Wir sind Informatik.

Dieses Plakat in DIN A2 war einem Teil der Ausgabe des Informatik Spektrum Band 35 Heft 4 August 2012 der GI beigelegt. Habe es natürlich gleich an eine Metaplan-Tafel in meinem Zimmer gehängt und schaue jetzt Steve Jobs von meinem Schreibtisch Auge ins Auge. Und er zeigt immer ganz freundlich auf mich an meinem großen Apple Pro.

Für alle, die es nicht wissen: Die GI ist die Gesellschaft für Informatik e.V., ihr Slogan ist „Wir sind Informatik“ und das Informatik Spektrum das Organ dieser Gesellschaft und mit ihr assoziierter Organisationen.

Was die GI genau ist, weiß ich nicht. Ich verstehe sie als Verband der deutschen Informatiker. Ihr Zweck ist mir nicht schlüssig. Sie scheint mir kein Berufs- oder Interessenverband zu sein. Möchte gerne gesellschaftliche Relevanz entwickeln, macht aber keinen Lobbyismus. Fühlt sich wohl so mehr als ein akademischer Zirkel, der zu Themen der Informatik veröffentlicht und Veranstaltungen regional wie bundesweit durchführt.

Immerhin hat die GI die domain gi.de. Zweifelsfrei eine Leistung, zwei Buchstaben-Domänen waren vor kurzem nur sehr schwer zu bekommen.

Neben der GI gibt es in Deutschland noch das GChACM (German Chapter of the ACM). Das ist der Regionalverband des großen (amerikanischen) ACM (Association for Computing Machinery) mit dem Slogan Advancing Computing as Science & Profession. Das GChACM verfügt witzigerweise über die Domain informatik.org.

Das German Chapter hatte durch seine Satzung vorgegeben die Aufgabe, die Informatik mit Hilfe von Übersetzungen englischsprachiger Veröffentlichungen ins Deutsche zu fördern.

Dann gibt es noch die Bitkom – Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V. Die nennt sich selber „der Hightech-Verband“ und ist wohl der Interessensverband von Unternehmen der IKT-Industrie (IKT = Informations- und Kommunikationsveband). Vielleicht als Lobbyist für die Unternehmen der Informatik.

Ich weiß es nicht. Macht ja auch nichts, ich stehe ja Verbänden generell skeptisch gegenüber und bezweifele ja, ob solche Einrichtungen heute noch in der Lage sind, für ihre Mitglieder oder das Gemeinwohl einen wesentlichen Mehrwert zu erbringen.

Aber zurück zum Plakat:

Was bringt die GI dazu, mit einem Plakat mit der Überschrift „Wir sind Informatik“ Steve Jobs zu huldigen? Sicher war Steve Jobs eine relevante Persönlichkeit. Natürlich auch mit schwarzen Flecken.

Sein erstes Produkt war ein Gerät, mit dem man umsonst telefonieren konnte, weil es eine Signalton erzeugte, mit dem der mächtigen Telefongesellschaft Bell ein Dienstgespräch vorgaukelte und somit das Telefonieren zum Nulltarif ermöglichte. Also ein Gerät, dessen Anwendung zumindest kriminell war. Als Geschäftsmann war zumindest in der Zeit bei Pixar nicht gut Kirschen essen. Und wenn man seiner Biographie glauben will, waren seine ersten Beziehungen zu Frauen auch keine Ruhmestaten. Letzten Endes war Steve Jobs auch nur ein Mensch, dem man respektieren sollte und lieben oder hassen darf.

Aber war er ein Informatiker? Der zudem noch zu der stark akademischen GI mit ihrem versuchten gesellschaftlichem Bezug und Anspruch passt? Oder ist das Plakat nur elegant versteckte Werbung für einen Sponsor namens Apple?

Aber ich möchte der GI hier nicht Gram sein. Bin ich doch so richtig froh, dass die GI vor ein paar Jahrzehnten nicht die Zeichen der Zeit erkannt hat und auf die Welle der „Zertifizierung“ gesprungen ist. Dann nämlich hätten wir heute eine GI, der durch die Standardisierung und Normierung der vielen Techniken der IuK so richtig reich und mächtig geworden wäre.

🙂 In diesem Sinne mit einem fröhlichen und dreifachen „Wir sind Informatik„! Ist doch besser als wenn der Slogan wäre „Wir zertifizieren Informatik

RMD
(Translated by EG)

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