Dank Weihnachten sind die medialen Geräusche rund um die Rettung des Euros ein wenig leiser geworden. Die Presse ist aber immer noch voll von den Äußerungen unserer Politiker zum Eurostabilitätspakt und den verwandten Themen. Der EURO ist der legitime Nachfolger 2010/2011 der Vogel- und Schweinegrippe geworden.
Jetzt spricht man schon von dem Einstieg in eine gesamteuropäische Wirtschaftsunion.
Und wieder mal verstehe ich da manches nicht. Auch nicht, dass unsere Politiker mehr oder weniger einhellig wie ein Glaubensbekenntnis schwören, wir hätten ohne EURO wesentliche Nachteile und würden den „Kampf“ gegen Dollar (USA) und Yuan (China) verlieren.
Das ist doch auch nur so eine Annahme, die man hinterfragen muss.
Wer weiß denn wirklich, ob eine große europäische Währung für uns alle wirklich ein „Muss“ ist?
Es könnte doch sein, dass ein elastisches Netz von vielen kleinen europäischen Währungen im „Kampf“ gegen Dollar und Yuan viel effizienter wäre?
In den modernen Kriegen scheinen ja die großen Armeen der Supermächte auch keine Chance mehr gegen die flexible Taktik von Guerillas oder gar Terroristen zu haben.
Man könnte nationale (vielleicht sogar subnationale) Währungen flexibel in einem europäischen Rahmen hängen und so die Binnenprobleme der nationalen Volkswirtschaften in Europa sanft ausgleichen. Das würde auch der historischen Struktur Europas besser entsprechen.
Ein Europa als Nation gibt es nicht. Europa als Staat hat nun mal keine mehrere Tausend Jahre alte Geschichte wie das chinesische Reich. Auch mit der USA kann sich Europa nicht vergleichen. Die USA sind tatsächlich ein (wenn auch multi-rassischer und -kultureller) Nationalstaat, der sich als „God’s Own Country“ im Besitz der Weltwahrheit fühlt, den einzig richtigen „american way of life“ kennt und in dem die Stars and Stripes heilig sind.
Glücklicher Weise ist Europa da doch noch ein Stück weit weg. Deutschland hat übrigens auch keine langjährige Geschichte als zentralistischer Einheitsstaat. Vor gar nicht langer Zeit standen Preußen und Bayern sich an Fronten gegenüber und mancher von uns fühlt sich mit Weiß-Blau (nicht Blau-Weiß) auch heute noch wohler als mit Schwarz-Rot-Gold.
Nein, die Länder in Europa sind halt nicht nur wegen der Gesetzgebung, den wirtschaftlichen Gepflogenheiten und ihren Kulturen sehr unterschiedlich. Ich erlebe das am besten, wenn ich mit dem Fahrrad in Europa unterwegs bin. Und genieße diese Vielfalt als etwas Positives und Schönes.
So graut es mir vor der „Wirtschaftseinheit“ Europas, von der neuerdings auch unsere Kanzlerin spricht. Da muss ich dann an den COMECON denken. Und fürchte, dass es da Parallelen geben könnte.
So wünsche ich mir die Freiheit und Eigenverantwortung aller Ethnien in einem dezentralen Europa der Regionen, das sich selbst einen klaren Rahmen mit sittlich verantworteten Regeln gibt und sich dann auch daran hält. Und nicht versucht in Großmannssucht China und die USA zu kopieren.
RMD
P.S.
Die immer wieder eigenartigen Entwicklungen in diesem Europa wie jetzt der aktuelle Angriff der kommenden Ratspräsidentschaft Ungarn auf die Meinungsfreiheit und manche Aussagen der politischen Führer in prominenten europäischen Nachbarländern lassen mich ein zentralisiertes Europa fürchten.
Eine Antwort
Moin moin Roland,
dein Alptraum ist Realität.
Wirtschaftsgesetzgebung findet schon lange zentral auf EU-Ebene statt, den Nationalstaaten bleibt zwar die Wahl von Steuersatz (in einem Rahmen, den die EU vorschreibt)und die Möglichkeit, die Folgen der Wirtschaftspolitik sozialpolitisch zu kompensieren, aber weite Wirtschaftsbereiche werden überwiegend bis ausschließlich von der EU diktiert. Die wiederum legt ihre Kompetenz im Bereich Wirtschaft schon so weit aus, dass sie damit die Umstellung von Sommer- auf Winterzeit reglementiert.
Wenn deutsche Politiker Änderungen oder Maßnahmen vorschlagen (wie im Beispiel der Zeitumstellung die FPD), dann sind das oft nur noch Schattengefechte, die über die Kompetenzbeschneidung unserer Politiker hinwegtäuschen. Tatsächlich dürfte hier keine Regierung mehr etwas einzelstaatlich unternehmen.
Unsere Wirtschaftsverfassung ist auch keine deutsche Wirtschaftsverfassung mehr, sondern eine EU-Wirtschaftsverfassung. Der EG-Vertrag legte die Wirtschaftsordnung der EU fest als freie Marktwirtschaft, seit kurzem der EU-Vertrag als hochgradig wettbewerbsfähige soziale Marktwirtschaft.
Die Mitgliedsstaaten werden dagegen im Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union darauf festgelegt, eine freie Marktwirtschaft zu haben (keine soziale Marktwirtschaft!). Der EUV und der AEUV haben beide Verfassungsrang und stehen in der Rechtshierarchie über dem Grundgesetz. Der deutsche Gesetzgeber ist hier schon ein ganzes Stück weit entmachtet, der Bürger übergangen.
Die Union IST bereits ein zentralistischer, undemokratischer Zentralstaat, auch wenn Institutionen wie das Bundesverfassungsgericht diesen Zustand noch mit dem Begriff „Staatenverbund“ (eine Wortneuschöpfung, eigens um die EU nicht als Staat bezeichnen zu müssen, leider bisher ohne Definition.) kaschieren.