Also jetzt kommt nach dem Thriller ein Roman! Und zwar eine Story  für  jung gebliebene Jugendliche und  jung  gebliebene ältere Herrschaften: immer am Sonntag und Donnerstag kommt ein Kapitel – insgesamt sind es 13 Kapitel. Mal sehen wieviel dieses mal durchhalten auf Facebook in meiner Story…

 

Kapitel 4

Und was jetzt?

Die nächsten Tage ging absolut nichts weiter!

Papa hatte angeblich soviel im Büro zu tun, dass er sich um unser Geheimnis überhaupt nicht kümmern konnte. Und alleine konnte ich nicht viel tun, dazu war die Sache viel zu kompliziert und undurchsichtig geworden.

Aber ganz untätig bin ich dann doch nicht gewesen und habe wenigstens diesen Herrn Schmidt in der Gartenstraße ausgehorcht.

 Und zwar habe ich einfach meinen Ball in seinen Garten geworfen und geläutet. Ein älterer Herr, vielleicht war es Herr Schmidt, öffnete die Tür und musterte mich kritisch. Ich grüßte artig und fragte mit zerknirschtem Gesicht, mir ist leider mein Ball in ihren Garten gefallen, darf ich ihn mir bitte holen?“,

„Na ja, wenn’s sein muss“, sagte der ältere Herr und lächelte sogar; wahrscheinlich kannte er mich vom Sehen.

Da er nicht mitging benützte ich die Gelegenheit und spähte gleich die Fliedersträucher aus. Tatsächlich stand in einer Ecke seines Gartens, verdeckt von anderen Sträuchern genauso ein Kümmerling wie der unserige. Komischer weise lag da auch mein Ball!

„Na hast du deinen Ball gefunden“, fragt er, als er unerwartet hinter mir auftauchte. Ich erschrak zwar, aber nicht so stark, dass er es merken hätte können.

„Ja, der lag da hinten bei dem mickerigen Fliederstrauch, ist der nicht angegangen oder warum sieht der so armselig aus“? fragte ich gespielt fachmännisch.

„Seit wann kennt sich eine so junge Dame mit Pflanzen aus?“

„Wir hatten auch so einen Kümmerling, den hat mein Vater aber vor ein paar Tagen aus dem Garten geschmissen, weil er nichts taugte“.

„Soso nichts taugte“ wiederholte Herr Schmidt und kratzte sich verdächtig lang am Kopf. „Wer ist denn dein Vater“?

„Carl Koblewski, von da vorne aus der Waldstraße. Und ich bin die Kiki, seine Tochter“!

„Aha, die Kiki“!

„Als sie diese Fliederpflanze gekauft haben, saß die da auch in so einem roten Blumentopf“? stieß ich gleich nach, um Nägel mit ´Köppe´ zu machen, wie Papa immer zu sagen pflegte.

„Was weißt denn du über diese Blumentöpfe? Da warst du doch noch gar nicht auf der Welt!“

„Tja, ich weiß ja auch, dass Christoph Columbus Amerika entdeckt hat, obwohl ich da auch noch nicht auf der Welt war“, sagte ich vielleicht etwas frech aber mit meinem freundlichsten Lächeln.

„Schlaues Mädchen, was “? meinte er leicht ironisch und zog seine arg buschigen Augenbrauen hoch.

„Vor ein paar Tagen, habe ich komischer Weise an den alten Mann denken müssen, der mir diesen Fliederstrauch in einem roten Blumengeschirr verkauft hat. Solche Tontöpfe waren damals eine Seltenheit“.

„Haben Sie den vielleicht noch“? unterbrach ich ihn hastig.

„Ich nicht, aber es könnte schon sein, dass er noch bei meinem Bruder in Bruchköbel da auf dem Bauernhof irgendwo herumgammelt. Aber sag’ einmal, warum willst du denn das alles wissen“?

„Weiß ich auch nicht, nur so“, sagte ich, zog verlegen die Schultern hoch und dotzte meinen Ball dauernd auf das Pflaster der Einfahrt, was ziemlich nervig war. Herr Schmidt war bestimmt froh als ich mich dankend verabschiedete.

Papa war nicht froh, als ich ihm abends von Herrn Schmidt erzählte.

„Sei vorsichtig, Kiki, ich will nicht, dass wir wegen dieser blöden Geschichte ins Gerede kommen. Man muss da höllisch aufpassen, das geht nämlich schneller als man denkt und schon wird man komisch angeschaut, das muss nicht sein“!

„Ach du musst dir da keine Sorgen machen, der Schmidt war ganz lieb und ich hab‘ viel zu doof rum getan, der fragte nur warum ich das alles wissen will und das war’s“.

Letztlich war Papa erst beruhigt, als ich ihm versprach nichts mehr allein in dieser Sache zu unternehmen.

