Sagen Sie mir mal schnell, was Sie unter Philosophie verstehen?
Wenn’s Ihnen die Sprache verschlägt, kann ich, wie Ian Hunter, nur sagen: „Welcome to the Club.“ Von Plato hab ich keine Ahnung, bei Kant verstehe ich nur Bahnhof, Nietzsche ist mir ein Buch mit 7 Siegeln, Heidegger schreibt auf Chinesisch und von Sartre habe ich keinen blassen Schimmer.
Im Allgemeinen sind Ahnungslose keine Zielgruppe für Werke, die der bildungsbürgerliche Volksmund als „gute Bücher“ qualifiziert. „Sofies…“ und „Wer bin ich…“ nehmen hier jedoch eine Sonderstellung ein.
Jostein Gaarder begrüsst den Novizen im Universum der Gedanken, mit der Geschichte eines nordischen Teenagers. Aus heiterem Himmel bekommt Sofie geheimnisvolle Briefe, von einem Unbekannten, mit merkwürdigen Fragen: Wer bist du? Woher kommt die Welt? Sie sind Auftakt und Wegweiser für eine Reise durch die Jahrhunderte, in die Welt des Abstrakten, des Denkens und der Ideen. Sie lauscht den Diskussionen der Griechen auf Athens Agora, bestaunt die Expansion des Christentums im Mittelalter und den aufblühenden Humanismus der Renaissance, ist gebannt von den Spekulationen und Träumereien des Barock, geblendet von den Lichtern der Aufklärung, fasziniert von den Ideen der Moderne.
Bezaubert von der Magie des Lesens durchstreifen wir Zeitalter und Ideen. Geschichte, Philosophie und das Rätsel des mysteriösen Briefschreibers begleiten uns auf dem Weg durch parallel laufende Handlungsebenen. Wir zappeln am Haken einer spannenden Erzählung.
„Wer bin ich…“ fängt uns mit einem Netz von Fragen: Was kann ich wissen? Was soll ich tun? Was darf ich hoffen? Wie die Nornen spinnt Precht leitende Fäden, die den Pfad weisen durch das undurchdringliche Dickicht der Fragen zum Menschen und zum Leben. Jedes Kapitel, jeder Gedanke, ist eine Suche nach Antwort, die in eine neue Frage überleitet und die Suche nach Antwort mündet wieder in eine Fragestellung…
Der Autor beruft sich nicht nur auf Philosophie, sondern auch auf Psychologie und Hirnforschung. Von der ersten Seite an sind wir unterwegs auf einer faszinierenden Entdeckungsreise zu uns selbst. Die Sprache verzichtet auf Insider-Jargon,der Ton ist humorvoll und unterhaltsam. Es ist unmöglich von Precht nicht gefesselt zu sein!
Miesepetrige Nörgler, Bedenkenträger und sonstige Spassverderber sollen derartige Kleinode ruhig für flach, unvollständig, scheinintellektuell, simplifizierend, unambitioniert, ja überflüssig halten. Leute lasst euch die Lust nicht verdriessen! Beide Bücher öffnen Tore, die herkömmliche „Geschichte(n) der Philosophie“ und fachwortgetränkte Kommentare von selbsternannten Spezialisten, lange neidisch verschlossen hielten.
„Sofies Welt“ und „Wer bin ich…“ sind Bestseller und folglich „Schwarze Schwäne“, getragen von der „Weisheit der Vielen“. Na, wenn das keine Empfehlung ist!!!
Mir, dem Ahnungslosen ist immerhin eins klar geworden: Philosophie führt nicht zum Wissen. Wissen ist die Sackgasse des Denkens, wenn wir meinen zu wissen hören wir auf zu fragen, es ist das Ende des Suchens und suchen ist denken.
Mensch, das klingt ja fast wie Sokrates.
Unbedingt lesen!!!
HPK