Manche Jahre meines Lebens habe ich gerne bei den bekannten und erfolgreichen „Motivations-Rednern“ gelauscht. Ich war begeistert, wie einfach sie die Welt beschreiben und erklären können und vor allem, wie überzeugend sie den Zuhörenden den Weg zum Erfolg weisen.
Ich war hingerissen von ihrer Art zu reden und ihrer Ausstrahlung. Diese Spitzenredner, die ich meine, sind Menschen, die förmlich von einer besonderen Aura umgeben zu sein scheinen. Sie strahlen ein selbstverständliches Charisma aus, das viele Menschen und auch mich in ihren Bann zieht.
Im Laufe der Jahre habe ich dann eine Reihe solcher Leute persönlich kennengelernt. Da habe auch erlebt, wie leicht sie sich tun, ihre Vision zu formulieren und dass es für sie selbst aber auch nicht immer so ganz einfach ist, diese für sich umzusetzen. Ab und zu sah es dann hinter der tollen Kulisse gar nicht so strahlend aus wie auf dem Podium. Weil etwas zu „gut zu lehren“ meistens einfacher ist als es selbst zu machen.
Vor kurzem habe ich den Key-Note-Speaker Carsten Rath entdeckt. Oder besser gesagt, ein Freund hat mich auf ihn aufmerksam gemacht. Weil er ein Interview gehört hat, das Carsten Rath dem Bayerischen Rundfunk gegeben hat. Und er war so begeistert war, dass er es mir gesendet hat.
Ich kenne Carsten Rath nicht persönlich, der Podcast vom BR mit ihm ist aber durchaus hörenswert:
Mein Freund hat gemeint, dass dieses Interview mit Carsten Rath ihm klar machen würde, was einen guten Manager von einem schlechten unterscheidet. Und dass er nur in Firmen arbeiten wolle, in denen so gelebt und gearbeitet werden würde, wie Carsten Rath das fordert.
Carsten Rath stellt im Interview tatsächlich viele Thesen zum Thema Führung und Management auf, denen kein vernünftiger Manager und Mensch ernsthaft widersprechen kann. Und er begründet dies alles sehr kompetent wie auch geschmeidig. Und unterstreicht das durch viele kleine Geschichten – stories wie man heute sagt. Es ist wirklich rundum überzeugend.
Ich würde seine Aussagen in meinen Worten so zusammen fassen:
- „Der Kunde muss immer im Mittelpunkt des Denken und Handelns stehen.“
- „Ohne absolute Leidenschaft im Job geht nichts.“
- „Es geht immer um alles, also muss man immer alles geben.“
Und dann zitiert er seine (die von ihm erfundenen) „4Ms“ als Abkürzung für den Satz:
- „Man muss Menschen mögen!“
Auch den „4Ms“ kann ich nur zustimmen. Genauso wie ich seine Aussage, dass die „zentrale Tugend von Führenden die Aufrichtigkeit sein muss“. Das passt, nur nenne ich das „Transparenz, Offenheit und Authentizität. Carsten Rath sagt aber auch sinngemäß, dass
- „in der Wiederholung die Vertiefung ist“ und „echte Spitzenleistung in der Regel viel pain bedeutet“.
Das erste würde ich einfacher ausdrücken: „Übung macht den Meister!“
Beim zweiten bin ich nicht so sicher. Ich verstehe die Aussage, weil Herr Rath aus dem Hotelfach kommt. Nur sind für mich „Altersheime“ zum Beispiel auch so eine Art von Hotel. Und da ist mir viel wichtiger, dass alle Menschen im Betrieb die Verantwortung für die älteren Menschen bewusst gemeinsam tragen und teilen. Die „pain“ würde ich immer auf das notwendige Maß reduzieren wollen.
Um meine Gedanken zu unterstreichen habe ich noch ein zweites Beispiel aus dem Kreise der berühmten „Management-Speaker“ gesucht. Auf der DOAG-Konferenz in Nürnberg in 2013 habe ich den großartigen Peter Kreuz gehört und dann am Redner-Tisch kennen gelernt (ich bin ja auch immer wieder als Speaker unterwegs 😉 ).
Sein Auftritt war perfekt. Wir haben uns menschlich sehr gut verstanden. „Man“ (Frau und Mann) konnte nur mit dem Kopf nicken. Alles war Klasse, alles stimmte. In allen Punkten hat er überzeugt. Als einzige und sehr zurückhaltende Kritik habe ich gehört, dass die Show vielleicht ein klein wenig zu perfekt gewesen wäre. Gemeinsam mit seiner Frau ist er offensichtlich das perfekte Paar und Unternehmen.
Die beiden genannte Speaker und ein paar mehr mir bekannte spielen sozusagen in einer „anderen Liga“. Nur, so sehr ich ihnen ihre hohen Honorare und den regelmäßigen schönen und großen Applaus gönne, so habe ich irgendwie gelernt, dass gute Führung noch einiges mehr ist. Und ich bin gar nicht in der Lage, dies auszudrücken.
Ich versuche es mal:
Es sind die vielen täglichen Kleinigkeiten, die einen Menschen zur „Führungskraft“ machen könnten. Der überwiegend konstruktive Geist, eine gerade Haltung, die gelebte Menschenfreundlichkeit und die Fähigkeit zu helfen, dass das eigene und das Leben der anderen eine Chance hat, sich in vielen Dimensionen zu entfalten. Wenn man es schafft, die Menschen, denen man begegnet, nicht zu reduzieren sondern sie größer zu machen, dann ist man vielleicht eine gute „Führungskraft“. Ein Ergebnis guter Führung könnte sein, dass die Menschen, denen man begegnet, sich nach dem Treffen besser fühlen als vorher und dies auch merken und fühlen.
Und die schönen Thesen, die unsere Spitzenspeaker so begeistern vermitteln, könnten eigentlich nur die selbstverständlichen Basis-Voraussetzungen für ein gutes Unternehmensklima. Aber keine Frage – auch die sind so wahnsinnig wichtig.
Aber trotzdem, auch wenn ein „Führender“ das alles weiß und kann, wenn er seinen Job noch so gut meint und genauso gut macht, wird es ab und zu mal schief gehen. Einfach, weil der „Führende“ genauso nur ein Mensch ist wie alle anderen. Sei es durch eigene Fehler oder weil durch seltsame Entwicklungen plötzlich Dinge passieren , die man einfach nicht einfangen kann und wohl auch voraussehen konnte. Eben auch, weil wir alle nur Menschen sind.
Und davor schützen auch die teuersten und besten Management-Seminare und -Vorträge nur sehr beschränkt.
RMD
Eine Antwort
Wohl wahr, lieber Roland. Führen lernen ist nicht einfach durch einen hinreißenden Auftritt vermittelbar. Die Rezepte der Vortragenden sind nicht neu, sie werden nur immer wieder mit neuen Gleichnissen von den Motivationsheinis angepeppt. Diese Schauspieler und Slbstvermarkter haben ein Redetalent und pfiffige Ausführungen. Hast Du schon einmal einen wirklich erfolgreichen Manager, der Unternehmen führte, als hinreißenden Motivationsredner erlebt?
Bei der letzten Tagung eines europäischen Veebandes, dem ich angehöre, wurde so ein Motivationsredner präsentiert. Ich bin nach zwanzig Minuten raus, es ist immer dasselbe immer wieder neu verpackt.