„Okay, wenn du willst können wir uns ja diesen Schmidt-Bruder und seinen Bauernhof einmal anschauen“

„Echt, dass wär’ super Papa! Du bist wirklich der Beste!“

„Sag ich doch schon die ganze Zeit, aber du willst es ja nicht glauben“!

 

Der Sonntagspaziergang in den alten aufgelassenen Steinbruch war allerdings eine einzige Pleite gewesen. Dabei hatte ich vor lauter Aufregung in der vorgehenden Nacht fast nichts geschlafen; ich musste immerzu an die finsteren Höhlen, die wir sicher bald mit Kerzen oder Grubenleuchten erforschen würden denken, und an Schatzkisten mit Edelsteinen und golddurchwirkten Kleidern, an gruselige Fledermäusen, die sich in meinen Haaren verfingen, an klapprige Skelette und weiße Molche ohne Augen und schimmlige Bärenknochen…

Aber nichts von alledem war da! Nur Berge von Geröll entlang der Wände des Steinbruchs und ein fast undurchdringlicher Wald von Sträuchern und Brombeerhecken. Und natürlich auch die seltenen Pflanzen von denen Mama, die auch mit war, behauptet, sie würden nirgendwo sonst wachsen.

Während sie mit geschärftem Adlerauge danach Ausschau hielt, schnüffelten Papa und ich fast eine Stunde, wie alte Trüffelschweine durchs Gelände ohne auch nur die kleinste Kleinigkeit zu finden, die uns der Lösung unseres Rätsels nähergebracht hätte.

Mama konnte sich eine gewisse Schadenfreude nicht verkneifen.

„Damit denke ich ist die Sache wohl gelaufen“, meinte sie auf dem Weg nachhause, „ihr werdet euch doch sicher diesen Schmarren jetzt aus dem Kopf geschlagen haben“!

Papa lachte auch, aber etwas verkrampft

„Du hast doch nicht wirklich geglaubt, dass ich solche Spinnereien von Kiki ernst nehme. Noch dazu wo sie hinter allem die große Zauberei vermutet; das ist doch alles nur so ein absurdes Spielchen. Schließlich muss man doch nicht immer nur vernünftig sein – von morgens bis abends, oder?“

Mir gefiel das gar nicht, was ich da vernahm; das hörte sich zu sehr nach Handtuchwerfen bei Papa an. Nach der Enttäuschung im Steinbruch konnte ich ihm das nicht einmal verübeln, war ja wirklich deprimierend gewesen, was da abging beziehungsweise nicht abging!

Ich konnte mir, ehrlich gesagt überhaupt nicht mehr vorstellen, wie wir da weiterkommen sollten. Wahrscheinlich war wirklich alles ein hanebüchener Blödsinn.

Andererseits hatte ich aber auch ein Versprechen einzulösen: schließlich hatte ich dem grauen Mann fest versprochen ihn zu erlösen, und ich hatte das nicht nur so zum Spaß gesagt sondern ganz ehrlich so gemeint – ich konnte ihn doch nicht noch einmal, eine weitere Ewigkeit warten lassen, das ging doch nicht, das konnte man diesem Mann nicht antun, der hatte schon genug gelitten!

Und es kam noch übler. Daheim wollte Papa plötzlich mit mir ein „ernstes Wort“ reden; wenn ich das schon hörte.

„Kiki“, sagte er in bedeutungsschwangerem Ton und ernster Miene, „ich glaube wir sollten wirklich langsam vernünftig werden und uns aus der Blumentopfspinnerei zurückziehen, damit ist im wahrsten Sinne des Wortes kein Blumentopf zu gewinnen!!! Mama hat ganz recht, wenn sie uns auslacht, meinst du nicht auch“?

„Nein das meine ich nicht“, sagte ich zu tiefst enttäuscht und starrte stur vor mich hin. Ich vermied ganz bewusst Papa anzusehen und mir wurde auch klar, dass jetzt nur mehr eines half: heulen, heulen und wieder heulen! Ich tat das zwar nicht gerne aber es war meine einzige Chance. Und mir war eh danach, die Tränen fingen ganz von selber zu fließen an, wie bei dem alten Mann. Fast Bäche weise rannen mir die Tränen runter, als ich mich ein geweint hatte, irgendwie tat es mir sogar gut. Nach den letzten Tagen der Anspannung, war das „meine kleine Erlösung“, dieses Weinen. Ich wollte gar nicht mehr aufhören, so schön war das und mir passte es auch gar nicht als Papa mich plötzlich umarmte und trösten wollte.

„Also, auch wenn wir beide die größten Rindviecher sind, die es derzeit unter dem Sternenhimmel gibt“ flüsterte er mir zu“, gehe ich mit dir, wie versprochen, als aller letzte Aktion, noch nach Bruchköbel zum Bauer Schmidt. aber dann ist wirklich Schluss, Kiki! Und jetzt hör bitte auf zu weinen, du weißt, ich ertrage das nicht.“

Ja, das wusste ich, drum tat ich es ja auch – aber auch für mich!

