oder die ernüchternden archäologischen Befunde im Baugebiet von Rodenbach (ein Text aus der satirischen Lesung ‚Rodenbach investigativ Vereinsgetuschel 2023‘)

Also – meine Damen und Herren – ich weiß nicht wie es Ihnen ging als der oder die, Eine oder Andere, die Zusammenfassung der archäologischen Grabungsergebnisse in unserem 20 ha großen Baugebiet durch die verantwortliche Archäologin Frau Dr. Elisabeth Faulstich – Schilling und ihren Grabungsleiter Dr. Scott Tucker gehört oder gelesen hat.

Ich muss sagen, dass ich als langjähriger Rodenbacher mit Migrationshintergrund und einem profunden historischen Halbwissen über den Ort und seine Umgebung –  schon etwas enttäuscht war.

Anfangs war ich ja noch – wie Sie sicher auch –  auf Grund des Presseechos überzeugt, dass die ausgebuddelten Schmuckstückerln und Tonscherben mit Verzierungswülsten aus dem 3. Bronzezeitabschnitt von 2200 – 800 vor Chr. auf tolle Ansiedlungen und Friedhöfe hinwiesen mit einem Haufen interessanter Grabbeigaben.

Ich dachte auch sofort an Kelten und Germanen und jede Menge Römer, wie man das aus den Asterix Heften kennt, und die vermutlich auch hier über Jahrhunderte in und um Rodenbach siedelten und durchzogen.

Vielleicht war ja sogar der Asterix persönlich da als der Obelix sich seinen Obelisken aus dem Rodenbacher Steinbruch geholt hat – ja wer weiß das schon so genau?

Und dieser absolute Wahnsinn steigerte sich noch als Brandstellen gefunden wurden, wo Leichen verbrannt worden waren und winzigste angekohlte Holzstückchen plötzlich mindestens 6000 Jahre alt waren: mit der sogenannten C-14-Radiocarbonmethode nachgewiesen!

Wobei ja niemand so genau weiß, ob diese Nachweise wirklich stimmen, da ja sowohl wir Österreicher als auch ihr Deutschen – anders als Rest der Welt – quasi ein hysterisches Misstrauen gegenüber allem Atomaren haben und so auch natürlich gegenüber dieser radioaktiven Nachweismethode.

Aber wenn diese Altersangabe stimmen sollte, dann wäre diese Aussage schon etwas, was das historische Fundament Rodenbachs noch bedeutungsvoller erscheinen ließe.

Umso verheerender und trauriger war es dann, als durch solche öffentlichen Feststellungen plötzlich Scharen von Raubgräbern auftauchten und an den markierten Fundstellen selbst in den Boden stachen und buddelten. Und zwar nach Frau Dr. Faulstich Schilling, in einem Ausmaß, wie sie das in Hessen noch nie erlebt hatte.

Und niemand wisse leider, sagte sie, in welchem Umfang diese Räuber Schätze gefunden und weggeschafft hätten. Denn selbst 200kg schwere Stahlplatten mit denen wichtige Stellen abgedeckt und gesichert waren, hielten sie nicht von ihrem räuberischen Tun ab, obwohl sämtliche Funde natürlich Eigentum des Landes Hessen waren.

Ja dieses Ausmaß an krimineller Energie mit der sich da Menschen über die Vergangenheit von Rodenbach hermachten, war schon eine spezielle Erfahrung für alle Beteiligten.

Auch in der Presse konnte man über Tage immer wieder lesen, dass da unwiederbringliche Artefakte der menschlichen Zivilisation verloren gegangen waren!

Das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen meine Damen und Herren: es geht um unwiederbringliche Artefakte der Zivilisation aus Rodenbachalso von den Krumbeeren und Rabrunken! Ist das nicht der absolute Wahnsinn?

Wobei – das muss auch einmal gesagt werden – man sich schon fragen kann, wie man denn eigentlich zu diesen Aussagen kommt, wenn keiner der Raubgräber je gefasst und deren Raubgut nie konfisziert werden konnte, sondern alles gänzlich im Dunklen blieb? Ja und auch Frau Dr. Faulstich – Schilling nie über irgendeinen spektakulären Fund, meines Wissens, berichten konnte, obwohl mit äußerster Akribie unermüdlich gesucht worden war.

Ja es war sogar so, dass Frau Dr. Faulstich – Schilling sich in der abschließenden zusammenfassenden Darstellung sogar explizit dahingehend äußerte, dass die geringe Anzahl an Grabungsfunden mit großer Gewissheit dafürspreche, dass auf dem gesamten untersuchten Gelände wohl nie Ansiedlungen waren, mit landwirtschaftlicher Bewirtschaftung – und natürlich –  kleiner Scherz –  schon gar keine steinzeitlichen oder bronzezeitlichen Spargelfelder!

Dass dem so gewesen sei, bestätigte auch der Grabungsleiter Dr. Tucker und wies auf die äußerst mageren und unergiebigen Böden hin, die eine landwirtschaftliche Nutzung gar nicht zuließen bzw. sogar verunmöglichten.

