Eine (mehrschichtige) Parabel.
In Australien habe ich Strände erlebt, an denen durften wir ohne Schutzanzug nicht ins Wasser gehen. Weil das Meerwasser von Quallen beherrscht wird. Die Quallen heißen dort jellyfish, was ich sehr viel aussagekräftiger finde als Qualle. Weitere deutsche Begriffe in diesem Umfeld sind Würfelqualle, Seewespe & Irukandji.
Würfelqualle heißt die Art. Nur die wenigsten davon sind giftig. Die Seewespe ist die größte Würfelquallenart und eine der giftigsten Arten, die an den Stränden im Norden Australiens vorkommt. Die Irukandji ist eine kleinere Art, auch sehr schmerzhaft und gefährlich.
Die Seewespe sieht wunderschön aus. Das weiß ich, weil es in Neu-Guinea einen großen Teich gibt, da kommen die Seewespen in unvorstellbarer Dichte vor. Der Teich wurde bei einem Vulkanausbruch vom Meer abgetrennt. Über Hunderte von Jahren haben die Seewespen sich in ihrer neuen Umgebung vermehrt. Sie hatten in diesem Teich beste Bedingungen – beliebig viel Nahrung und keine natürlichen Feinde.
Was haben sie in der neuen Umgebung gemacht? Klar, sich gnadenlos vermehrt. Sie haben aber auch ihre Gefährlichkeit verloren. Denn die Bildung der extrem toxischen Gifte ist aufwändig. Und wenn man eh keine Feinde mehr hat, dann ist das ein unnützer Aufwand. Den stellt man sinnvoller Weise ein. So macht das die Evolution.
Dabei sind diese schönen Wesen enorm verletzbar. Das ist in dem Teich ein Problem. Weil die Gattung der Touristen meint, dass das zum Tragen einer Taucherbrille auch das Tragen von Flossen erfordert. Deshalb stehen an dem Teich große Schilder, die das Tragen von Flossen untersagen. Weil die Flossen für die Tiere eine große Gefahr sind, schon so mancher Flossenträger hat beim Schwimmen im Teich ein Massaker unter den Tieren angerichtet.
Im bin auch im Teich geschwommen und habe versucht, meine Beinbewegungen einzuschränken, denn ich hatte Sorge, dass allein schon die Nägel meiner großen Zehen die zarten Tiere gefährden könnten. Und die Schönheit der Tiere und das Leben im Teich hat mich überwältigt.
Die gefährlichen Seewespen an den australischen Nordstränden sind völlig identisch zu den Seewespen in dem beschriebenen Weiher. Also auch genauso verletzlich. Der einzige Unterschied ist die extreme Giftigkeit. Im Wikipedia-Artikel habe ich gelesen, dass sie über eines der wirksamsten Gifte der Welt verfügen.
Jetzt gehe ich davon aus, dass dieser Mechanismus nicht das indiviuelle Tier schützt. Bei der Kollision mit dem Schwimmer stirbt es. Aber es schützt mit seinem Tod das Kollektiv, weil so die Nahrungs- und sonstigen Feinde lernen, dass die Tiere gefährlich sind.
Das scheint mir ein Sonderfall der allgemeinen Regel. Lebewesen sterben, damit andere leben können. So auch bei uns Menschen.
RMD