass sie über Emotionen vermittelbar sind.
  • S für sinnhaft
    Ein Ziel sollte ein vernünftiges Ziel jenseits Stakeholder Value oder Selbsterhöhung haben.
  • U für unternehmerisch
    Das Ziele muss etwas Wesentliches bewegen, ein Vorhaben, eine besondere Entwicklung oder eine relevante Veränderung einfordern.
  • N für nachhaltig, natürlich, nachvollziehbar
    Als Wert ist (und wie ich vermute, war schon immer) Nachhaltigkeit gefordert. Natürlich und nachvollziehbar sind Eigenschaften, die gut zu nachhaltigen Zielen passen.
  • D für darstellbar
    Ziele müssen gut darstellbar und vermittelbar sein. Das geht am besten, wenn man sie in Geschichten einkleiden oder durch Fabeln und Bilder beschreiben kann.

Ein Ziel muss also gestaltbar und glaubwürdig, emotional, sinnhaft und sexy, unternehmerisch, nachhaltig, natürlich und nachvollziehbar und nicht zuletzt gut darstellbar sein!

Der aufmerksame und dialektisch geschulte Leser hat es natürlich bemerkt. Ich habe ein wenig gemogelt. Natürlich stammen die „starken Ziele“ aus dem Personalbereich, die „gesunden Ziele“ aus der Gedankenwelt des Unternehmers.

Und in beiden Welten hat der Begriff „Ziel“ ja eine ganz andere Bedeutung. Das ist genau eine der Fallen, in die wir unserer Kommunikation immer wieder hereinfallen und so ab und zu vor einem Scherbenhaufen stehen.

Ich habe die „starken“ Ziele für mich aber auch aus einem anderen Grunde verworfen. Auch im Personalbereich! Basieren Zielvereinbarungen doch auf einem Menschenbild, das annimmt, man könne Menschen mit geschickt ausgelegten materiellen Ködern und Anreizen steuern und motivieren.

Das mag ich nicht und halte ich auch im wesentlichen für falsch. Glaube ja nicht mal, dass es bei Pferden funktioniert, wenn man ihnen die Schale mit dem Hafer vors Maul bindet. Und fordere deshalb auch im Unternehmen beim Umgang mit Menschen,  Kollegen und Mitarbeiter die gesunden Ziele.

Vielleicht noch ein paar „schlechte“ (unteroptimale) Ziele:

  • Quantitätsziele!
    X mehr Umsatz, Y mehr Ergebnis, Z mehr Mitarbeiter …
  • Kennzahlen getriebene Ziele!
    Erhöhung der Produktivität um X, Erhöhung der Performance durch Profiling um Y…
    (X, Y, Z z.B. als Prozentzahlen)
  • Ziele, die auf spekulative Annahmen beruhen
    In 2011 wird der Goldpreis weiter steigen …
    In 2011 wird die Wirtschaft …
    Das Werkzeug der Zukunft ist …

Und ein paar wie ich meine „gute“ (optimale) Ziele:

  • Qualitätsziele
    Wir wollen unsere Mitarbeiter weiterbilden, unser Service Offering straffen/verbreitern, mehr auf unsere Kunden hören, auch intern so arbeiten, dass unsere Kunden uns immer zu schauen können.
  • Vorhabensziele
    Wir gründen neue Töchter für diesen oder jenen Markt, wir entwickeln eine starke Kompetenz auf diesem oder jenem Gebiet, wir bilden uns vermehrt im Bereich Kundenorientiertheit aus
  • Gestaltungsziele
    Wir kreieren eine neue F&E-Aktivität, erneuern unseren Auftritt beim Kunden, verbessern unsere Sichtbarkeit auf dem Markt, verbessern unser Preis-Leistungsverhältnis.

Gute Ziele helfen bei der Entwicklung von Strategie. Und lassen sich dann einfacher umsetzen.

Wenn es gelingt, aus einem schlechten Ziel eine gute Strategie zu entwickeln, dann hat man das Glück eines Gustav Gans. Und dann kann man eh nichts falsch machen!

RMD

P.S.
Der Artikel enthält Teile meines Vortrages:
Strategie ohne Ziel

Über die Schwierigkeiten, für ein Unternehmen sinnvolle Ziele zu definieren und gute Strategien zu entwickeln. Mit Lösung!
Werde jetzt öfters mal zu der Kette Ziele – Strategie – Planung – Operation schreiben.

P.S.1
Alle Artikel meines Unternehmertagebuches findet man in der Drehscheibe!

Eine Antwort

  1. Ziele können Menschen zusammenbringen und Kräfte bündeln. Dann dürfen sie gerne stark und gesund sein. Einige Zeitgenossen (z.B. besonders beharrliche Menschen) müssen allerdings vor Risiken und Nebenwirkungen gewarnt werden. Passt das Ziel noch? Werden bei der Zielverfolgung andere wichtige Themen vernachlässigt? Zu gewinnen gibt es also gebündelte Energie, bei Übertreibung droht der verengte Blick.

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