Noch 18 mal Schlafen!
Für uns Eisenbahnkinder kam da der richtige Nikolaus. Im eleganten Bischofskostüm, nicht im trivialen Rot-Weiß. Dafür hatte er einen langen weißen Rauschebart. Mit seinem großen goldenen Stab klopfte er auf den Boden, um seine Worte zu unterstreichen. Und natürlich kam er mit Knecht Ruprecht. Der war ein gar grauslicher Geselle.
Alles fand in einem richtigen Theater statt, in der kleinen Kommode in Augsburg. Der Nikolaus sprach kluge Worte, dann las er uns die Leviten. Hui, war das aufregend.
Und jedes Kind bekam einen Geschenkbeutel. Vor allem mit Nüssen und ein paar Lebkuchen. Schokolade oder gar Schokolade-Nikolause gab es damals nicht. Für uns Kinder war das Geschenk das größte. Die Spannung und Freude auf Weihnachten stieg, es war kaum noch auszuhalten.
Wie ich später gelernt habe, war diese Veranstaltung eines der vielen Leistungsangebote vom Bundesbahn-Sozialwerk für Eisenbahn-Kinder. Eisenbahner waren eine verschworene und stolze Gemeinschaft. Sie hatten eine wichtige Aufgabe zu erfüllen, nämlich dass der Transport von Waren und Menschen in Deutschland funktionierte.
Und als Gegenleistung hatten sie einen besonderen Status: Es gab günstige Wohnungen exklusiv für sie, Freifahrtscheine, attraktive Angebote zur Weiterbildung, eine eigenen Mineralwasserabgabestelle und vieles mehr. Sogar Lebertrantabletten für die Monate mit einem „R“! Jeden Morgen mussten wir zwei Tabletten schlucken. Damit wir genug Vitamin C und D über den Winter hinüber bekamen.
Waren wirklich sozial, die 50iger Jahre. Brave old time.
oder auch
RMD