Hilfe! Wer erlöst mich…? (Kapitel 8)

 

  Also jetzt kommt nach dem Thriller ein Roman! Und zwar eine Story für jung gebliebene Jugendliche und  jung  gebliebene ältere Herrschaften: immer am Sonntag und Donnerstag kommt ein Kapitel – insgesamt sind es 13 Kapitel. Mal sehen wieviel dieses mal durchhalten auf Facebook in meiner Story…

Kapitel 8

Es geht los…!

Sowohl Georg und Konrad, als auch die Herren Brecher und Fleischer waren bereit Papa bei seiner Suchaktion zu helfen. Bei einer ersten Zusammenkunft, wo ich auch dabei war, wurde beschlossen, die ganze Aktion als großes Picknick zu tarnen. Alles sollte wie ein harmloses Treffen einiger Familienväter samt ihren Kindern aussehen. Und aus lauter Gaudi sollten auch ein paar Steine herum gerollt werden. Da außerdem am Sonntag zu viele Spaziergänger unterwegs waren und auch die Sonntagsruhe nicht gestört werden sollte, hatte man beschlossen nur an Samstagnachmittagen rumzumachen. Am Sonntag hätten sich ja doch wieder einige Wichtigtuer aufgeregt.

Der Konrad Simon hielt die ganze Aktion für eine mordsmäßige Spinnerei von Papa, “das ist quasi ein verspäteter Faschingsscherz, den der Carl nachträglich realisieren will – und wenn schon – jeder hat so seine Macken, warum nicht auch der liebe Carl Koblewski!“

„Und sicher ist es was ganz Wichtiges, was nicht einmal der amerikanische CIA weiß, sonst würde der Carl nicht gar so ein Staatsgeheimnis draus machen“, frotzelte der Georg Simon.

„Aber echte Freunde müssen das ertragen können“, merkte Hubert Fleischer an, und die anderen stimmten ihm zu, „wahrscheinlich ist alles ganz einfach. Der Carl weiß, dass da ein Schatz vergraben ist, will es aber geheim halten, da er nicht mit uns teilen will, gelt Carl, prost!“.

Lachend stießen sie mit ihren Gläsern auf Papa an, der etwas selbstgefällig grinste aber kein Wörtchen dazu sagte.

Nur Mama meinte, dass sie sich eigentlich auch für ausgewachsene Familienväter gar nichts Schöneres vorstellen könne, als so an sonnigen Samstagnachmittagen Steine durch die Gegend zu werfen, ja das hätte schon was!

„Sag’ Susanne weißt du denn, worum es da geht, oder schweigt sich der Carl bei dir auch so aus?“ wollte Konrad wissen.

„Tja was soll ich dazu sagen“, sagte Mama grüblerisch. „Ich will’s mal so sagen, ich glaube nicht an das, was mein lieber Mann glaubt und daher kann ich sagen ich glaube eigentlich nichts und wissen tu ich schon gar nichts“.

„Susanne du solltest unbedingt in die Politik gehen, die reden nämlich genau wie du ohne dabei etwas zu sagen“, warf Georg ein und prostete ihr zu.

„Georg, wir sollten nicht weiter in die Susanne dringen, sonst gibt’s bei den Koblewskis noch einen richtigen Familienkrach, das wär’ gar nicht gut“, meinte Fleischer, nahm einen letzten kräftigen Schluck und drängte zum Aufbruch. Mich hatte man ganz übergangen bei diesem Gespräch, ich hätte aber eh nicht gewusst, was ich sagen hätte sollen, und so geschickt wie Mama hätte ich mich auch nicht rausreden können.

Und als es dann endlich einmal an einem Samstag nicht regnete machten wir uns an die Arbeit.

Papa hatte im Kofferraum seines Autos einen Kasten Bier dabei und einen Wäschekorb voll belegter Brötchen. Und natürlich auch Limonade und Naschzeug für uns Kinder. Und das nicht zu knapp. Aber wir waren auch sechs Kinder: Hubert Fleischer hatte den Lutz mitgebracht, Konrad seine Suse, Georg den Benedikt und die Klara und Alfred Brecher die Kristine; und ich war natürlich auch dabei.

Wie zu erwarten, wurde im alten Steinbruch erst einmal die Lage grob sondiert, alles ausgepackt und dann ganz gemächlich gegessen und getrunken. Für uns Kinder hatte Papa auch zwei alte Decken und ein paar Campingstühle mitgebracht – war echt gemütlich!

Den Männern schien die Sache auch zu gefallen, jedenfalls alberten sie ganz schön rum und arbeiteten ein Bier nach dem anderen in ihre apollinischen Körper, wie Papa immer zu sagen pflegte.

Gegessen wurde auch nicht schlecht. Dabei lag das Mittagessen erst zwei Stunden zurück. Der Lutz Fleischer fraß überhaupt wie ein Gehirnamputierter, ehe man sich versah hatte er fünf Wurstbrote und eine Flasche Limo verdrückt.

