Quo Vadis – Demokratie?

Vor kurzem habe ich in einem Artikel – zugegebener Weise ein wenig provokativ – hohes Verständnis und Bewunderung für die Menschen gezeigt, die sich bei der „last generation“ engagieren. Das habe ich mich Absicht gemacht.

Dazu haben mich Kommentare erreicht. Einen davon empfand ich als ungeheuerlich; er kam von Hans Bonfigt, der früher auch in IF-Blog als Autor mitgewirkt hat. Sein Kommentar war sehr „extrem“ und hat mich in ein persönliches Dilemma gebracht. Einfach so veröffentlichen mochte ich ihn nicht, da er in meiner Wertung maximal polemisch und unsachlich ist und ich damit eine Sache befördern würde, die mir gegen das Gewissen geht.

Außerdem nehme ich den Kommentar als „haßerfüllt“ war. Gerade wenn der Haß von Menschen kommt, die gebildet und mir sympathisch sind, dann tut mir dies persönlich weh. Und ich erinnere gerne an das Paradox des Hasses. Der Mensch der haßt, will ja anderen Menschen schaden. Nur – er schadet letzten Endes vor allem sich selber.

Gleichzeitig wollte ich diesen Kommentar auch nicht einfach löschen. Weil ich das als eine würdelose Reaktion empfinden würde. Ich habe es mir wirklich nicht leicht gemacht. Und so ist dieser sehr persönliche Artikel entstanden.

Bestärkt wurde ich von der Hoffnung, dass der Kommentar vielleicht eine gute Möglichkeit bietet, aufzuzeigen, wie es nicht sein darf. Vielleicht kann ich sogar beim Schreiber des Kommentars etwas erreichen und ein wenig Umdenken bewirken.

Freilich bin ich da nicht sehr optimistisch, den Versuch will ich aber trotzdem wagen. Ich versuche es mal und veröffentliche ihn mal kommentiert.

Formal:
Die kursiven Stellen sind der  originale Text des Kommentars, meine Anmerkungen habe ich unter jedem Absatz in normaler Schrift eingefügt. Hans Bonfigt hat geschrieben:


Ich bin nicht lethargisch und muß von ein paar Gören, die nichts finden, wo sie sich mit minimaler Anstrengung „engagieren“ können.

Synonyme für „lethargisch“ sind schwerfällig, bräsig, behäbig, träge, teilnahmslos. Der Begriff Gören ist eine respektlose Diffamierung. Die Aussage „die nichts finden, wo sie sich „engagieren“ können“ ist eine freche und polemische Unterstellung. So könnte man auf den Gedanken kommen, dass der Kommentator, der so ignorant auf das Klimaproblem reagiert, eher „bräsig, behäbig, träge, teilnahmslos“ ist und so also lethargisch reagiert. Ihm scheinen das Klima und die Sorgen der Menschen gleichgültig. Aber, die Gören ärgern ihn! So schreibt er:

Wenn eine Gruppe Menschen eine demokratisch gewählte Regierung erpreßt, „entweder ihr verordnet eine Geschwindigkeitsbeschränkung (sie lallen von ‚Tempolimit‘) UND ihr setzt Umwelträte ein ODER wir terrorisieren euch“, dann ist das: TERRORISMUS. Ganz unabhängig von Wesen und Art der hehren „Ziele“.

Das Vorgehen von last generation mag man als „Erpressung“ interpretieren. Man könnte es auch genauso als „Notwehr“ bewerten. Nebenbei: Begriffe wie „lallen“ sind wieder pure Polemik. Und friedliche Maßnahmen sind nach meiner Meinung kein Terrorismus. Mit friedlichen Mitteln kann man vielleicht Druck ausüben oder ab und gelegentlich etwas unterbinden.

