RMD Urlaubstagebuch 2008 #12 Unsere Nachbarn

Githio – 31. August

Der Zeltplatz wird leer. Es wird immer einsamer, sogar in der so begehrten ersten Reihe sind Plätze frei. Es sind nur noch ein paar Deutsche, Griechen, Italiener und Österreicher da. Wahrscheinlich sind die deutschsprachigen Gäste in der Mehrzahl.

Da gibt es den drahtigen Frührentner-Ingenieur mit weißem Haar, kein Gramm Speck am dunkel gebräunten Körper. Ein älteres Liebespaar feiert späten Honeymoon. Eine Mutter ist mit auch nicht mehr taufrischer Tochter unterwegs (beide haben fast gleich alte und auch ähnlich aussehende Lebensgefährten).

Eine Familie mit zwei kleinen Kindern wartet auf die nächste Fähre nach Kreta (zwei mal die Woche kommt sie von Athen und fährt in 6 Stunden von Githio weiter nach Kreta). Sogar eine echte Hippie-Familie aus Österreich mit drei Kindern verbringt ein paar Tage im echten Oldtimer-Camper mit entsprechenden Symbolen in unserer Nähe.

Wir erleben ganz ordentliche Menschen, die sich täglich rasieren und ihren Platz zweimal am Tage kehren und Lebenskünstler, die den ganzen Urlaub mit einer Badehose auskommen und vorzugsweise nur Salzwasser an ihre Haut lassen. Wir sehen Paare mit neuen, riesengroßen Luxus-Wohnwagen und motorisiertem Schlauchboot und andere mit einfachsten Zelten. An einem Wohnmobil läuft Tag und Nacht die Klimaanlage, ein anderer hat einen Zest mit Kennzeichen PAF dabei – ein Fun-Auto wohl aus Plastik – habe ich noch nie gesehen.

Irgendwie fallen die meisten Zelter auf unserem Platz aus dem Rahmen der Normalität. Vielleicht ist es aber auch nur die Maskerade des Urlaubs. Eine ganze Reihe hat Fahrräder hinten auf dem „Paulchen“ dabei. Man hat aber den Eindruck, dass sie nicht viel benutzt werden (außer zum Brötchen holen) und nur ein wenig mit dem Wohnmobil an die frische Lust ausgeführt werden.

Völlig vermissen wir Menschen aus dem ehemaligen Ostblock. Nach der Wende haben wir gerade in Griechenland viele Skodas oder Wartburgs mit Menschen aus Polen, Ungarn, der Tschechoslowakei und sogar Russland getroffen. Damals war das für uns der erste Kontakt mit Menschen jenseits des „eisernen Vorhangs. Wahrscheinlich machen die heute auch lieber in der „Domrep“ oder in Tunesien „all-inclusive“ Urlaub in einem Club-Ghetto.

Auf dem Campingplatz gibt es 2 Angestellte, die emsig von früh bis spät alle Einrichtungen pflegen. Einer davon spricht recht gut deutsch. Er kommt nicht aus Albanien (wie viele der Menschen, die die einfachen Dienstleistungen in Griechenland verrichten), sondern aus Djerba (Tunesien). Er ist seit einem halben Jahr hier, hat gut Deutsch sprechen auf dem Platz gelernt und verdient 25 EURO am Tag. Er ist ein wenig enttäuscht, angeblich wurde ihm Griechenland als das Land der goldenen Möglichkeiten beschrieben und hat sich mehr erwartet. Aber irgendwie passt ihm schon alles und er scheint ganz zufrieden.

Der Urlaub geht zu Ende, der Autor wird immer fauler – so wird auch das Tagebuch nicht mehr all zu viele Einträge erhalten. War ein Experiment, habe so etwas noch nie gemacht, aber alles macht man irgendwann mal zum ersten Mal.

Gestern am Samstag Abend war übrigens im nahen Lokal am Platz eine große griechische Hochzeit. Da ging es dann mit Feuerwerk und lauter Musik die ganze Nacht durch. Früher habe ich mich da über so etwas oft ziemlich geärgert. Aber auch das ist anders geworden. Habe die Nacht ohne Groll dem Lärm gelauscht. Finde ich eine gute Entwicklung.

RMD

P.S.

Heute am 2. September kamen ganz viele Neuankömmlinge aus München und Umgebung an. Wird doch nicht an meinem Blog liegen? 🙂

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