Die Kohle muss stimmen!
oder
Jeder verdient mehr als er verdient.
Mancher Angestellter glaubt, dass er eigentlich mehr verdienen müsste. Sein Chef meint dagegen, dass er zu viel verdient. Beide Standpunkte sind gleichzeitig gut begründbar. Bei Gehalt und Einkommen gibt es keine Wahrheit.
Gerechte Gehälter sind nicht möglich, Leistungsgerechtigkeit bleibt eine Utopie.
Wieso verdient eine hart arbeitende Putzfrau weniger als der strahlende Manager?
Auch das Kriterium der durch einen Menschen erbrachten Wertschöpfung ist nicht einfach anzuwenden. Die blitzsaubere Toilette ist eineindeutig das direkte Resultat der Arbeit der Putzfrau.
Der Vorstand als Gallionsfigur!
Beim Vorstand ist das schwieriger. Welchen Anteil hat der oberste Manager wirklich an der glänzenden Bilanz seines Unternehmens? Wie sehr profitiert er von der vorhandenen Aufstellung des Unternehmens und der aktuellen Lage am Markt?
Was kann ein Vorstand ein Unternehmen in seiner Amtszeit wirklich gestalten. Wann können Veränderungen überhaupt erst wirken. Ist er vielleicht oft nur das Gesicht und der Repräsentant des Unternehmens. Rechtfertigt das eine exorbitante Entlohnung, gerechnet an einem Erfolg, der viele Väter, auch den Zufall, hat?
Vorstand und Putzfrau sind die extremen Beispiele.
Bei den „normalen“ Gehältern ist das Finden einer „gerechten Entlohnung“ auch alles andere als einfach. Dabei ist die gelungene Gehaltsfindung immer eine wichtige Voraussetzung für die Zufriedenheit von Menschen in ihrem Job.
Die Personalabteilungen von Großunternehmen versuchen mit ausgeklügelten Beurteilungsverfahren und filigransten Methoden zum Messen und Bewerten von Leistung Gerechtigkeit zu schaffen. Sie entwerfen kunstvolle Zielvereinbarungen und arbeiten Leitfäden für Zielereichungsgespräche aus. Oft müssen die Führungskräfte das sehr klug vermitteln, sonst geht das in der Praxis ziemlich daneben.
Eine kluge Entlohnung sollte auch einen Anteil Bedürfnisgerechtigkeit enthalten. Und schon stellen sich wieder neue Fragen.
Viele Menschen arbeiten nur fürs Geld.
Es gibt Menschen, die „verkaufen“ die Leistung ihrer Gehirne und Hände. Das Gehalt ist Entschädigung für abgegebene Zeit und verlorene Autonomie, es wird zum Schmerzensgeld für erduldete heteronome Steuerung.
Montag bis Freitag wird malocht, am Wochenende gelebt.
Geld wird zum extrinsischen Motivationsmittel. Das widerspricht einem aufgeklärten Menschenbild. Wir verbringen viel Zeit unseres Lebens bei der Arbeit. Deshalb ist es wichtig, dass unsere Arbeit eine Sinngebung hat und ein Spaß-Anteil dabei ist. Und dass wir unsere Kraft wesentlich auch aus intrinsischer Motivation gewinnen können!
RMD
P.S
Deshalb stellen wir bei InterFace auch gerne Menschen ein, die nicht so ganz stromlinienförmig sind.
3 Antworten
Gut gebrüllt, Löwe Roland. Du hast mit diesem Post das Wesen des Blogs auf den Punkt gebracht. Als Kampfpostille gegen das „täglich grüßt das Murmeltier“ im Job. Gegen das Ritual der Routine, das einerseits so großen Halt gibt, andererseits zur partiellen Vollidiotie führt. Lasst uns alle, die wir diesen Blog mögen, dagegen anschreiben. Gut gelaunt und vollbeseelt.
Ein Tip zum Aufwärmen: die Seele sitzt in einer besoffenen Leber.
Die Entlohnung als extrinsische Motivation mag nicht schön sein und die Freude an der Arbeit zu ruinieren (wobei es doch eher anders herum sein wird, erst fehlt die Freude), aber sie ist doch ganz wesentlich. Die Theorie, dass die Entlohnung für Angestellte nur ein Hygiene-Faktor (im Gegensatz zum Jubel-Faktor) sei, wird aus ideologischen Gründen aufrecht erhalten, obwohl sie kaum haltbar ist.
Um Lohngerechtigkeit zu schaffen wurde der Begriff Marktgerechtigkeit geschöpft. An dem Kriterium können Löhne per Kreisdefinition für gerecht erklärt werden.
Davon abgesehen sind die Gerechtigkeitskriterien für Löhne aber wohl tatsächlich nicht erfüllbar und schon gar nicht vereinbar.
Enno hat Recht. Natürlich ist angemessene Entlohnung wesentlich, sonst wird der Prozess ja zur Ausbeutung. Ohne „Moos nichts los“, und natürlich muss die „Kohle stimmen“.