„Was ist eine Inflationsrate“ oder “ Alles wird gut“

D-MarkSchon vor ein paar Tagen habe ich folgenden (lesenswerten) Bericht über „Optimismus und das Wissen der Jugend“ in der SZ gefunden. Der „Teaser“ zum Artikel:

Soziale Marktwirtschaft? Kenn ich nicht. Inflation? Noch nie gehört! Eine Studie zeigt: Die Jugend weiß erschreckend wenig über die Wirtschaft – trotz Krise (O-Ton SZ).

🙂 Als Service für unsere jungen Leser und Beitrag zur Beseitigung der deutschen Bildungsmisere versuche ich an vier Beispielen zu erklären, was Inflation ist.

Beispiel 1: Zehn Deutsche Pfennig in meiner Kindheit

20PfenningWenn ich in den 50igern Jahre ein Zehnerl (so hieß die Münze) geschenkt bekommen habe, dann war das was. Ich konnte mir dafür in einer Bäckerei z.B. 2 Semmeln oder eine Breze plus Brausestäbchen kaufen.

Bäckereien waren damals noch kleine, überschaubare und vor allem einen köstlichen Duft aussendende Systeme, in die hinten Mehl hinein und vorne Brot und Semmeln und andere leckeren Sachen heraus kamen.

In München bei einem echten Bäcker kosten 2 Semmeln mittlerweile knapp einen EURO (rechnerisch entspricht das annähernd 20 Zehnerln).

Beispiel 2: Flaschenpfand und Fußball

FlascheIm Rosenaustadion zu Augsburg spielten einst der BCA (Ballspielclub Augsburg) und Schwaben Augsburg. Das war auch in den 50igern und damals gab es das Bier im Stadion noch in schweren Glasflaschen mit Drahtbügel und einem Schnappverschluss mit Porzellandeckel.

Das ging, weil damals kein Mensch auch im entferntesten daran gedacht, Bierflaschen auf das Spielfeld zu werfen, auch wenn die Wut auf den Schiedsrichter doch ziemlich groß war.

Nach dem Spiel gab es oft ein großes Gedränge in Richtung der Sonderbusse der Augsburger Stadtwerke. Und viele ließen die leeren Bierflaschen auf den Rängen zurück, weil sie es so eilig hatten.

Bei großen Spielen war das für uns ein großes Glück. Fleißig Bierflaschen geklaubt, dann an jedem Finger eine Flasche (dank des Flaschenbügels ging das) und ich war innerhalb von 5 Minuten um 2 DM reicher.

Zwei MünzenBeide Vereine spielten in der höchsten Deutschen Fußballliga, der Oberliga. Der Eintritt für Schüler kostete 50 Pfennige, das war damals sündteuer.

So blieben saldiert Deutsche Mark 1,50 für mich, das reichte für einen Schweinsbraten im Riegele.

Wie ich größer wurde, durfte ich dann auch Bier verkaufen. Endpreis war eine DM, enthalten das Pfand mit 20 Pfennig und 10 Pfennig für den Verkäufer.

Wenn ich jetzt nur wüsste, was die 0,4 Liter Bier in der Allianzarena kosten. Habe aber vor kurzem im Tal 4,50 EURO (9 Deutsche Mark ohne Trinkgeld) für ein Weißbier gezahlt.

Beispiel 3: Das Haus meines Schwiegervaters

Meinen Schwiegervater habe ich nie kennengelernt, den er starb Jahre bevor ich die Barbara kennen gelernt habe. Er muss aber ein sehr weiser (immerhin hat er unter anderem Karl Jaspers gelesen) und kluger Mann (Mathematiker) gewesen sein. Und er war Beamter, sehr vorsichtig und wollte seine Familie immer gut abgesichert haben.

Auch in den 50igern kaufte er in Stadtbergen eine schöne Doppelhaushälfte mit einem ganz ordentlichen Grundstück für ungefähr 25.000 DM. Das Eigenkapital war um die 20 % vorhanden, die restlichen 20.000 DM wurde über eine langfristige Hypothek finanziert.

Für die Tilgung schloss er eine Kapitalversicherung ab, die inklusive der erwarteten Erfolgsbeteiligung am Ende der Laufzeit fast die doppelte Summe des zu tilgenden Darlehens bringen sollte. Die Erwartung war, dass nach der Tilgung so richtig viel Geld übrig bleiben würde.

Als Darlehen und Lebensversicherung Anfang der 80iger fällig wurden, blieben nach Tilgung noch gut 12.000 Mark darüber. Natürlich war das dann kein so großer Betrag (kein halbes Reihenhaus) mehr, wie erwartet. Es reichte für einen Mittelklassewagen, der mittlerweile auch schon verschrottet ist.

Beispiel 4: Mein erstes Reihenhaus

Adam-Berg-Str.Barbara und ich wollten 1979 die „wilde Ehe“ beenden und eine Familie gründen. Mir war es wichtig, dass die zu erwartenden kleinen Racker sich auch so richtig austoben durften. Nach meiner Meinung war das nur in einer eigenen Immobilie mit reduzierter Nachbarschaft möglich.

Deshalb haben wir uns hoch verschuldet und kauften ein kleines, gebrauchtes Reihenhaus, in der Adam-Berg-Straße in München Altperlach/Ramersdorf, direkt hinter dem Gartencenter Seebauer.

Das kostete damals 285.000 DM, wir haben es dann ein paar Jahre später für knapp 400.000 verkauft. Vielleicht kann man es heute mit ein wenig Glück für 400.000 EURO kaufen? Glaube ich zwar nicht, es ist zwar klein, aber dafür ruhig und trotzdem verkehrsgünstig gelegen und hat vor und hinter dem Hause jeweils einen ganz netten Garten.

Von dem Geld haben wir uns dann in Trudering ein größeres Reiheneckhaus mit relativ viel Grund für knapp 500.000 DM für die größer werdende Familie gekauft. Dieses Haus war ein wenig heruntergekommen und wir mussten einiges investieren.

Das war so ungefähr 1985. Der Lohn war, dass wir es dann 1992 dafür fast 800.000 DM bekommen. Damit konnten wir dann einen Teil unseres Hauses in Riemerling  für die noch größer gewordene Familie finanzieren. In Riemerling leben wir heute noch. Bin schon gespannt, was das Haus bringen wird, wenn ich dann mal ausziehen werde, weil es uns zu groß wird.

Ist jetzt klar, was Inflation ist?

RMD

P.S.
Vom Doppelhaus in Stadtbergen kann ich leider kein Bild mehr machen. Es ist verkauft (für ordentlich viele EUROs) und dann abgerissen worden. Das Haus in Riemerling habe ich mittlerweile fotografiert (siehe oben) und das in Trudering fotografiere ich beim nächsten Radausflug in diese Richtung.

🙂 Und die erste DM ganz oben ist so alt wie ich.

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