Zwischen den einzelnen Bieren zeigte Papa immer mal wieder auf die Geröllhalde, die teilweise weggeschafft werden musste. Alfred Brecher und Hubert Fleischer glaubten immer noch an einen Scherz von Carl Koblewski. Für sie war es unvorstellbar, diese Steinmassen ohne Maschinen fort zu bewegen. Georg und Konrad, die die Geröllhalde schon gekannt hatten wackelten auch nachdenklich mit den Köpfen. Sie sagten aber nichts. Vermutlich wollten sie die anderen nicht entmutigen.

Papa tat so, als wär’ das ganze eine Kleinigkeit. Und je mehr leere Bierflaschen neben ihm standen, umso leichter wurde die Sache.

„Es gehe ja schließlich nicht um die gesamte Geröllhalde“, sagte er immer und immer wieder laut lachend, „ich kenne die Stelle, wo wir beginnen müssen ganz genau, liebe Freunde – nur Mut und keine Verzagtheit, wenn ich bitten darf, nur den Tüchtigen gehört die Welt!“

„Ach Gott, was für ein Spruch wieder!“ stöhnte ich und hatte die Lacher auf meiner Seite.

Und irgendwann ging’s dann los! Carl Koblewski machte sich mit seinen Kumpels auf den Weg. Mehrmals forderte er uns eindringlich auf, ja nicht an die Ostseite des Steinbruches zu gehen: „Kiki ich verlass’ mich auf dich! Wir werfen die Steine nämlich einfach runter und man weiß auch nie ob irgendetwas noch nach rutscht.“

„Okay, kein Problem“, sagte ich,“ ich hab’ alles im Griff, Papa, kannst dich drauf verlassen!“

Mir machte es auch nichts aus, dass ich bei diesen Arbeiten nicht dabei sein durfte. Wahrscheinlich wär’ mir das eh zu fad gewesen. Da spielte ich schon viel lieber mit den anderen Kindern. Überhaupt da der Benedikt und der Lutz dabei waren. Die beiden fand ich unheimlich klasse. Ihnen fielen immer die blödesten Sachen ein; die waren wirklich gut!

Papa und die anderen waren bei den Fliedersträuchern die Geröllhalde hochgeklettert. Ungefähr in der Mitte der Wand blieben sie stehen und begannen erst zögernd und abwägend und dann immer schneller Steine nach unten zu schmeißen. Ich schaute eine Weile zu und lief dann aber zu Lutz und Benedikt, die auf der anderen Seite des Steinbruchs mit dem Bau einer Ritterburg begonnen hatten. Suse, Klara und Kristine bewachten auf meinen Befehl hin unseren Lagerplatz.

Am Abend als alles aufgegessen war und nur mehr leere Flaschen herumstanden, konnte man an der Geröllhalde überhaupt nicht erkennen, dass gearbeitet worden war: „Da sind immer wieder neue Steine von oben nachgekommen“, sagte Papa. „Kaum war ein Stein weg, sind zwei neue von oben nachgekommen – das wird eine verdammt mühsame Geschichte, das kann ich euch sagen!“

Da seine Freunde auch bedenklich die Augenbrauen hoch und Mundwinkeln runterzogen, sagte er aufmunternd, „na ja, das war ja nicht zu erwarten gewesen, dass wir schon am ersten Tag am Ziel sind“!

„Zum Unterschied von dir weiß ich ja nicht, um welches Ziel es sich handelt, lieber Carl, aber dafür weiß ich wenigstens, dass mir das Kreuz weh tut und ich hundemüde bin, das ist immerhin auch etwas!“, frotzelte Konrad Simon.

Georg lachte verschmitzt: „Konrad, du wirst doch nicht so dreist sein und auch noch wissen wollen wofür du dich abrackerst, also das geht ja wirklich zu weit, lieber Konrad, alles was recht ist. Es reicht doch wenn unser Großmeister alles weiß!“

„Hoffentlich weiß der das auch wirklich“, stänkerte Hubert Fleischer und schaute grinsend zu Papa.

Der lachte auch und schüttelte sein schweißnasses Haupt, “ nur Geduld meine Herren; Rom wurde auch nicht an einem Tag gebaut!“

„Hm-hm, wie geistreich“, meinte Alfred Brecher

„Man kann doch wirklich als Erwachsener Mensch auch einmal etwas tun, dessen Sinn man nicht gleich durchschaut, oder? Das ist doch eine prima Schulung fürs Leben, das ist ja auch nicht immer sinnvoll und effektiv!“ ergänzte Papa.

„Na-na-na – bist du jetzt auch noch unter die Philosophen gegangen“, setzte Alfred Brecher nach “, da können wir ja wirklich von Glück reden, dass wir nicht noch ein Honorar an dich entrichten müssen für diese Schinderei“!