Da ich mir das aber nicht eingestehen wollte stand ich, für Papa überraschend, gekränkt auf, ging in mein Zimmer und ließ mich den ganzen Abend nicht mehr sehen.

 

Bei dem Besuch bei Bauer Schmidt entpuppte sich Papa als wahrer Trickser! Als wir ankamen sahen wir in der Hofeinfahrt den Bauer auf einem riesigen Traktor mit wahnsinnig dicken Reifen sitzen.

“Wir suchen nach alten Bauernsachen! Habt ihr noch altes Ton Zeug und so? Ich such’ Krüge, Schmalztöpfe, Nachtgeschirr, alles was ihr habt, nur alt muss es sein“, rief er laut zu dem Bauer hoch und unterstrich das noch mit einer ausladenden Armbewegung.

Der Bauer starrte ihn aus seinem roten Gesicht etwas feindselig an und brummte, „wir habe nix und gebe nix und Zeit hab’ ich auch keine!“

„Schade, ich hätte mir das auch etwas kosten lassen“, sagte Papa und wedelte mit einem größeren Geldschein in der Luft herum, alles etwas arg übertrieben nach meinem Geschmack.

Als der Bauer den Geldschein sah, hellte sich sein Gesicht schlagartig auf. Er schrie lauthals nach der Bäuerin und als diese im Haustor erschien befahl er ihr recht barsch alle alten Töpfe beizuschaffen, dann gab er Gas und fuhr mit Vollgas vom Hof.

Die Bäuerin, eine verhärmte, schmächtige Frau, kam zögernd und unschlüssig auf uns zu. Papa erklärte ihr nochmals sehr freundlich unser Anliegen.

„Wir haben hier im Umkreis auch schon bei anderen Bauern gefragt“, ergänzte er noch.

Ohne vorher viel Hoffnung gehabt zu haben, waren wir dann schon überrascht, wie schnell die Bäuerin etliche alte Dinger beischaffte. Sie schien sich selbst zu wundern, was sie alles fand. In der Hauptsache waren es alte Schmalztöpfe, Mostkrüge und ein Nachttopf. Papa tat zufrieden, gab aber auch zu verstehen, dass er noch anderes suche

„Wie steht’s denn mit alten Vasen und altem Pflanzgeschirr?“

„Hm, Vasen und Blumentöpfe?“ sagte die Bauersfrau mehr zu sich selbst  „ne, da sei nichts mehr da!“

„Wirklich nicht?“ fragte Papa mit enttäuschtem Gesicht.

„Ich schau’ noch einmal hinten im Stall, aber, wenn da auch nichts ist, dann ist das wirklich alles, was wir haben“.

Ich schaute Papa betrübt an und schlenderte mit hochgezogenen Schultern enttäuscht ziellos im Hof umher, der ziemlich groß und arg unaufgeräumt war.

Endlich kam Frau Schmidt; sie wirkte schon etwas erschöpft und lustlos. In der rechten Hand hielt sie ein total verdrecktes Teil; erst auf den zweiten oder dritten Blick konnte man vielleicht so etwas wie einen Blumentopf erahnen, doch welch ein Wunder, an einzelnen Stellen schimmerte wirklich so etwas wie dunkelrot durch. Frau Schmidt stellte dieses dreckige Stück fast verschämt zu den anderen Sachen und schaute uns fragend an. Sie war echt überrascht als Papa nach einer peinlich langen Pause heftig mit dem Kopf nickte und sagte,

„Prima, das ist es doch!“

Für zwei Schmalztöpfe, einem bemalten Krug und das dreckige Blumengeschirr reichte Papa der fassungslosen Bäuerin den prächtigen Geldschein, den er schon dem Bauer gezeigt hatte. Zögernd, als erwarte sie, dass Papa es sich jeden Augenblick noch anders überlege, griff sie nach dem Geld und ließ es dann schnell unter ihrer Schürze verschwinden.

Jetzt erst schien sie überzeugt, dass Papa es wirklich ernst meinte, sie lachte plötzlich und fing wie ein Wasserfall zu reden an. Selbst als sie mit uns die Sachen zum Auto trug redete sie ununterbrochen weiter…

„Papa du warst echt spitze“, sagte ich anerkennend als wir dann endlich von ihr losgekommen waren und heimfuhren, zur Bekräftigung klopfte ich ihm ganz fest auf die Schulter.

Er grinste und freute sich auch.

„Jetzt bist wieder du an der Reihe, Kiki. Ich hoffe, du wirst mir bald einen detaillierten Bericht vorlegen!“

KH

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