Vom Integrations- und anderen Gipfeln

Gestern habe ich vom Integrations-Gipfel gehört. Und mir stehen die nicht mehr vorhandenen Haare zu Berge.

Wieder so ein Gipfel. War ich doch vor kurzem beim IT-Gipfel, höre laufend vom E12- und EU-Gipfeln, habe gerade den Gipfel von Davos ertragen und bin vor kurzem zum Design-Gipfel und einem Unternehmer-Gipfel eingeladen worden. Es wird “gegipfelt” ohne Ende!

:-) Mir fehlt nur noch ein PM-Gipfel (PM = Projekt Management), dann beginne ich zu schreien.

Und gestern war der Gipfel zur (oder der) Integration!

Beide Worte gefallen mir nicht. Den Begriff Gipfel für eine Konferenz zu wählen, das heißt doch, dass man sich ganz oben trifft. Nur die Spitzen der jeweiligen Branche sind dabei. Die “Elite” macht Smalltalk und bestärkt sich gegenseitig ihrer “biases” (Wahrnehmungsstörung, Realitätsverlust). Die Luft ist dünn und die Realität unten im Tal. Weit weg und durch eine Wolkenschicht verborgen.

Die Berichterstattung von den Gipfeln dieser Welt liefert nur selbstverständliche oder blödsinnige Statements. Interdisziplinäres Wissen, Offenheit, Erfahrung, Problembewusstsein oder Realitätssinn findet man nicht.

Das „Gegipfele“ erinnert mich an Gruppendenken (Groupthink. 1972 von dem Psychologen Irving Janis eingeführt). So nennt man in der Psychologie eine Situation, in der eine Gruppe von eigentlich kompetenten Personen schlechte oder realitätsferne Entscheidungen trifft, weil jede Person ihre eigene Meinung an die vermutete Gruppenmeinung anpasst. Und das ist alles andere als ein gesunder Prozess zur Generierung von nützlichem Wissen. Besonders nicht im Vorfeld wichtiger Entscheidungen.

Oft habe ich den Eindruck, dass bei jedem barcamp, an dem ich teilgenommen habe, die Ergebnisse sinnvoller und konstruktiver waren.

Und dann wird Gipfel auch noch mit Integration verheiratet. Wir hatten in Deutschland das “Unwort” Gastarbeiter. Und jetzt kommt ein neues, die Integration. Integration ist als sprachlicher Begriff in Wikipedia nicht definiert! Wie ich meine aus gutem Grunde. Integration finde ich dort nur als Begriff in der Technik und als Namen einer Zeitung!

Also Vorsicht, wenn wir Integration im Zusammenhang mit Kulturen, Nationalitäten, Religionen und gesellschaftlicher Entwicklung in den Mund nehmen. Im Wort Integration steckt doch schon die Botschaft, dass irgendetwas Anderes in etwas Vorgegebenes hinein muss. Und oft wird hier gemeint: in die Leitkultur hinein. Auch das ist ein „Unwort“, welches wir aber in Wikipedia finden. Dort steht unter anderem:

“Ab dem Jahre 2000 wird der Begriff in entstellter Weise in der politischen Diskussion im Zusammenhang mit dem Themenkomplex Zuwanderung und Integration von Einwanderern, bzw. als Gegenbegriff zum Multikulturalismus verwendet.”

Ich muss dann an den Erlkönig denken: „Ich liebe dich, mich reizt deine schöne Gestalt; Und bist du nicht willig, so brauch’ ich Gewalt.“

Vielleicht sollten die Damen und Herren der Politik mal einen Sprachgipfel machen, um über die Schlagworte nachzudenken, mit denen sie uns täglich erschlagen. Da fallen mir dann noch ein paar mehr ein.

RMD

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