Paul Bairoch war unter anderem Professor für Wirtschaftsgeschichte an der Universität von Genf. Das Projekt seines Buches besteht darin, mit allgemeinen Überzeugungen, Mythen und Glaubensbekenntnissen gründlich aufzuräumen. Stichhaltige Argumente sind dabei die objektiven, unbestreitbaren Daten aus der Wirtschaftsgeschichte.
Der Autor kümmert sich nicht um politische Lager. Der Neoliberalismus kriegt genauso sein Fett weg wie die Linke: Freihandel und Bevölkerungswachstum führen nicht zwangsläufig zu wirtschaftlichem Wachstum und Wohlstand, die Kolonialmächte des 19. und 20. Jahrhunderts begründeten ihren Reichtum durchaus nicht auf der gnadenlosen Ausbeutung der 3. Welt.
Die Fragestellungen sind spektakulär: War Westeuropa der grösste Sklavenhändler? Ist der Einfluss des Protektionismus zwangsläufig negativ?
Bairoch will auch zeigen, dass es keine absoluten ökonomischen Gesetzmässigkeiten gibt.
Die wissenschaftliche Argumentation ist durch eine Fülle von Daten und Dokumentationen untermauert, die Informationen akribisch recherchiert. Hier schreibt ein gestandener Wirtschaftswissenschaftler, ein absoluter Kenner und Spezialist in seiner Materie, jedoch leider kein talentierter Schriftsteller, mit dem Vermögen stocktrockenen, wirtschaftlichen Konstellationen ein wenig Gestalt, Leben und Spannung einzuhauchen.
Prozentsätze, Wachstumsraten, Bruttosozialprodukte, Namen unbekannter Wissenschaftler, Jahreszahlen, Tabellen, Schachtelsätze und umständliche Erläuterungen bilden ein unentwirrbares Gestrüpp hinter dem die Schlussfolgerungen nur schemenhaft, profillos erkennbar werden. Quälend kämpft sich der Leser durchs zähe Werk der Zahlen.
Ein Segen, dass hier noch nichts auf Deutsch übersetzt wurde.
Nicht anfassen!!!
HPK