Da nach der ‘stillen Zeit’ wieder etwas ‘Ruhe’ eingkehrt ist, mag es vielleicht von einigem Interesse sein, einmal kurz inne zu halten und zu reflektieren, welche evolutionären Veränderungen selbst geschriebene Texte durchmachen können, insbesondere im Buch der Bücher – der Bibel /1/:
So gibt es, in den frühen, hebräisch verfassten Versionen des Buches Jesajas eine Prophezeiung, die das Wort alma verwendet, um die Mutter eines Jungen namens Immanuel (übersetzt „Gott ist mit uns“) zu beschreiben.
Für alma gibt es in einigen Sprachen, so auch im Altgriechischen keine direkte Übersetzung, doch eine grobe Übersetzung könnte „junge Frau“ bedeuten, oder „ junge Frau die noch kein Kind getragen hat“.
Zu Lebzeiten von Jesus sprachen die Juden allerdings nicht mehr Hebräisch sondern Griechisch und Aramäisch. Infolge dessen wurde aus alma das griechische parthenos, das eine spezifische Bedeutung hat, nämlich „Jungfrau“! Der biologische Fachbegriff Parthenogenese („Jungfrauenzeugung“) geht darauf zurück: Er beschreibt eine eingeschlechtliche Fortpflanzung ohne Männchen, wie sie bei einigen Insekten und Reptilien vorkommt.
Somit wurde durch die mutierte Übersetzung eines einzigen Wortes aus der „jungen Frau“ eine „Jungfrau“ und aus dem Kind der Messias! Und die Geschichte der Zeugung Jesus ist mit einem Mal eine ganz andere geworden…
Matthäus und Lukas machen in ihren Evangelien aus dieser fehlerhaften Übersetzung sogar eine Wahrheit und für eine Milliarde Katholiken wird diese zu einem Glaubenssatz. Und genau dies besingen wir in unseren Weihnachtsliedern.
Seltsam ist das schon, oder?
/ 1 / Adam Rutherford: Eine kurze Geschichte von jedem, der jemals gelebt hat
K.H.