„Das stimmt Carl, und du musst echt aufpassen, dass du dich nicht übernimmst, denn Schatzsucher und Philosoph ist schon ein bisschen viel, wenn du mich fragst!“

„Aber ich frag, dich nicht“, sagte Papa feixend zu Georg.

Gott sei Dank wurde es schon dunkel, sonst hätte dieses Geflaxe überhaupt kein Ende gefunden. Und so lustig fand ich das auch wieder nicht. Und Papa bestimmt auch nicht. Das sah ich an seiner Nasenspitze. Ihm war die Geheimnistuerei vor seinen Freunden auch ziemlich peinlich; eigentlich ein Wunder, dass er das bisher so durch gehalten hat. Das war sicher nicht leicht für ihn, so wie ich ihn kannte!

Auf der Heimfahrt wurde beschlossen am nächsten Samstag weiter zu arbeiten; allerdings ohne Alfred Brecher, der hatte sich beim Herumgekraxel im Geröll eine schlimme Zerrung im linken Bein zugezogen und humpelte wie ein Schwerverletzter.

„Ich will aber nur einmal aussetzen und dann unbedingt wieder mitmachen, denn wenn ich etwas zugesagt habe, dann will ich auch nicht kneifen und außerdem will ich nicht um meinen Anteil vom Schatz kommen, das geht wirklich nicht! Ha-Ha!“

So war es dann auch. Am darauffolgenden Samstag wurde nur zu Viert gearbeitet. Aber zu sehen war immer noch kaum etwas!

Papa und ich gingen auch unter der Woche ein paar Mal in den Steinbruch. Ich durfte da mithelfen, was ich ziemlich toll fand, überhaupt als Papa sagte, dass es auch ein bisschen gefährlich sei. Ich habe auch jede Menge Steine fortgeschafft, das konnte sich echt sehen lassen. Nur schade, dass wir nicht bei Dunkelheit weiterarbeiteten, das hätte mir besonders gut gefallen; ich wollte immer gar nicht aufhören.

Es kam auch immer wieder vor, dass Papa plötzlich bezweifelte, dass wir es schaffen werden. Überhaupt wenn wieder ein größerer Haufen nachrollte und die Arbeit eines ganzen Tages zunichte machte. Das war dann wirklich zum Verzweifeln! Aber ich redete Papa immer wieder zu weiterzumachen und versuchte mir nicht anmerken zu lassen, dass ich langsam aber sicher die Sache für auch für hoffnungslos hielt.

Aber zum Glück ließ Papa trotz aller immer wieder aufkommenden Zweifel nicht locker! Immer wieder scharrte er samstags seine nörgelnden Mannen um sich und trieb sie zum Steinbruch. Ein Wunder, dass die überhaupt noch mitmachten; aber sie taten es!

Und immer, wenn es brenzlig wurde und die Stimmung gänzlich umzuschlagen drohte, ließ Papa ein winziges Stückchen von der Geschichte raus. Es war nicht viel, was er sagte, aber immerhin wussten die fleißigen Männer bald, dass sie auf der Suche nach einer Höhle waren, in der etwas Seltsames eingeschlossen sein sollte.

Und ich sagte einmal, dass alles ziemlich magisch sei.

„Aber mit Zauberei habe es nicht zu tun“, schränkte Papa ein, „dafür aber mit Flieder und zwar blühenden Flieder, wenn das vielleicht auch noch komischer klingen mag“!

Alfred Brecher war übrigens auch wieder jeden Samstag dabei, obwohl er immer noch etwas humpelte – aber die Neugierde war einfach zu groß.

Und wir Kinder kamen ohnehin jedes Mal mit; zumindest der Lutz und der Benedikt, die Suse und ich.

Die Burg, die wir zusammen bauten wurde zwangsläufig immer gewaltiger; von ihr aus machten wir als schreckliche Raubritter den ganzen Steinbruch und nahen Wald unsicher. Leider kamen viel zu selten Postkutschen mit reichen Grafen vorbei, die man ausrauben konnte. Meistens mussten wir uns mit Kristine und Klara begnügen, was schlecht war, da die beiden viel zu zickig und empfindlich waren; die heulten auch immer gleich, wenn es ein bisschen spannend war. Überhaupt die Klara. Jedes Mal, wenn sie gefesselt und verschleppt wurde plärrte sie. Schlimm! Und kämpfen wollte sie auch nicht. Obwohl sie schon zehn Jahre alt war, wusste sie noch nicht einmal was ein Duell ist; dabei war ihr Bruder Benedikt, der tapferste Raubritter in Rodenbach. „Ach Klara, spiel doch mit deinen Puppen!“ lag mir fast jedes Mal auf der Zunge, wenn sie wieder mit wollte.

KH

 

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