Im nächsten Jahr werde ich 69 Jahre alt. Und gehöre somit schon länger zu den „Alten weißen Männern“.
„Alter weißer Mann“, das ist so gar nicht mein Ideal. Das möchte ich nicht sein. Was lass ich besser sein, wenn ich kein „alter weißer Mann“ sein will?
Aber was ist das, ein „alter weißer Mann“? Geschichtlich betrachtet gibt es diese „alten weißen Männer“ schon lange. Und immer haben sie Unheil über ihren Mikrokosmos und/oder die ganze Welt gebracht.
Die preußischen Kaiser zähle ich genauso zu diesen „alten weißen Männern“ wie die Generäle der heldenhaften Armeen. Oder die Oberen der katholischen Kirche.
Prominente Vertreter aus der Neuzeit sind für mich der deutsche „Nationalheld“ Konrad Adenauer oder ganz aktuell Donald Trump, der „America First“ Präsident unseres liebsten Verbündesten, der USA, uns auch als „God’s own Country“ bekannt.
Auch in der deutschen und bayerischen Politik finden sich eine Reihe von solchen Exemplaren, unter denen die meisten von uns leiden. Wer das sein könnte, darf sich ein jeder selbst überlegen.
Sogar der „liebe Gott“ wurde mir katholisch erzogenem Menschentier als alter weisser Mann präsentiert. Was auch nicht wundert, wenn man die (von Menschen gemachten) „heiligen Schriften“ besonders der monotheistischen Religionen (Christentum, Islam, Judentum) liest. Der Inhalt passt gut zum „alten weißen Mann“ als göttliche Inkarnation.
Ich versuche mal zu definiere, was einen „alten weißen Mann“ so ausmacht. Was sind die drei herausstechenden gemeinsamen Merkmale der Kategorie „alte weiße Männer“?
„Alte weiße Männer“ haben drei Kerneigenschaften:
- Alte weiße Männer haben Angst!
Obwohl sie es geschafft haben und eigentlich sorgenfrei leben könnten, sind sie besonders von Angst getrieben. Ihre Ängste finden im Kopf statt. Die Ursachen der Ängste wechseln im Laufe der Zeit, kommen aber immer wieder. Zum Beispiel sind mal die bösen Russen die Feinde, dann die Migranten, und dann wieder die bösen Russen. Und so weiter.
Wegen ihrer Ängste können sie nicht aufhören und nicht von der Macht los lassen. - Alte weiße Männer beurteilen und verurteilen.
Denn sie wissen alles. Begegnen sie anderen Menschen, dann wissen sie sofort, ob die etwas taugen oder nicht (meistens taugen sie nichts). Sich wissen auch, warum das so ist. Aussagen und Handlungen anderer Menschen werden ohne langes Nachdenken beurteilt und verurteilt.
Sie selbst wissen, was richtig und falsch ist. Und meinen deshalb, sie müssten dafür sorgen, dass auch die Anderen die Dinge richtig gemachen. Natürlich in ihrem Sinn.
Gedankenlosigkeit ist ihnen näher denn Achtsamkeit. Erfahrungen werden von ihnen selektiv genutzt um ihre Vorurteile zu bestätigen, Widerlegungen ignoriert. - Alte weiße Männer sind Zyniker.
Früher habe ich mal den Satz gelernt „Zynismus ist die Emotionalität der Intellektuellen“. Ich meine, dass dieser Satz immer noch stimmt. Allerdings hat sich die Bedeutung gedreht. „Alte weiße Männer“ haben oft ihre Emotionen verloren. Sie meinen, dass sie dies mit Zynismus kompensieren können. Was natürlich nicht gelingen kann. Denn Zynismus ist das Gegenteil von emotionaler Emphatie.
Jetzt könnten Sie einwenden, dass ich die Eigenschaft „männlich“ vergessen habe. Da widerspreche ich, entdecke ich doch immer mehr Frauen, die wie „alte weiße Männer“ denken und handeln. Abgesehen davon, dass männlich bei „altem weißen Mann“ nach einer Tautologie klingt und eher ein Pleonasmus wäre. Und somit als Definitionskriterium nicht taugt.
RMD
P.S.
Beim Otto Scharmer (Theorie U) habe ich nachgelesen, dass die drei schlimmsten Barrieren für Selbstfindung „permanentes Beurteilen, Zynismus und Angst“ sind. Das passt doch gut zum „alten weißen Mann“.
Eine Antwort
Lieber Roland in Deiner Charakterisierung des Zustandes ‚alt‘ ist das ‚weiß‘ überflüssig. Was Du anführst trifft generell oft auf alte Menschen zu – auch auf Frauen! Der
‚weiße Mann‘ ist eigentlich eine unnötige Provokation…