Und es gäbe doch Alternativen:
Lass und die Alternativen anschauen.
– Microsoft vermeiden. Sie wissen ja, was für einen gigantischen ökologischen Fußabdruck dieser Müll hinterläßt.
Ich glaube nicht, dass wir noch in der Lage sind, ohne Digitalisierung in unserer komplexen Zivilisation zu leben. Ich glaube auch nicht, dass gesellschaftlicher Fortschritt ohne globale Kommunikation ( = Digitalisierung) noch möglich ist. Dass Microsoft vielleicht ein wenig mehr Energie braucht, teuerer, unpraktischer und unsicherer ist als die Produkte anderer Hersteller und der Open Source Community erscheint mir auch so. Aber mit Microsoft-Vermeidung rette ich die Welt nicht.
– Nicht jeden Müll in China kaufen, nur weil es ein paar ct billiger ist (das sind die, die Kohlekraftwerke bauen wie verrückt)
Das ist stark vereinfacht. Wir haben uns gesellschaftlich und politisch vorsätzlich von China abhängig gemacht. Der Zwang des Shareholder Value war die Hauptursache. Die Folge eine „spätkapitalistische Globalisierung“.
Übrigens: Bei alternativen Energien legt China zu wie keine zweite relevante Volkswirtschaft.
– konsequent Menschen hier ausweisen oder gar nicht hineinlassen, die hier nichts zu suchen haben. Ein Asylant ist umweltschädlicher als sechs (!) SUVs
Das ist wieder ein Höhepunkt der Polemik. Der SUV an sich ist nicht umweltschädlich, sondern seine Herstellung, seine Nutzung und seine Entsorgung. Und der Vergleich eines Menschen mit einer Maschine ist nicht mal ein dummer Gag sondern völlig daneben. So wie Vergleiche des Umweltschadens von Pferd, Ochse oder Traktor per se sinnlos sind.
– Schwachsinn wie stärkere Internetleitungen in den Ballungsräumen stoppen, denn wir brauchen sie nicht.
Wieder Polemik! Wir brauchen vieles nicht. Aber eine normale Modernisierung der Infrastruktur einer Technologie, von der wir abhängig sind, ist kein Schwachsinn.
Geschwätzwissenschaften einschränken. An der Aldi-Kasse kann sich Frau Chebli als Fachkraft nützlich machen
Pure Polemik mit einem persönlichen Angriff!
– Abiturientenquote durch Erhöhung der Anforderungen von 40 auf 10% senken. Haupt- und Realschulen stärken.
Bildung ist von zentraler Bedeutung. So einfach geht es jedoch nicht.
– Die Bahn ist das mit Abstand umweltschädlichste Verkehrsmittel. In diversen albernen „Studien“ rechnet man die Kosten für Herstellung, Bereitstellung und Unterhaltung des Fahrweges nicht ein. Auch nicht die Lasten durch die zahlreichen Fahrdienstleiter oder die Bundespolizisten, die den Ossi am Kupferklau oder den „Schutzsuchenden“ am Stehlen, Rauben und Vergewaltigen hindern soll.
Wenn man die Systemkosten einrechnen würden, wird die ganze Mobilität unbezahlbar und aufgezeigt, dass wir mit Mobilität (dem Problem mi der Raum- und Zeitschwelle anders umgehen müssen, als wir uns das angewohnt haben). Ich könnte mir aber gut vorstellen, dass die individuellen Lösungen immer aufwändiger pro Personenkilometer sind als die kollektiven. Wenn ich z.B. das billige Fahrrad berechne, erschrecke ich immer wie teuer es ist. Und Fahrräder brauchen auch Wege. Wenn ich dann die Kosten für Herstellung, Bereitstellung und Unterhaltung des Fahrweges rechne, wird mir schwindelig.
Diese Bahn, und das scheint mir eine ganz wesentliche Aufgabe, muß wieder „benutzbar“ werden.
Ich fahre viel mit der Bahn und schimpfe auch gerne auf sie. Muss aber sagen, eigentlich funktioniert die Bahn (noch) ganz gut und ich bin zufrieden.
Am vergleichsweise einfachen Beispiel München hieße das, „Ringbahn wie in Berlin“ anstatt „zweiter Stammstrecke“.
Das ist ein Punkt, wo ich dem Kommentator recht gebe und mich auch wundere, wie so eindeutig falsche Lösungen möglich sind.
– Der „Fachkräftemangel“ macht sich besonders in der Regierung bemerkbar. Und Herr Haldenwang hat recht, „in der Bevölkerung haben wir 20% braunen Bodensatz“. Dumm nur, daß die im Moment alle „grün“ wählen. Entsprechend haben wir Kanaillen wie „Katha“ Schulz in der bayerischen Landesregierung.
Polemik! Dass faschistische Botschaften für Menschen in Deutschland wie in Europa (und wahrscheinlich weltweit) immer noch ihren Reiz haben, dürfte menschlich sein. Aber dann kommt wieder Diffamierung wie „Kanaille“ und persönliche Diffamierung (inklusive einer falschen Behauptung: Die von mir sehr respektierte Katha ist leider nicht in der Regierung).
– Wir müssen unsere Kraftwerke nach Spitzenlast auslegen und haben eigentlich viel zu viele. Es fehlen Energiespeicher. Der Ösi baut sie, z.B. das Obervermuntwerk. Wir tun das nicht.
Das sollte eine fachliche Diskussion sein, die leider zu ideologisch geführt hat. Jahrelang wurde die Energiestrategie von rein kaufmännischen Kriterien (Kosten) bestimmt. Das hat zu einer fossilen Dominanz (Gas/Öl/Kohle) geführt und absurderweise auch die teuere Form der Kernernergie gestärkt (wahrscheinlich weil man Fehler nicht zugeben wollte und große Fehlinvestitionen man nicht zu lassen wollte).
Maßnahmen gibt es reichlich, aber in einer Demokratie stimmt der Wähler ab.
Gibt es wirklich so viele Maßnahmen? Der Kommentator hat eine Reihe vorgeschlagen, die alle widerlegt sind. Und nur weil die Demokratie nicht funktioniert, ist das Prinzip „Bürger als Souverän“ nicht falsch. Wahrscheinlich muss man halt auch mal die Demokratie weiter entwicklen.
Und solange der weiterhin FDP, SPD oder „Grüne“ wählt, solange gehen wir im (Pride-) Paradeschritt zum Abgrund.
Ich wüßte aber keinen Grund, warum ich die CDU (die ja Jahrelang gemeinsam mit der SPD NICHTS gemacht hat) und aber auch gar keinen Grund, dass man die AFD wählen sollte. Beim Paradeschritt kann ich nicht mitreden. Das ist nicht meine Welt. Und wahrscheinlich gehen wir nicht mehr auf den Abgrund zu, sondern sind schon vor ein paar Jahren dort angekommen. Und schauen zurzeit in den Abgrund und fragen uns, wann es dann rein geht.


