Im Rahmen der oben genannten Ausstellung in der Villa Bergstraße 50 in 63517 Rodenbach/Oberrodenbach hielt der Autor den nachfolgend, in 2 Teilen dargestellten, Vortrag:
Eine aktuelle Spiegelung der ‚Katholischen Kirche‘ in 5 Gemälden des Malers Harald Reiner Gratz
Von Klaus Hnilica
Teil 1
Meine Damen und Herren, der Titel meiner Ausführungen impliziert, dass wir zur Besichtigung der angesprochen 5 Gemälde uns in 3 verschiedene Räume begeben müssen.
Mein Spiegelungsbezug übrigens auf die ‚katholische Kirche‘ rührt daher, dass mir als katholisch geprägter Österreicher natürlich alles ‚Katholische‘ noch am Ehesten vertraut ist. Deshalb gehe ich auch nicht auf das Thema Reformation ein, sondern konzentriere mich ausschließlich auf 5 Gemälde von Gratz, deren Reihenfolge so gewählt ist, dass sie nicht nur einen gewissen religiösen Kontext ergeben, sondern sogar noch eine vage positive Hoffnung hinsichtlich der Zukunft der katholischen Kirche ermöglichen…
Klar, dass am Beginn meiner Ausführungen der Zweifel stehen muss und drum bitte ich Sie mir zu diesem Bild in Raum 3 zu folgen:
1.Der Zweifel (Raum 3)
Der Zweifel an Gott, der Welt und der katholischen Kirche, manifestiert sich Interessanter Weise auch bei dem Maler Gratz nicht etwa in einer Frau, sondern – wie üblich – in einem Mann, mittleren Alters, der mit ausgestreckten Armen in Kreuzigungsmanier, in einem massiven „Riemen – Gehänge“ steckt.
Erstaunlicher Weise wirkt dieser Mann nicht unzufrieden, obwohl die rechte Hand nahe der Flamme einer Christbaumkerze positioniert ist, er mit dem Oberkörper in einer Art Brustpresse steckt und ein himmlisches Wesen ihn zu einer massiven Himmelstor-Attrappe drängt. Dies ungeachtet der Tatsache, dass er auch noch mit den Waden in metallische Fesseln geschraubt ist, an denen vielleicht noch andere ziehen. Das Abbild des Gekreuzigten rechts unten auf dem Bild und die Fratze Luzifers auf der linken Seite, beflügeln sicher gewisse christliche Erlösungsphantasien – und ja – vielleicht sind es gerade diese schlichten alternativlosen Signale und Abläufe, die dem durchaus modern wirkenden Mann in seiner zwar beengten aber „präzisen Führung“ letztlich kaum Spielraum für Zweifel an Gott und der Welt lassen, und ihm vielleicht gerade deshalb eine gewisse Gelassenheit ins Gesicht schreiben: er scheint zu ahnen wo es lang zu gehen hat und er verspürt wohl keine Lust auf irgendwelchen religiösen Hokuspokus: er weiß, der lebendige Mythos der katholischen Kirche war gestern, der ist tot! Gegenwärtig zählen für ihn daher nur noch Zweifel an den realen, selbst identifizierten Problemen der Menschheit – wie etwa Klimawandel, Einhegen der Globalisierung, Kriege und andere Katastrophen!
Doch wie steht es in so einem Fall mit dem uns allen bestens vertrauten kirchlichen Erweckungsmythos – dem Sündenfall – der quasi der Ausgangspunkt aller christlichen Religionen ist?
Nun lassen sie uns dazu in die Diele gehen, wo wir diesen Sündenfall unmittelbar vor unseren Augen haben:
2.Ein Sündenfall (Diele)
Vielleicht sind Sie zunächst irritiert, doch erinnern Sie sich bitte daran, dass wir ja aus Mythos und Forschung wissen, dass vor dem Heraufdämmern eines Bewusstseins, die Menschen ohne Sünde waren – ähnlich wie die Tiere!
Unsere Urahnen, Adam und Eva, wandelten in diesem Zustand mit Gott. Von der Schlange in Versuchung geführt, aßen sie dann vom Baum der Erkenntnis, was ihnen die Fähigkeit verlieh Gut und Böse zu unterscheiden. Sie entdeckten so den Tod und ihre eigene Verletzlichkeit und wandten sich enttäuscht von Gott ab. Das Menschengeschlecht wurde aus dem Paradies verbannt und begann sein mühseliges sterbliches Dasein…
Doch Adam und Eva bei Gratz – vor der Hochhaus Silhouette und den Spielzeug Soldaten und Panzern – scheinen frisch aus einem Wellness – Center zu kommen, mit zarter elfenbeinfarbenen Haut und gestyltem Schambereich: Adam macht auch hier sofort den Gekreuzigten und Eva hat mit gesenktem Blick der Schlange wohl ein anregendes Säftchen verabreicht, das diese Adam spaßhalber – mit einem ‚lustigen Hut Trick‘ und roter Nase auf den nackten Po spritzt!
Vermutlich sind die beiden dargestellten hedonistischen Protagonisten nicht arm und können sich dieses groteske „Schlangen Happening“ locker leisten. Ein anderer Zugang zu dem ursprünglichen kollektiven Erweckungsmythos ist ihnen auch nicht mehr möglich, und die spirituell ausgehöhlte katholische Kirche, gibt wenig brauchbare Hilfestellung.
Adam und Eva sind auf sich und ihre ‚Spaß-Welt‘ zurückgeworfen – und das Spiel mit der pfiffigen Schlange läuft bestimmt schon längst als Video auf Tiktok – mit einer Menge Follower!
Interessant mag bei diesem Paar nun sein, wie es um deren beider Söhne Kain und Abel bestellt ist? Dazu müssen wir jetzt in Raum 1 – und zwar in 4 Tagen am 25. August 2022…