Ich liebe den 8. August!
In der Volksschule waren Feiertage schön.
Während meiner kompletten Schulzeit habe ich in Augsburg gelebt. Im Alter von fünf bis zwanzig. Augsburg ist auch die Stadt, in der ich auf die Welt kam (im „Wöchnerinnenheim“ in Göggingen). Also so etwas wie meine Heimatstadt.
Als Volksschüler habe ich jeden Feiertag geliebt. Einfach, weil ich Schule gar nicht mochte – und am Feiertag gab es keine Schule.
Feiertage haben auch Nachteile.
Am Feiertag war auch der Vater tagsüber zu Hause. So gab es öfters (Ehe-)Streit als an Werktagen. An Werktagen kam der Vater ja erst spät heim, so fand der Streit nachts statt und da habe ich meisten geschlafen. Streit ist nicht schön. Allerdings gewöhnte ich mich auch daran, wie an so Vieles.
An vielen Feiertagen gab es religiöse Verpflichtungen. Die haben beinhaltet, dass ich mein „Sonntagsgewand“ anziehen und dann zum Beispiel zu einer Prozession gehen musste. Fronleichnam ist mir z.B. in keiner guten Erinnerung. Da hat mir immer der Rücken geschmerzt, die Fürbitten waren grauenhaft und es war schrecklich langweilig
Auch wollten die Eltern am Feiertag oft etwas unternehmen. Da war der Ausflug in den Wald – um Pilze zu suchen – noch erfreulich. Viele der Unternehmungen im Familienkreis haben weder den Eltern noch den Kindern Spaß gemacht. Die Mutter war sauer, weil der Ausflug teuer war. Und wir Kinder fanden es nur anstrengend und die bewunderten Gebäude und Museen konnten uns nicht begeistern. Und der Vater hätte sich am Feiertag lieber von der Arbeit erholt.
Schlimm wurde es, als ich mir die Sinnfrage stellte.
Die christlichen Feiertage habe ich nie verstanden. Theorie und Praxis gehen da immer auseinander. Das kennt jeder:
Ist Weihnachten das Fest der Liebe oder der Geschenke? Geht es da um die Geburt eines Menschen-Gottes oder um die heidnische Feier der „Sonnenwende“? Was haben Folter, Hinrichtung sowie Auferstehung von Jesu mit der Suche nach Ostereiern zu tun? Was zeichnet den 15. August so aus?
Das war viel Stoff zum Nachdenken.
Es gibt auch staatliche Feiertage.
Da hat mich der 17. Juni bewegt. Ich zitiere Wikipedia:
Der 17. Juni war von 1954 bis zur deutschen Wiedervereinigung 1990 als „Tag der deutschen Einheit“ der Nationalfeiertag der Bundesrepublik Deutschland.
Für mich war die DDR finsteres Ausland. DDR durfte ich nicht sagen, bei uns hiess das Land verpflichtend die „Sowjet-Zone“, was es auch nicht besser machte. Ab und zu fuhren wir in die Sowjetzone, um Tante Frida zu besuchen. Eine „komische“ Tante, die aber immer sehr nett zu mir war. Die Reise in dieses Ausland war für mich beschwerlich und immer sehr befremdlich. Allein die militärisch-martialen Grenzkontrollen waren schrecklich.
In der Sowjetzone durfte ich natürlich nicht „Sowjetzone“ sagen. Weil das zu gefährlich gewesen wäre. So waren mir die Urlaubsreisen ins freundliche Österreich lieber, obwohl es in diesem Ausland immer regnete. Aber der Schilling war viel schöner als die DDR-Mark.
Der 17. Juni wurde als Feiertag abgeschafft und zum Gedenktag umgewandelt.
In meiner Wahrnehmung wurde mit dem Feiertag am 17. Juni ein Streik und Aufstand in einem mir unangenehmen Ausland gewürdigt. Meine Eltern war das wichtig, obwohl bei ihnen Aufstände und Streiks verpönt waren. Das ging doch gar nicht. So fanden Sie auch die Aufstände und Attentate im dritten Reich schlimm. Und wenn ich mir vorstelle, wie meine Eltern heute über die „last generation“ herfallen würden …
1990 (da war ich schon vierzig) kam dann der 3. Oktober. Man wollte die neue nationale Einheit gebührend würdigen. Den Menschen aber wollte die herrschende Klasse keinen weiteren Feiertag gönnen! Weil das ja unsere Wirtschaft ruiniert hätte …
Ich zitiere wieder Wikipedia:
Der 3. Oktober wurde als Tag der Deutschen Einheit im Einigungsvertrag 1990 zum gesetzlichen Feiertag in Deutschland bestimmt.
Die Gedanken dahinter haben mich nicht überzeugt. Ich würde lieber ein Europa der Regionen feiern als eine korrupte und vorrangig von wirtschaftlichen Interessen dominierte Gruppe von egoistischen Nationalstaaten.
Aber Schluß mit den negativen Botschaften. Jetzt komme ich endlich zur guten Nachricht:
In meiner Heimatstadt
gibt es einen Feiertag,
der mich begeistert hat!
Es ist der 8. August. Da feiert Augsburg das
HOHE FRIEDENSFEST
Der Termin findet sich sogar als Standard-Eintrag in meinem Google-Kalender. Und meiner Begeisterung tat es keinen Abbruch, dass wir da kein extra schulfrei hatten, da dieser Feiertag in den Ferien lag. Es war einfach ein Tag, an dem man sich gefreut hat, dass es etwas wichtiges gibt, das wir zumindest bei uns haben: den FRIEDEN!
Ich zitiere wieder Wikipedia:
Das Augsburger Hohe Friedensfest wird seit 1650 alljährlich am 8. August begangen. Ursprünglich feierten die Augsburger Protestanten damit das 1648 durch den Westfälischen Frieden eingeleitete Ende der Rekatholisierungsmaßnahmen während des Dreißigjährigen Krieges. Heute ist das Friedensfest ein auf das Augsburger Stadtgebiet beschränkter gesetzlicher Feiertag, womit Augsburg die meisten gesetzlichen Feiertage in Deutschland hat.
Das ist ein Feiertag, den gibt es nur in Augsburg. So hat Augsburg einen Feiertag mehr als es überall sonst in Deutschland gibt. Das hat mich wirklich begeistert!
Es trifft sich gut, dass die zweite Folge des podcasts FRIEDEEN von Jolly und mir Anfang August erscheint.
So widme ich die zweite Folge unseres Podcasts FRIEDEEN meiner Heimatstadt Augsburg, weil sie wohl als einzige Kommune weltweit einen Tag frei gemacht hat, für die Feier von FRIEDEN!
Und dies seit 1650 durchgehalten hat. Das sind (mit Unterbrechungen in Kriegszeiten) 373 Jahre!
Noch eine Erinnerung aus meiner Kindheit
Als ich Kind und Jugendlicher war, waren in der US-Garnison Augsburg noch amerikanische Soldaten stationiert, die meine Entwicklung durchaus beeinflußt haben. Nicht nur mit ihren Panzern, sondern auch mit ihrer Musik. Da fand jedes Jahr am Abend des 8. August ein Konzert deutscher und amerikanischer Militärkapellen mit abschließendem großem Feuerwerk im von mir eh geliebtem Rosenaustadion am Ende des großen Parks statt. Es waren wunderschöne Sommer-Abende für FRIEDEN und uns Kinder!
RMD