Das war der Titel meines Vortrag am 15. Juli 2010 an der TU München
Schwül war es am Donnerstag im Hörsaal 1100, als ich am späten Nachmittag um 17:30 zum Ende der Vorlesungsreihe „Innovative Unternehmer“ / Sommersemester 2010 – Führung von wachstumsorientierten Unternehmen – angetreten bin. Vermute mal, dass es im Raum wohl so um die 30 Grad hatte. Um so schöner war es für mich, dass sehr viele Zuhörer gekommen waren.
Die Veranstalterin hatte mir als Vortragsthema „Relevanz von IT in Unternehmen“ vorgeschlagen. So habe ich den Vortrag mit einem zwar schon ziemlich alten aber immer noch ganz treffenden Witz eingeleitet:
Wie ruiniert man ein Unternehmen?
Es gibt drei Antworten:
Mit Frauen – das ist am Anstrengendsten.
Mit Glücksspiel – das bringt den meisten Spaß.
Mit IT – das ist am Sichersten.
Nein, über den Sinn von IT im Unternehmen zu reden, das wäre ungefähr so wie über den Sinn von IT im Auto zu sprechen. Und da kommt bei mir nichts Gescheites raus.
🙂 Deshalb durfte ich über das Leben, das Wissen, die Informatik und die Ethik reden.
Hier die Meilensteine des Vortrages:
Gestartet bin ich mit einem Ausschnitt aus meinem eigenen Leben und habe von meinen ersten Jahren in der IT berichtet. Ich hatte das Glück in der Pionierzeit einer neuen Technologie dabei zu sein und durfte so sehr beeindruckende Lehrjahre erleben. Es war zwar nicht immer nur lustig, aber es herrschte eine ungeheure Dynamik, die große Möglichkeiten eröffnete.
Ergänzend habe ich ganzheitlich mein Leben berichtet und knapp das Auf und Ab meiner wie es mir scheint ziemlich erfüllten 60 Lebensjahre geschildert.
Dabei habe ich versucht zu vermitteln, in welcher privilegierten Situation wir – meine Zuhörer im Hörsaal wie ich selber – leben dürfen und wie groß der Abstand zu anderen Menschen der selben Zeit in anderen Regionen und Schichten aber auch im Vergleich zu anderen Epochen ist.
Und vermutet, dass meine Generation eine goldene Zeit erlebt hat. Leider haben wir dabei vergessen, an unsere Erben zu denken und so ziemlich alles getan, um diesen das Leben in Zukunft sehr schwer zu machen.
Als nächstes habe ich den Schritt zum Wissen gemacht. Was wissen wir eigentlich über das Leben und die Entstehung des Menschen? Kennen wir wirklich die Entwicklung des Menschen und unsere eigene Geschichte? Inwieweit verstehen wir die Evolution – und uns selber?
Den zweihundertsten Geburtstag von Darwin haben wir erst im letzten Jahr gefeiert. Das heißt, dass noch vor weit weniger als 150 Jahren die meisten Menschen „Kreativisten“ waren, für die jede Art von evolutionärer Entwicklung des Menschen völlig abwegig war. Evolution war als ketzerische Propaganda unerwünscht und verboten.
Aber auch Sprache (vielleicht 50.000 Jahre) und Schrift (vielleicht 15.000 Jahre) gibt es noch nicht sehr lange. Der Vorläufer des Menschen hat erst vor vielleicht 5 – 10 Millionen Jahren damit begonnen, sich auf den aufrechten Gang umzustellen. Und damit hat sich die Büchse der Pandora geöffnet, der Weg zum Mensch werden begonnen und die Vorstufe von Denken und Wissen erreicht. Und wenn man überlegt, wie lange die Evolution schon bis dahin gebraucht hat.
🙂 Das alles natürlich nur, wenn die Wissenschaft nicht irrt.
Der Zeitraum, in dem Menschen auch nur annähernd so gelebt haben, wie sie (wir) es heute für selbstverständlich halten, ist so verglichen extrem kurz. Relativ zur langen Entwicklung der Erde und des Lebens ist dieser Zeitraum nicht einmal mehr geringfügig, er geht im Grenzwert gegen Null. Dies darzulegen war mir ein persönliches Anliegen.
Dabei konnte ich auf die exzellenten Vorträge zur Evolution hinweisen, die an der TUM in 2009 von der Carl-von-Linde-Akademie (Prof. Dr. Mainzer) zum Jubiläum von Darwin organisiert worden sind.
Der nächste Abschnitt des Vortrags hat sich mit der technologischen Entwicklung der letzten 1000 bzw. 500 Jahre, der Neuzeit, der letzten 50 Jahren und ganz besonders des letzten Jahrzehnts beschäftigt. Auch hier war mein Anliegen, zu vermitteln, wie sich die Evolution zurzeit zu beschleunigen scheint.
Ich habe versucht, die von den Menschen entwickelten Technologien sinnvoll zu „clustern“. Kulturtechniken und Technologien habe ich abhängig davon sortiert, ob sie Information verarbeiten (die Informatik) oder ob sie der Realisierung von physikalischen Prozessen dienen.