Ich persönlich bin der Meinung, dass wir zentrale Regeln abschaffen müssen und Kultur brauchen. Unsere Kulturen müssen wir regional und in uns entwickeln. Natürlich müssen wir unsere Werte verantwortet in einen dynamischenWerte-Rahmen einfügen. Dies geht natürlich nur in einer globalen Kommunikationsgemeinschaft.

Anstelle von Argumentieren nicht verifizierbaren Aussagen mit kleinen und großen Lügen brauchen wir innere Klarheit. Vom Argumentieren und besonders von Polemik halte ich nichts. Ich liebe Ideen und Gedanken, aber keine kleingeistige Rechthaber- und Besserwisserei.

So beende ich die Diskussion dieses Kommentars in IF-Blog mit diesem Artikel. 

Ich hoffe, dass der mir persönlich gut bekannte und in vielen Dimensionen geschätzte Kommentator dies akzeptiert.

P.S.
Es ist mir sehr schwer gefallen, diesen Kommentar zu veröffentlichen und zu kommentieren. Ich habe das auch getan, weil mir schon wieder vor den kommenden Wahlkämpfen graut. Weil ich da schon jetzt so viel Verwandtes und Ähnliches höre.

Es ist die Flut von populistischen Geschwätz, Lügen, leichtfertigen Verallgemeinerungen, durchsichtiger Manipulationsversuche, dummer Unterstellungen und auch persönlicher Diffamierungen und Angriffe, die schon jetzt auf uns zu rollt. Und auch in anderen Demokratien sehe ich eine ähnliche Entwicklung. Und man sieht ja an den Ergebnissen, was wir bei dieser Art von Wahlkampf rauskommt – schaut mal nach Frankreich, Italien, Türkei, Israel, USA und vielen anderen Ländern.

Als Antwort versuche ich in einer pervertierten politischen Gesellschaft meinen inneren Frieden zu finden. Das ist auch das Thema meiner Podcast-Serie FRIEDEEN (gemeinsam mit Jolly Kunjappu), der jetzt peu-à-peu erscheint …

Hier geht es zum Piloten Folge 1 !!!

RMD

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