Also jetzt kommt nach dem Thriller ein Roman! Und zwar eine Story für jung gebliebene Jugendliche und jung gebliebene ältere Herrschaften: immer am Sonntag und Donnerstag kommt ein Kapitel – insgesamt sind es 13 Kapitel. Mal sehen wieviel dieses mal durchhalten auf Facebook in meiner Story…
Prolog
Also echt, ich wär’ nie auf die Idee gekommen alles aufzuschreiben! Nie im Leben!
Aber mein Papa sagte, dass wir aus dieser komischen Sache unbedingt eine Story machen müssten, wenn wir sie heil überstanden hätten.
Mir ging das damals bald auf die Nerven! Ununterbrochen redete Papa von dieser blöden Story, die wir gemeinsam aufschreiben sollten, nur wir beide; ich sollte einfach drauflos erzählen und er würde alles aufschreiben…
Aber als dann alles vorbei war und ich ihn an seine Story erinnerte, die er ununterbrochen aufschreiben hatte wollen, hatte er plötzlich keine Zeit mehr! Immer war irgendetwas Anderes wichtiger: einmal war’s die Gartenarbeit, dann das Büro, dann wieder irgendein blödes Buch, das unbedingt fertig gelesen werden musste. Und wenn ihm gar nichts mehr einfiel, musste er bestimmt Mama helfen oder am Auto herumwerkeln, echt nervig!
Aber siehe da, eines schönen Sonntagnachmittags kam Papa nach der Kaffeejause, plötzlich in mein Zimmer und sagte, „ und? – hast du schon eine Idee wie die Story anfangen soll?“
„Nee“, sagte ich und tat so, als hätte ich keine Lust mehr. „Momentan hab’ ich auch gar keine Zeit. Ich warte auf Vera und Ebru, die müssen jeden Moment kommen!“
„Okay, Madam, dann will ich nicht stören“, sagte Papa und zog wieder ab. Er sagte noch, dass es ja auf die paar Minuten jetzt auch nicht mehr ankäme.
„Und wenn deine Laune nach dem Besuch vielleicht besser ist, dann kannst du ja bei mir im Arbeitszimmer vorbeischauen, oder? Ich hab’ jedenfalls sicherheitshalber schon einmal angefangen!“
Na ja, und dann war ich halt so gut und kam…
Kapitel 1
Er blüht nicht!
Begonnen hat die ganze Geschichte mit dem alten, komischen Fliederstrauch in unserem Garten!
Jedes Jahr, wenn in allen anderen Gärten der Flieder blühte und unser Fliederstrauch es sich wieder einmal anders überlegt hatte, hörten wir von Papa die Meldung: „Im Herbst fliegt diese Missgeburt raus, der wird nie blühen, ich hab die Nase voll“!
Anfangs hatte Mama das auch noch ernst genommen und immer mit überlegt, welchen anderen Strauch man einpflanzen könnte. Aber als das dann jedes Jahr so ging, hörte sie überhaupt nicht mehr hin, wenn Papa den Fliederstrauch beschimpfte. Im Herbst fand er ja doch wieder einen Grund, warum er ihm noch ein aller letztes Mal eine Gnadenfrist gewähren wollte.
Aber an einem Samstag im März kam Papa dann ohne jede Vorwarnung mit einer Handsäge daher und säbelte den alten Fliederstrauch einfach um.
Das war vielleicht ein Ding!
Ich war gerade mit der Nina von unserem Nachbarn beim Sandkasten und fabrizierte aus nassem Sand und den samtigen Blättern vom japanischen Schneeballstrauch super Hamburger als ich ihn sägen hörte.
„ Was wird denn das “? fragte ich.
„Siehst du ja, ich befreie uns von einer Missgeburt!“
„Schade, vielleicht hätte der Strauch ja dieses Jahr endlich geblüht“.
„ Nee, das wird nichts mehr. Seit wir hier in diesem Haus wohnen warten wir drauf, dass dieser Miststrauch endlich blüht, aber er will und will halt nicht! Also fliegt er jetzt raus. Basta!“
„Schade” sagte ich nochmals, da mir der komische Strauch plötzlich irgendwie leid tat
Natürlich half das nichts, denn Papa war wild entschlossen, und schwitzte auch schon entsprechend.
Als der Strauch endlich um geschnitten war, machte er sich mit dem Spaten über den Wurzelstock und stöhnte und schnaufte dabei, wie ein gerade aufgetauchtes Walross.
