Am 20. August war ich voller Urlaubsvorfreude.
Mit dem Herzen war ich schon in den Bergen Manis auf dem Peoloponnes in Griechenland. Als ein junger Freund (Florian Sesser), der mir bei Software- und sonstigen digitalen Themen ein sehr wertvoller Ansprechpartner ist, einen Link gesendet hat. Ganz kurz hat er dazu geschrieben:
„Dieser Kommentar von fefe könnte Dir gefallen, falls Du ihn noch nicht gesehen hast!“
https://www.heise.de/meinung/Kommentar-Digitale-Souveraenitaet-zum-Schnaeppchenpreis-von-Europa-und-Mozilla-4874038.html
Es ging um die digitale Zukunft von Europa. Die für Griechenland genauso schwierig ist und wichtig wäre wie für Deutschland.
Ich konnte es gar nicht glauben!
Florian hatte mir einen Link gesendet, unter dem ich bei heise online einen Artikel von fefe fand. fefe heißt mit vollem Namen Felix von Leitner und ist ein wichtiger Informatiker und der Betreiber des gleichnamigen Blogs. Ich kenne keinen deutschen Blogger, der jeden Monat so viele Millionen Klicks wie fefe hat.
Es ist ein Blog, den ich auch regelmäßig lese und weiter empfehle. Weil fefe die Dinge mit großer Schärfe seziert und auf den Punkt bringt. Zwar lebt fefe nach meinem Geschmack schon sehr stark von den vielen schlechten Nachrichten, die wir auf der Welt zurzeit haben. So bezeichne ich ihn so gerne als Bild-Zeitung für Nerds.
Aber warum nicht? Ich meine, dass das jeder so machen darf und soll, wie er es für richtig hält. Fefe ist für mich so trotzdem der Großmeister der Digital-Blogger. Sein Blog gilt als Watchblog, der die Finger – nicht nur – in die digitalen Wunden unserer Gesellschaft legt. Er wird von vielen Sympathisanten unterstützt, die ihm ihre Fundstücke aus dem Netz zu senden. So hat er immer genug Material, das er provokativ und zynisch hinterfragen kann. Und das ergibt eine ideale Urlaubslektüre.
Mich hat es umgehaun!
Dieser Fefe, der so vom Destruktiven lebt, schreibt für heise online einen richtig konstruktiven Artike! Unvorstellbar! Und er weist mit diesem Artikel einen Weg, wie Europa versuchen könnte, sich vor dem digitalem Absturz zu retten. Obwohl es schon so tief im Strudel steckt.
Als drei wesentlichen Aussagen habe ich mir gemerkt:
- Europa darf nicht nur Digitalisierung fordern, sondern muss auch handeln.
- Wenn man digital nicht abgehängt werden will, dann muss Europa gewisse Schlüsseltechnologien bei Software und Hardware in beherrschen.
- Da wäre die Gelegenheit zurzeit sehr gut, da es gerade Schnäppchen gibt, die man kaufen könnte (siehe Mozilla, ARM). Man müsse jetzt handeln! Und ein wenig Geld in die Hand nehmen.
Unter dem Strich enthielt dieser Artikel von fefe die erste konkrete und sinnvolle Idee, von der ich hörte, wie man Europa digital wieder auf die Beine helfen könnte.
Ich dachte mir
Heise ist ein starkes Medien. Und fefe sollte doch bekannt sein. Soviel Leser wie der hat. So wird der Artikel ernst genommen. Und vielleicht passiert jetzt endlich etwas. Für Corona gibt es ja auch unendlich viel Geld!
Aber denkste:
fefes Artikel ist untergegangen
Ich hatte gehofft, dass ein Altmaier oder ein Anderer der vielen Politiker, die dauernd nach Digitalisierung schreien, diesen Artikel finden und lesen würden. Vielleicht einer, der Kanzler werden will. Oder dass einer deren Referenten ihn findet. Und seinem Chef die Botschaft erklärt. Und dass dann vielleicht etwas passieren würde. Und es zu einer digitalen Wende in Deutschland kommen könnte. Geld müsste für so etwas Wichtiges ja genug da sein, wenn man sieht, für welchen Mist die Megascheine nur so ausgegeben werden.
Einen Monat später
Jetzt bin ich wieder aus dem Urlaub zurück. Ich war ein Träumer. 30 Tage später gebe ich die Hoffnung auf eine digitale Wende auf. Niemand aus dem Kreis derer, die mit lauter Stimme Deutschland immer digitalisieren wollen, hat den Artikel gelesen. Nirgendwo habe ich Kommentare oder Überlegungen zu den Gedanken vom Fefe entdeckt. Im Gegenteil.
So bitte ich Euch:
Lest Ihr den Artikel!
Und wenn Ihr dabei sein, schadet es nicht, wenn Ihr auch gleich ein wenig in fefes Blog stöbert. Schnallt Euch aber vorher gut an, für den Fall, dass Euch die vielen schlimmen Dinge, die Ihr erfahren werdet, aus der Kurve tragen.
Noch eine schlechte Botschaft
Alles das, was fefe in diesem Artikel zu Digitalisierung und Europa schreibt, ist richtig. Wie gesagt, ist es der einzige brauchbare Vorschlag, den ich kenne. Vielleicht könnten wir so doch noch die digitale Kurve kratzen. Zumindest sollte man es versuchen.
Trotzdem:
Es wird nicht funktionieren. Weil unsere gesellschaftliche Einstellung nicht reif ist für eine digitale Zukunft. Zu tief steckt in uns die Angst vor Veränderung. Ein dogmatischer Datenschutzes bricht sogar die Angst vor Corona (siehe die völlig blödsinnige Corona-APP). Die Überhöhung individueller Interessen verhindert Solidarität. Dies und die Priorisierung von Besitzstandwahrung stehen Transparenz und Offenheit im Wege. Nicht nur in Europa.
Deswegen geht eine reale Digitalisierung nicht, denn die würde in unserer Gesellschaft wahrscheinlich keinen Stein mehr auf dem anderen lassen.
Und das wollen wir nicht.
So geben wir uns lieber der Hoffnung und Illusion hin, dass wir letzten Endes ZUKUNFT auch ohne Digitalisierung schaffen werden. Nur fürchte ich, dass wir uns da gewaltig irren. Weil die Probleme der Zukunft so komplex sind, dass es auch mit Digitalisierung und vielen anderen notwendigen Tugenden (die ich vermisse, wie Mut und Solidarität …) sehr schwer werden wird.
Dabei wäre es so eine schön Hoffnung …
RMD