Auf dem Weg ins Theater mit der Straßenbahn vom Ostbahnhof zu den Kammerspielen voller Vorfreude auf Josef Bierbichler im „Das letzte Band“ von Samuel Beckett (ein Gastspiel der Schaubühne am Lehniner Platz Berlin) am Dienstag, den 26. Mai 2009, ca 18:45. Ich fahre mit der Straßenbahn, weil ein grauenvolles Gewitter stattfindet und dann das Umsteigen in die Straßenbahn am Ostbahnhof im Sinne des „Trocken Bleibens“ die beste Alternative ist.
Unter dem Dach der kleinen Haltestelle stehen neben mir zwei typische YTE (Young Tough Executive), beide sehen nach DINK (Double Income No Kids) aus. Sie unterhalten sich sehr dynamisch (will heißen lautstark). Ich werde zum zugegebener Weise nicht ganz unfreiwilligen Lauscher.
Der eine berichtet von seiner großartigen Aufgabe in einem großen Unternehmen und die ihm übertragene Personalverantwortung. Der andere hört ergriffen zu und pflichtet gelegentlich bei.
Jährlich muss er mit jedem seiner Mitarbeiter ein Zielerreichungsgespräch durchführen. Und er hätte ziemlich viele Mitarbeiter. Nicht zu letzt wird der Mitarbeiter in diesem Gespräch kategorisiert. Es gibt wohl 4 Kategorien, die ich sinngemäß so verstanden habe.
A – Überdurchschnittlich – zu höherem befähigt – schnell auf die Karrierre-Leiter
B – Überdurchschnittlich – muss aber noch eine gewisse Zeit warten – bis er „reif für Höheres“ ist
C – Passt schon – bringt vernünftige Leistung – für Karriere aber nicht tauglich.
D – Underperformaner – möglichst schnell trennen.
So höre ich ergriffen zu. Alles ist natürlich bestens überlegt und in klare Prozesse eingebettet.
Mir kommt das Grauen. Können sich große Unternehmen wirklich nicht anders bei der „Mitarbeiterentwicklung“ behelfen? Ist das wirklich „Development of human resources“ auf höchstem Niveau?
Ich misstraue Zielerreichungssystemen. Wie geht das z.B. bei einem Programmierer? Welche Kriterien nehme ich für das allgegenwärtige „Benchmarking“?
Sollte man seine Mitarbeiter wirklich so kategorisieren? Klingt das nicht arg als Mittel zum Zweck?
Kann man „Leistung“ (was für ein Wort) wirklich so einfach messen. Wird da das Menschenbild nicht zum Maschinenbild.
Die Inszenierung des Beckett-Stücks war übrigens großartig – und hat irgendwie zu dem Mitgehörtem gepasst.
RMD
2 Antworten
I was mainly the object rather than the subject in such evaluations. But I find it too simple to criticize like this. How else should performance be evaluated? It is nice if each person’s boss has enough close contact that he can judge performance accurately without setting targets. But in a large organization, this can lead to very deep hierarchies, making it hard for top bosses to know what is happening. Targets can be useful for steering work in the right direction. For instance, should QA try to get the product to work, or to find all the bugs? Of course they should be set intelligently; not e.g. defined by a top boss without feedback from below. People sometimes feel helpless in large organizations, but I do not think they are generally worse employers.
One may think it wrong to get rid of underperformers. They need jobs somewhere. But consider the guy who works badly for years getting poor pay increases. He may not realize this, particularly in Germany where there is excessive secrecy about pay. When he does realize it, he may wish he had gone for a different job much earlier.
I had such evaluation talks only very late in my career. My reaction was: „With my good work, my top education, and my intelligence, why am I not doing something more important“? My boss could not find an answer. Probably something went wrong earlier when I was being judged less systematically.
Ich beobachte, dass Mitarbeiter, die solchen Systemen ausgesetzt sind, irgendwann „ADe“ sagen, innerlich kündigen und zu dem werden, was ihrer modernen Bezeichnung entspricht: „just a human resource“.
Eine nähere Analyse solcher Systeme zeigt dann auch oft, dass das generelle Personalmanagement in der Firma bestenfalls mit „D“ zu bewerten ist.