Carl und Gerlinde (81)

Gerlinde war sprachlos!

Was heißt sprachlos! Sie hatte das Gefühl, dass nach fast 7-monatiger ‚Totenstarre‘, ihr von allen vergessener Körper endlich wieder ihr gehörte –  und wieder lebte! Und wie er lebte! Daran hatte sie gar keine Erinnerung mehr gehabt. Doch dank Hannelore war sie plötzlich wieder ein fühlendes, menschliches Wesen geworden…

Die tieferen Ursachen für diesen Erinnerungsverlust waren nicht nur das unmittelbare Nachbeben nach Corona gewesen, sowie die von allen Seiten zugeflüsterten ‚Long – Covid – Katastrophen‘ ihrer Freundinnen und Bekannten, sondern auch diese aktuelle KI – Hysterie in den Medien und Lesezirkeln, und vor allem die Probleme, die sie dadurch neuerdings mit ihrem Carl hatte, der wie besessen mit seinem Busenfreund Bernie, in einem schier unfassbaren Wahn, hinter derintelligenten Unterhoseher hetzte…

Was letztlich darin gipfelte, dass er trotz Gerlindes hartnäckiger Gesprächsbereitschaft, sie eigentlich gar nicht mehr wahrnahm – außer sie provozierte ihn mit heftigen spontanen Wutanfällen, die sich nicht selten sogar zu nervigen Unterbrechungen der Haushaltsführung auswuchsen! Manchmal über mehrere Tage hinweg.

Doch statt ihre Hilfsrufe zu registrieren und zu deeskalieren, stimmte Carl, verbohrt wie er war, die letzten Tage sogar noch immer mal wieder Johanna von Koczians Schlagerliedchen an, „Das bisschen Haushalt macht sich doch allein, sagt mein Mann! Das bisschen Haushalt kann so schlimm nicht sein, sagt mein Mann“ –  und so weiter und so weiter –  was Gerlinde natürlich erst recht zur Weißglut trieb.

Und dann plötzlich – vollkommen unerwartet – letzten Dienstag dieses absolut befreiende Gespräch mit Hannelore, die rein zufällig auch in der Oper „Die Banditen“ von Jacques Offenbach sah, und genau wie sie, wenig begeistert das Opernhaus verließ, aber mit ihr dann im Restaurant Opern Café ganz spontan in eine richtungsweisende Aussprache hineinschlitterte, da sie in diesem entscheidenden Moment, wie ein von Gott gesandter ‚Engel der Erlösung‘ quicklebendig Gerlinde von ihren immensen Problemen mit Kurt erzählte und dabei wie von selbst, auf ihren völlig neuen Bekanntenkreis kam, der aus Frauen bestand die beschlossen hatten ihrem zunehmend trostlosen Alltag wieder neue Freuden abzugewinnen, in dem sie sich auf unverbindlichen Sex mit den verschiedensten Männern einließen!

Frauen gelten doch heutzutage als viel aktiver und freier, erklärte Hannelore der staunenden Gerlinde, und ihre Sexualität werde von der Gesellschaft nicht mehr ausschließlich als ein passives Gewähren lassen verortet: heute dürfen sich Frauen  natürlich selbst für oder gegen etwas entscheiden! Und bei diesen daraus entstehenden neuen ‚romantischen Liebesbeziehungen‘ gehe es dann letztlich auch nur darum, wie man sich selbst fühle, und nicht darum, um jeden Preis zusammenzubleiben.

Wenn Frauen heute unglücklich seien, billige ihnen die Gesellschaft zu, sich zu trennen. Ja das sei heute deutlich legitimer für Frauen, sagte eine immer aufgedrehter auf Gerlinde einredende Hannelore, als noch vor 50 Jahren: Frauen lässt man heute ihr Leben selbst gestalten, und das sehe dann auch bei jeder Frau anders aus – insbesondere in sexueller Hinsicht! Doch eines muss bei all diesen neuen freizügigen Bestrebungen und Ansätzen klar sein, diese rein sexuellen Beziehungen bleiben völlig unverbindlich und gegenseitige Fürsorge wird absolut ausgeschlossen. Und keine dieser Frauen dürfe sich hinreißen lassen, die ausgewählten männlichen Wesen, wieder zu umsorgen.

Und eines müssten diese, sozusagen erwachten Frauen, auch unbedingt beachten, sagte Hannelore, zu der still vor sich hin nickenden Gerlinde, bei all dieser Freiheit: Offen zu reden darüber sei ein absolutes Tabu! Darauf sei unsere Gesellschaft noch nicht vorbereitet! Schweigen und Genießen sei die Devise – Klar, dass da Mut dazugehöre – wie beim Fallschirmspringen – rumlabern helfe nicht –  man muss einfach springen…

Weiter kam Hannelore nicht, denn Gerlinde fiel ihr spontan um den Hals und drückt sie derart fest und innig, dass ihr die Luft wegblieb, und ein kleines Küsschen drückte Gerlinde diesem Engel auch noch auf die Wange, denn in ihr verfestigte sich plötzlich die Gewissheit, endlich am Ende eines langen Tunnels angekommen zu sein…

KH

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2 Antworten

  1. Hier der ganze Text des schönen Liedes:


    „Das bisschen Haushalt macht sich von allein“
    Sagt mein Mann
    „Das bisschen Haushalt kann so schlimm nicht sein“
    Sagt mein Mann
    „Wie eine Frau sich überhaupt beklagen kann
    Ist unbegreiflich“
    Sagt mein Mann
    „Das bisschen Kochen ist doch halb so wild“
    Sagt mein Mann
    „Was für den Abwasch ganz genauso gilt“
    Sagt mein Mann
    Wie eine Frau von heut‘ darüber stöhnen kann
    Ist ihm ein Rätsel
    Sagt mein Mann
    Und was mein Mann sagt, stimmt haargenau
    Ich muss das wissen, ich bin ja seine Frau
    „Das bisschen Wäsche ist doch kein Problem“
    Sagt mein Mann
    „Und auch das Bügeln schafft man ganz bequem“
    Sagt mein Mann
    „Wie eine Frau von heut‘ da gleich verzweifeln kann
    Ist nicht zu fassen“
    Sagt mein Mann
    Und was mein Mann sagt, stimmt haargenau
    Ich muss das wissen, ich bin ja seine Frau
    „Das bisschen Garten, oh, wie wohl das tut“
    Sagt mein Mann
    „Das Rasenschneiden ist für den Kreislauf gut“
    Sagt mein Mann
    „Wie eine Frau von heut‘ das nicht begreifen kann
    Ist unverständlich“
    Sagt mein Mann
    Er muss zur Firma geh’n, tagein tagaus
    Sagt mein Mann
    Die Frau Gemahlin ruht sich aus Zuhaus‘
    Sagt mein Mann
    Dass ich auf Knien meinem Schöpfer danken kann
    Wie gut ich’s habe
    Sagt mein Mann
    Dass ich auf Knien meinem Schöpfer danken kann
    Wie gut ich’s habe
    Sagt mein Mann
    Dass ich auf Knien meinem Schöpfer danken kann
    Wie gut ich’s habe
    Sagt mein Mann


    Quelle: Musixmatch
    Songwriter: Henry Mayer / Hans Bradtke

    Danke für die schöne Folge 81 von „Carl und Gerlinde“!

    Roland

  2. Deine Begeisterung für diese Folge 81 freut mich sehr, lieber Roland! Und danke auch für den vollen Liedtext, den ich so noch nicht kannte. Nach einer etwas turbulenten Zeit habe ich erst heute alles gesehen…

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