„Dieser elendige Strauch hat ja Wurzeln wie eine ausgewachsene Krake“ schimpfte er. „Mit solchen Wurzeln hätten andere Sträucher das ganze Jahr locker durch geblüht“!
Selbst unsere köstlichen Hamburger, die Nina ihm immer wieder mit erstaunlicher Beharrlichkeit anbot konnten ihn nicht auflockern.
„Wenn ihr weiter so die Hamburger produziert, wird der japanische Schneeballstrauch bald wie ein Strauchbesen dastehen“ meinte er stattdessen gereizt.
„Stimmt, aber wie soll man ohne diese schönen Blätter so tolle Hamburger machen”.
„Weiß ich auch nicht“ brummte er und hackte beharrlich reihum eine Wurzel nach der anderen ab.
Mit hoch rotem Kopf konnte er dann endlich den Wurzelstock mit dem Spaten aushebeln.
„Sei vorsichtig“, sagte ich, „vielleicht ist da ja ein Geheimnis darunter, oder ein Schatz“!
„Das ist zwar prinzipiell möglich, aber nicht sehr wahrscheinlich“!
Ich hockte mich aber trotzdem dicht an die ausgehobene Grube, um alles gut beobachten zu können, wenn der Wurzelstock hoch kippte.
Aber selbst als der ganze Wurzelstock endlich heraußen war und wie eine weidwunde Krake herumlag, war von einem Geheimnis nichts zu sehen. Ganz zu schweigen von einem Schatz. Nur ein paar Tonscherben lagen in dem trostlosen Loch, das immerhin so tief war, dass ich mich spielend hineinsetzen hätte können.
„Da hast du deinen Schatz“ spottete Papa und warf die Tonscherben mit dem Spaten aus der Grube.
„Eine Schweinerei, dass man so einen Mist den Pflanzen unter die Wurzeln jubelt“!
Noch während er das sagte, schlug er mit dem Spaten auf der toten Wurzelkrake herum, dass der ganze Garten wie bei einem mittleren Erdbeben wackelte.
Da die Tonscherben so schön dunkelrot waren suchte ich einige zusammen und wusch sie mit Nina unter der Wasserleitung ab. Leider stellte die sich dabei ziemlich tollpatschig an; im Nu war sie bis zu den Ellenbogen hinauf nass. Hm!
Eine der Tonscherben schaute wie ein Vogelkopf aus und als ich sie ganz sauber hatte entdeckte ich zu meiner Verwunderung darauf ein eingraviertes ‘R’!
„Was ist denn das?“ sagte ich zu Nina und schaute sie vermutlich genau so dumm an, wie sie mich, als sie ihre Jackenärmel eingewässert hatte.
Etwas aufgeregt lief ich zu Papa und zeigte ihm das komische ‘R’.
Aber Papa sagte nur „ aha“ und schlug weiter auf der längst toten Wurzelkrake herum.
„Ja findest du dieses ‘R’ nicht komisch“?
„Nee.“
„Aber wer graviert denn in Tonscherben ein ‘R’“?
„Weiß ich nicht und interessiert mich auch nicht“
„Aber mich, das ist doch nicht normal“ sagte ich und wusch mit Nina auch die restlichen Tonscherben feinsäuberlich ab und tatsächlich fanden wir noch jede Menge Buchstaben auf diesen Scherben.
Da war ein ‘W’ oder ‘M’, so genau konnte man das nicht feststellen und ein ‘L’.
Und noch ein ‘R’.
Auch ein Stück von einem ‘E’ entdeckten wir.
Vielleicht war es auch ein ‘F’!
Dann ein ”T, ein halbes ‘S’ und noch eine größere Scherbe, wo sogar ein ‘ICH’ und ein ‘?’ draufstand.
Das war doch mehr als seltsam.
„Das ist bestimmt eine geheime Botschaft“ flüsterte ich Nina zu, obwohl gar niemand da war, der uns hören hätte können.
„Wer weiß wie alt diese Buchstaben sind? Vielleicht sind die noch aus der Zeit der Hexenverbrennungen”.
„Hexenverbrennungen?“ wiederholte Nina fast mechanisch ohne irgendetwas zu raffen.
„Ach ich weiß ja auch nicht“ sagte ich plötzlich etwas verunsichert und rief energisch nach Papa.
Gott sei Dank war die Wurzelkrake erledigt, weiter zerlegen konnte er die wirklich nicht mehr.