Nach meiner Bewertung wird die Informatik in den nächsten Jahrzehnten ihre Dynamik weiter erhöhen, während die „physikalischen“ (alten) Technologien in ihrer Entwicklung im Sinne von „weiter, schneller, höher“ am Ende angelangt sein dürften.
Zynisch gesehen kann man sagen, dass es der Hauptzweck dieser Art von Technologie war, Öl und Kohle zu verbrennen und Rohstoffe zu verbrauchen. Jetzt stehen wir vor einem Scherbenhaufen, der nicht mehr repariert werden kann. Besonders nicht, wenn man auf technologisch-konservativem Denken und althergebrachten Lösungsstrategien beharrt.
Wahrscheinlich wurde durch den unreflektierten Einsatz der „alten Technologien“ sogar eine irreversible Situation geschaffen. Neues Denken und anderes Wirtschaften wird es bestenfalls schaffen, die Folgen abfedern zu können. In diesem Zusammenhang habe ich auf den großartigen Vortrag von Martin Lees (Generalsekretär des Club of Rome) im Januar 2010 an der TUM hingewiesen.
Eine gesellschaftliche Folge dieser auf Technologie basierenden wirtschaftlichen Entwicklung war das Entstehen großer Kapitalgesellschaften und Unternehmen Ende des 19. und im 20. Jahrhundert. Dies hat zu einer starken Konzentration von wirtschaftlicher Macht in anonymen Händen geführt und das Entstehen von global agierenden und die Welt beherrschenden Konzernen begünstigt. Das wiederum hat zum Verlust der Nachhaltigkeit geführt.
Im nächsten Schritt stellt sich die Frage: Was ist das überhaupt: ein Unternehmen, ob groß oder klein?
Ich habe Unternehmen als öko-soziale Systeme mit vielen Stakeholdern definiert. Als Systeme, die über eigene Kommunikationregeln, Rituale und Werte (basic value) verfügen. Die eine besondere Kultur entwickeln und sich an ihrer Externitäten-Bilanz messen lassen müssen. Und die von Innen von typisch systemischen Gefahren bedroht sind wie z.B. von einem System-Faschismus und von Außen durch Veränderung.
Klar, dass der nächste Meilenstein des Vortrages zu den Begriffen Führung und Ethik führte.
Was sind Entscheidungen? Welche Voraussetzungen müssen gegeben sein, um eine nachhaltige Entwicklung in Unternehmen zu erreichen? Wie können die Menschen im Unternehmen mithelfen, dass ihr Unternehmen eben nicht pervertiert und so Schaden für das Unternehmen selbst, seine Stakeholder und seine Umwelt vermieden wird? Hier versuchte ich ein paar einfache Anregungen zu geben.
Letztendlich kam ich zu dem Schluss, dass nur das Zusammenwirken von vielen freien und autonomen Menschen eine nachhaltige und dem Menschen gerechte Entwicklung von Unternehmen gewährleisten kann. Dies kann nur funktionieren, wenn Menschen bereit sind, sich kritisch und aufgeklärt ein eigenes und konsensfähiges Wertesystem aufzubauen und dies auch mutig anzuwenden. Und dafür ist wieder die Freiheit eine zwingende Voraussetzung.
Nur die gemeinsame von Vielen getragene Entwicklung von „neuen, gerechten und freiheitlichen“ sozialen Systemen wie Unternehmen und anderen Gemeinschaften und die dazu gehörende Umgestaltung unserer Gesellschaft kann helfen, die kommenden Probleme halbwegs in den Griff zu kriegen und die absehbaren großen Katastrophen der Zukunft abzulindern.
Das gilt im Kleinen wie im Großen, für die nachhaltige Entwicklung eines Unternehmens genauso wie für unsere globale menschliche Gemeinschaft.
Abgeschlossen habe ich den Vortrag mit einem Zitat von Friedrich Wilhelm Schelling:
Der ist beglückt,
der sein darf was er ist,
der Bahn und Ziel
mit eignem Auge misst.
Friedrich Wilhelm Schelling
Ein herzliches Dankeschön an alle Zuhörer für die große Aufmerksamkeit und die vielen Fragen!
RMD
P.S.
Hier die graphische Untermalung des Vortrages von Johannes Naumann:
P.S.1
Die TUM hat von meinem Vortrag ein Video aufgenommen. So bald ich es habe, versuche ich Ausschnitte davon auf Youtube zu veröffentlichen.
P.S.2
Die Bilder von der TU München habe ich aus dem zentralen Medienarchiv Wikimedia Commons eingebunden. Die Fotografen sind Rufus46 (Turm an der Gabelsbergerstraße, 29. Juli 2006), Benson.by (TUM Audimax, 7. Juli 2005 und Martinroell (Parablen, 22. März 2005).
2 Antworten
Ich kenn den Witz ja anders:
Mit Frauen – das ist am Schönsten.
Mit Glücksspiel – das geht am Schnellsten.
Mit IT – das ist am Sichersten.
😉
E2E
Auch schön! Aber in meinem Alter sind die Frauen halt sehr anstrengend 🙂