Vor dem #pmcamp ist nach dem #pmcamp … (1)

mein Beitrag zum #pmcamp13ber

Ich sitze in der DB-Lounge in Berlin und warte auf meinen Zug nach München. Das PM-Camp mit seinen Sessions, auf denen ich gestern und heute war, geht mir durch den Kopf. Und weil ich so viel Zuspruch bekommen habe, hier mein Beitrag von heute in kurzen Sätzen.

Ich habe versucht zu beschreiben, wie ein moderner (= agiler) Manager, der erfolgreich und dabei doch ethisch handelt, idealtypisch aussehen könnte (sollte?). Aufgrund anderer Sessions davor hatte ich den Eindruck, dass es sinnvoll wäre, zur Vorbereitung die Begriffe „Moral“ und „Ethik“ abzugrenzen. Damit starte ich jetzt in diesem ersten Artikel.

Moral und Ethik

In meinem Verständnis besteht die Moral aus Geboten und Gesetzen. Diese sind zum Teil aufgeschrieben, zum Teil unausgesprochen und gelten trotzdem. Man geht davon aus, dass die Moral eine Voraussetzung für das Realisieren von Gemeinwohl in sozialen Systemen ist oder zumindest einen wesentlichen Nutzen bringt.

Verstöße gegen die Moral werden in der Regel sanktioniert, entweder als Bestrafung für das Nichtbefolgen von Gesetzen oder durch gesellschaftliche Ächtung oder ähnliches. Dass Moral auch Schaden bewirkt wird billigend in Kauf genommen. Und solcher Schaden entsteht häufig, weil Gesetze eben nie allen „moralisch problematischen“ Lebenssituationen gerecht werden können, mag man sie auch noch sehr erweitern und vermehren.

Der idealtypische Zustand wäre, wenn die Bürger sich freiwillig unter das Gesetz begeben, weil sie verstehen, dass das Einhalten der Gesetze der Gemeinschaft nutzt. Leider ist dem in der Regel nicht so.

Probleme mit der Moral:

Eine Schwäche der Moral ist, dass Gesetze nur zu oft wegen der Furcht vor drohenden Sanktionen befolgt werden. Sobald der Nutzen der Gesetzesüberschreitung das Risiko des „Entdeckt und bestraft werden“ wesentlich übersteigt, sinkt auch die Bereitschaft, Gesetze einzuhalten.

Als handlungsleitende Norm bringt die Moral viele Probleme mit sich. Oft sind die billigend in Kauf genommenen Schäden zu hoch. Die Welt und ihre Werte ändern sich. Die Moral ist aber eher statisch und steht dann im Widerspruch zu neuen Entwicklungen. Verschiedene Bevölkerungsgruppen (Alter, Geschlecht, Sozialisierung, Religion …) können bei einzelnen oder mehreren relevanten Themen völlig unterschiedlicher Meinung sein. Ein gutes Beispiel ist hier der Umgang mit der Sexualität z.B. von heute und vor 50 Jahren.

Die Ethik dagegen formuliert keine Gesetze. Sie schreibt nicht fest, was man zu tun oder zu lassen hat. Sie legt vielmehr eine Regel fest, an der entlang man „richtiges“ oder „gutes“ Entscheiden ableiten kann. Um sich in diesem Sinne „ethisch zu verhalten“ muss diese Regel zu erst mal ganz persönlich und verantwortet als Maxime für das eigene Entscheiden und Handeln festgelegt werden. Ist dies erfolgt, erfordert es immer noch die Fähigkeit, im Sinne einer sittlichen Güterabwägung der Regel folgend zu entscheiden und zu handeln, wohl wissend, dass die Entscheidungen so auch nicht immer unbedingt einfacher werden.

Auch „ethisches Handeln“ fördert so in der Regel das „bonum commune“. Ein wichtiges Ziel ethischen Handelns ist immer auch die Minimierung von Schaden.

Beispiele für Ethiken:

  • Glücks-Ethik (Eudämonismus)
    Die Glücks-Ethik hat ihre Wurzeln in der griechischen Philosophie. Ihr Ziel ist es, die Lust zu maximieren, dem Schmerz aber auszuweichen
  • Tugend-Ethiken
    Auch klassische Ethiken. Die Botschaft: Befolge bei Deinen Handlungen die gültigen Tugenden. Das erfordert dann natürlich eine „Theorie der Tugenden“.
  • Die Goldene Regel
    Sie gebietet die Regel „Behandle andere so, wie du von ihnen behandelt werden willst.“
  • Pflicht-Ethik
    Eine Pflichtethik gibt einfach vor, den Gesetzen (und Anweisungen der Vorgesetzten) unbedingt zu folgen
  • Gewissensethik
    „Folge Deinem Gewissen“
  • Das Prinzip des biophilen Handelns.
    Handle und entscheide Dich so, dass die Regeln, nach denen Du handelst oder entscheidest, Dir helfen, eigenes und fremdes personales Leben eher zu mehren als zu mindern!

Die Glücks-Ethik und die goldene Regel halte ich nicht für anwendbar. Nicht nur in der Praxis des Managements wird sie keine große Hilfe sein. Außerdem scheinen mir diese beiden Ethiken nur für das Zusammenleben von Menschen anwendbar. Heute besteht aber großer Konsens, dass Ethik weit über die Belange des Menschen hinaus geht.

Der Pflicht-Ethik misstraue ich grundsätzlich, zu viele Grausamkeiten und Verbrechen sind „nur der Pflicht folgend“ begangen worden.Und die Menschen haben dann versucht, ihre Greueltaten mit Pflicht-Ethik zu rechtfertigen.

Das „Folge Deinem Gewissen“ verstehe ich nicht, da Gewissen in der Regel immer erst nach der Entscheidung und Handlung wirkt. In der Phase der Entscheidungsfällung bzw. der Planung von Handlungen meldet sich da Gewissen jedoch nur selten, sondern erst danach und dann ist es zu spät. Zudem ist das Gewissen etwas sehr persönliches und es mag durchaus „pervertierte Gewissen“ geben, die sich sehr skurilen Moral folgen. Die Geschichte hat da genug Beispiele parat.

So versuche ich, dem Prinzip des biophilen Handelns zu folgen.

Ethik erscheint so als die bessere Moral. Doch ganz traue ich der Ethik auch nicht. Der Spagat zwischen Verantwortungs- und Gesinnungsethik ist nicht einfach. Und nicht zu oft entwickeln Ethiken dann eine ganz neue Oral.

So wünsche ich mir die personale Fähigkeit zur Autonomie mit der Kraft der selbständigen Urteilsfähigkeit. Gepaart mit Mut und Demut – und Zufriedenheit und Lebensfreude!

In den nächsten beiden Artikeln werde ich dann das Bild des „Neuen Managers“ und das „Biophilie-Prinzip“ diskutieren.

RMD

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