Im Gegenteil, sagte er, spreche Vieles dafür, dass das gesamte untersuchte Gelände bis in die jüngste Zeit bewaldet war und nur auf einzelnen speziellen Lichtungen Viehwirtschaft betrieben wurde und zwar von Siedlern die Nomaden oder Halbnomaden waren, und somit die ersten Camper auf diesem Gelände waren! So wie heute! Was für eine sagenhafte geschichtliche Kontinuität spricht, über die man nur staunen kann!

Andererseits war es so, dass sich infolge der immer selteneren Grabungsfunde nicht nur das Presseecho stetig ausdünnte, sondern plötzlich auch immer mehr Rodenbacher, gewissen Whistleblowern Gehör schenkten, die zu berichten wussten, dass sich angeblich unter den zahlreichen Raubgräbern vereinzelt –  oder auch gar nicht so vereinzelt –  etliche Oberrodenbacher befänden, die die Gelegenheit der Stunde nutzten, um endlich wissenschaftlich gestützt – Schwarz auf Weiß – beweisen zu können, dass die Oberrodenbacher auch die ersten Siedler in Niederrodenbach gewesen waren und dass  auf Grund dieser historischen Tatsache Rodenbach eigentlich  „Oberrodenbach“ heißen müsste!

Und zwar glaubten diese selbsternannten Oberrodenbacher Grabungsexperten diesen Nachweis dadurch erbringen zu können, dass sie tausendjährige, steinhart getrocknete Krumbeerenreste im Niederrodenbacher Baugebiet aufspüren könnten.

Leider, oder Gott sei‘s gedankt, war aber deren Mühe umsonst und sämtliche geheimen Grabungsaktivitäten negativ!

Was letztlich kein Wunder war, wie später über den Rodenbacher Geschichtsverein e.V.‘ durchgesickert sein soll, da die gesamte Aktion etwas dilettantisch angegangen worden war: man hatte nämlich versehentlich ausschließlich in Grabungsöffnungen gesucht in denen das legale Grabungsteam Fundstücke mit 3000-jähriger und 6000-jähriger Geschichte ans Tageslicht befördert hatte.

Keiner der grabenden Oberrodenbacher hatte also berücksichtigt, dass die Krumbeere, oder Kartoffel, erst nach der Entdeckung Amerikas durch Columbus – was bekanntlich 1492 n. Chr. war –  nach Europa –  und irgendwann nach Rodenbach –  kam.

Das heißt aber im Klartext – wie uns ja demnächst bei der 1000 Jahr Feier Rodenbachs in Erinnerung gerufen wird – dass Rodenbach, wenn es 1025 gegründet wurde, schon seit 467 Jahre ohne jede Kenntnis der Krumbeere existierte, bevor Amerika entdeckt worden war!

Was wiederum heißt, dass die Oberrodenbacher Krumbeeren‘, Niederrodenbach damals noch gar nicht besiedeln haben können, wenn es sie noch gar nicht in Europa bzw. Rodenbach gab! Logisch oder?

Jedenfalls ein peinlicher Rückschlag für den Oberrodenbacher ‚Krumbeeren Beweis‘, wie selbst das Oberrodenbacher Expertenteam zugab.

Einen gewissen Lichtblick in diesem gnadenlosen Dunkel der Historie gab es allerdings dann sehr schnell dadurch, dass man auch keinerlei vertrockneten oder versteinerten ‚Rabrunken‘ bei den geheimen Grabungsarbeiten gefunden hatte, so dass man mit großer Gewissheit davon ausgehen konnte, dass es damals auch noch keine Niederrodenbacher mit heutiger DNA, gab.

Sondern dass die damaligen Ur- Rodenbacher wohl aus den umliegenden Wäldern kamen, oder Migranten aus Langenselbold und Bruchköbel waren!

Sodass sich eigentlich – welch ein Geschenk des Himmels –  anbietet, endlich im Jahr 2025 – also nach 1000 Jahrendie Niederrodenbacher und Oberrodenbacher auch verbal zu vereinen –  und nur mehr von „Rodenbacherinnen und Rodenbachern“ zu sprechen!

Was sicher eine schöne Sache für den Ort und seine tüchtigen Einwohner wäre. Eine Sache die bei der anstehenden 1000 – Jahr Feier unbedingt im Mittelpunkt stehen sollte und natürlich entsprechend aufwendig gefeiert und begossen werden müsste!

Denn ein derart feuchtfröhliches Beisammensein voll Harmonie – ohne jedes Gezänk zwischen Krumbeeren und Rabrunken – hatte es noch nie gegeben!

Und da war auch vollkommen klar, dass sich bei den anschließenden friedvollen Strömen von Freibier mit fortschreitender Stunde praktisch ganz von selbst herauskristallisieren würde, wer länger durchhielt – waren es die Alteingesessenen Rodenbacher oder die Zugezogenen, oder gar eine dritte Gruppe? D.h. langweilig wird es in ‚Rodebach‘ auch in Zukunft nicht werden…

KH

PS: ‚Krumbeeren‘ sind im örtlichen Spott die Oberrodenbacher und ‚Rabrunken‘ die Niederrodenbacher!

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