„Was brüllst du denn so?“
„Da guck doch“ sagte ich und zeigte angestrengt lässig auf die Tonscherben mit den eingravierten Buchstaben.
„Und, was soll das werden?“ fragte er und stutzte plötzlich auch.
Er versuchte ein paar Mal die Buchstaben so aufzulegen, dass sie ein Wort ergaben. Aber das klappte nicht.
Er runzelte die Stirne und sagte „ da muss man systematisch rangehen und, nicht nur so rum probieren!“
Plötzlich hatte ich mit meinem Puzzle geschulten Gehirn eine Idee.
„Wie wär’s denn, wenn wir den Topf einfach wieder zusammensetzen, dann könnten wir doch die Inschrift bestimmt lesen“
„Kluges Mädchen, doch leider ist von dem Topf, wenn es denn einer war, fast nichts mehr vorhanden“!
„Trotzdem, ich hol’ einen Kleber“ und fort war ich.
Was dann folgte war eher mühsam. Ohne Papas Hilfe hätte ich das nie und nimmer geschafft. Auch so fehlten bei dem wackeligen topfähnlichen Gebilde beliebig viele Teile. Und die Inschrift… was war mit der Inschrift?
Immerhin konnte man folgendes auf der Topfinnenseite erkennen:
..W…R F R L O S T .. I C H ?
„Und was heißt das jetzt?“ fragte ich etwas ratlos
„Achte auf das Fragezeichen, da siehst du wenigstens wo die Botschaft aufhört“.
„Gut, Papa, ja echt gut“ sagte ich etwas zögernd und tonlos so vor mich hin da ich natürlich jetzt sofort wusste, was das heißen musste.
Das hieß ganz eindeutig
WER ERLÖST MICH?
„Eine Erlösungsbotschaft in einem Blumentopf“ stellte Papa nüchtern fest, als hätte jemand „guten Tag“ gesagt; dabei wollte da doch jemand dringend erlöst werden!
Und während Nina neben uns an ihren Fingernägeln kaute und immer wieder fragte „wer erlöst werden möchte“, platzte ich beinahe vor Ungeduld und Aufregung.
Ich war wie aufgedreht und konnte nur wirres Zeug daher quasseln, alles drehte sich, mir war heiß und kalt und der Boden unter meinen Füssen wurde immer weicher und weicher als würde ich in einen zähen Schlamm hineinwaten….
Und ich verstand überhaupt nicht wie Papa so ruhig bleiben konnte. Schließlich war er ja nicht dumm, wenn er auch manchmal etwas langsam und komisch war. Er musste doch auch spüren, dass da irgendetwas nicht stimmte. Und das tat er auch, da war ich mir ganz sicher. Als er allerdings sagte, “ da hat sich wohl jemand einen kleinen Scherz erlaubt“, hätte ich ihn erwürgen können.
„Was ist denn das für ein Scherz, wenn jemand erlöst werden will!
Ha Ha – da kann man ja wohl wirklich unheimlich lachen..!
„Du vielleicht nicht, Kiki, meine kleine Träumerin, ich aber schon. Ich weiß nämlich nicht, was ich außer lachen sonst tun sollte, wenn jemand Erlösungsbotschaften in Blumentöpfe graviert und diese unter Fliedersträuchern vergräbt, verschrobener geht’s wirklich nicht!“
„ Ja- drum ist ja aus dem Fliederstrauch auch nichts geworden, weil seine Wurzeln dieses Geheimnis bargen“.
„Na ja ich weiß nicht“ sagte Papa, nun aber doch bemüht mich nicht noch mehr zu reizen. Aus diesem Grund sagte er wahrscheinlich auch, „ich möchte wirklich wissen, wie der Blumentopf unter die Wurzeln gekommen ist“, und er schaute so treuherzig vor sich hin, dass man es ihm beinahe glauben konnte.
Leider rief dann Mama zum Abendessen. Und Nina musste auch heim. Ich schärfte ihr ein, zuhause ja nichts von unserem Geheimnis zu erzählen und ließ sie schwören.
Auf meinen Wunsch trug Papa den zusammengeflickten Blumentopf vorsichtig in mein Zimmer und stellte ihn da so auf mein Regal, dass ich ihn auch noch vom Bett aus gut sehen konnte. Und Mama wunderte sich natürlich, als wir mit dem komischen Ding daherkamen, und als ich dann beim Abendessen alles haarklein erzählte wunderte sie sich noch mehr. Vor allem über uns Doofköppe, wie sie sagte.
KH