Unterwegs in dieser Welt.

Wir schreiben den 3. November. Ich gehe raus. Muss mal an die frische Luft. Eine düstere Welt. Die Tage sind kurz, die Nächte lang. Das Wetter fühlt sich nass an und eine klamme Kälte umarmt mich. Schlimm genug! Aber dann passiert mir der GAU. Zurück in der warmen Stube verirre ich mich auf die Website der Bundeskanzlerin.

Als moderne Digitalisiererin legt sie ihren Kalender offen. Gestern und vorgestern war sie auf Einladung des indischen Premierministers Narendra Modi in Neu-Delhi. Da hat sie in Deutsch-Indischen Regierungskonsultationen die strategische Partnerschaft sowie die bilaterale Zusammenarbeit in den Bereichen Digitalisierung, Wirtschafts- und Handelsfragen sowie Entwicklung und Nachhaltigkeit vertieft.

Da freuen wir uns doch alle!

Zurück von Indien war sie auch heute fleißig. Kanzlerin Merkel hat gleich mal ein paar warme Worte an den langjährigen Präsidenten der Europäischen Zentralbank Draghi zur Verabschiedung aus seinem Amt gerichtet: „Die Europäische Zentralbank (EZB) hat während deiner Präsidentschaft einen entscheidenden Beitrag zur Stabilität dieses Euroraums geleistet.“

Draghi – wir danken dir!

Dann war Kanzlerin Merkel beim Festakt zum Jubiläum des DGB. Der feiert nämlich 70-jähiges Bestehen. „Seit jeher setzt sich der Deutsche Gewerkschaftsbund für soziale Gerechtigkeit und bessere Arbeits- und Lebensbedingungen ein“.

Und sie hat sich wahrscheinlich klammheimlich gefreut, dass dieser Bund so einen schönen Nagel am Sarg der SPD abgibt. Wahrscheinlich aber auch für Themen wie #newwork und kreative Arbeitsformen.

Da fällt mir ein, dass vor ein paar Tagen der Digitalgipfel war (da wo der Dicke von der Bühne gestürzt ist und dann nicht mit nach Indien fahren konnte). Früher war ich da öfters eingeladen (beim Digitalgipfel) und habe mich immer gewundert, was da die Damen und Herren zur Digitalisierung sagen. Und gelangweilt.

Da werde ich neugierig. Wo ist die Seite Kanzlerin bei Digitalgipfel? Und werde auch schnell fündig: Hier ist sie!

Schon die Überschrift erfreut mich:

Datensouveränität ist höchstes Gebot!

Endlich wissen wir, was die BRD am dringendsten braucht!

Dann lese ich:
„Bundeskanzlerin Angela Merkel appellierte beim diesjährigen Digitalgipfel, dass all unsere Werte auch in der digitalen Welt Gültigkeit haben müssen. Sie betonte vor allem die Arbeitswelt, Gesundheit und Ethik. „Die Humanität unserer Gesellschaft muss auch in der digitalen Welt selbstverständlich bleiben“, sagte die Kanzlerin in Dortmund.“

Da wird es mir doch gleich warm ums Herz. Oft habe ich den Eindruck, dass die Humanität in der realen Gesellschaft stört und dort vom Aussterben bedroht ist. Na vielleicht überlebt sie ja in der digitalen Welt. Dann könnten wir uns auch in diese zurückziehen, wenn es in der realen zu schlimm wird. Nur was ist das, die digitale Welt? So etwas wie der christliche Himmel? Gibt es neben dem C-Himmel auch noch einen e-Himmel? Was machen wir mit der Humanität, wenn es die beide nicht gibt.

Wir kriegen auch ein großes Versprechen:
Keine Angst Bürger – jetzt kommt das Projekt Gaia-X! Das ist eine vernetzte Dateninfrastruktur, also eine sogenannte Daten-Cloud, auf europäischer Ebene. Als Basis für Smart-City-Datenplattformen als Infrastrukturen für vernetzte Städte und Regionen.

Da atme ich auf, jetzt wird doch alles gut. Wir kriegen smarte Citys und vernetzte Regionen. Zwar stehe ich mit dem Begriff „smart“ auf Kriegsfuß. Und die schöne Metapha GAIA für eine simple Cloud zu missbrauchen, finde ich auch nicht angemessen. Aber man darf halt nicht zu kritisch sein.

Aber folgender guter Rat für uns digitale Konsumenten hilft uns auch in der smarter City in vernetzter Region:

Merkel warnte davor, sich bei der Speicherung und dem Austausch solch sensibler Informationen in die Abhängigkeit der großen Konzerne zu begeben!

Was für ein toller Satz. Da lerne ich dazu und warne Euch alle:
Begebt Euch beim Besorgen Eurer Lebensmittel nicht in die Abhängigkeit der großen Konzerne! Also kein Nestlé oder Mars, kein Aldi oder Rewe mehr!

Nach der Lektüre der Website unserer Kanzlerin bin ich richtig froh, dass die meisten Inder und Chinesen kein Deutsch können. Wenn die das lesen würden. Dann würden sie vom digitalen Deutschen nichts mehr halten. Haben sie doch schon vor einem Jahrzehnt bei meinen Aufenthalten in Neudehli und Mumbai mir in typisch indischer Arroganz erklärt, aus was für einem rückständigen Land ich kommen würde.

RMD

P.S.
Für Nichtwissende:
Der Digitalgipfel der Bundesregierung ist die zentrale Plattform für die Zusammenarbeit von Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft bei der Gestaltung des digitalen Wandels. 2019 steht er unter dem Motto „PlattFORM DIE Zukunft“ und will Impulse bei der Entwicklung und Anwendung digitaler Plattformen setzen. Dabei sind ausdrücklich auch noch kleine Projekte und Start-ups gemeint.

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