Männer unter sich…

Bevor Covid 19 nach mehr als 10 Jahren und aktuell 70 Folgen auch die erfolgreiche Serie ‚Carl & Gerlinde‘ mundtot macht, drängen Carl und Gerlinde samt ihrer metaphorischen Hühnerschar nun doch auf ein Revival ihrer Serie: d.h. ab sofort startet mit Folge (1) aus dem Jahr 2011 eine wöchentliche Neuauflage! Und dazwischen gibt es natürlich immer wieder auch weitere Folgen, die sich mit dem aktuellen Geschehen befassen. Viel Spaß dabei!

Carl und Gerlinde (24)

Die Nachricht schlug wie eine Bombe ein! Miriam Braun, seit knapp sechs Monaten neue Vertriebsleiterin der Sparte ‚Wirk- und Strickwaren’ bei TRIGA – und dann das! Für den Prokurist und Spartenleiter Dr. Osterkorn ein Schlag ins Kontor: so hatte er sich den Karriereverlauf seiner hoffnungsvollen, attraktiven Vorzeigemanagerin nicht vorgestellt…

Und Carl saß noch gar nicht richtig am Schreibtisch, als Frau Wolf schon verschwörerisch mit ihrem morgendlichen Kaffee heranschwappte. Bestimmt wär’ sie laut krachend geplatzt, wenn sie ihre Neuigkeit noch eine halbe Stunde länger unausgesprochen mit sich herumtragen hätte müssen. Die neue Frisur wäre dann für die Katz gewesen! Dabei stand ihr der rabiate Sommerhaarschnitt extrem gut, und um ihr laszives Lächeln und die übergroßen Augen wär auch schade gewesen…

„Hast Du’s schon gehört, Carl?“ zischte sie aufgeregt und platzierte scheppernd die Tasse extra heißen Kaffee und ein prächtiges Stück ihres famosen Mohnstrudels auf das übliche Plätzchen neben dem Bildschirm.

Sie schien die neue Vertrautheit zu genießen. Vor einer Woche hatten sie endlich bei einem Abendessen, das ‚Du’ mit  zwei winzigen Küsschen besiegelt. Sehr züchtig! Schade eigentlich – aber vernünftig!

„Was gehört…“? fragte Carl tranig nach.

„Na – die Neuigkeit über deine Miriam…“

„Bettina, wie oft noch, sie ist nicht ‚meine Miriam’!“

„Weiß ich doch, Carl. War nur Spaß! Alles andere wär ja auch abartig; jemand, der einem so brutal vor die Nase gesetzt wurde, wie dir diese Miriam Braun, kann man doch gar nicht mögen…“

„Und was ist jetzt mit meiner lieben mir vor der Nase sitzenden Chefin, Bettina“?

„Das errätst du nie, Carl.“

„Hat sie was mit dem Osterkorn? Würde mich nicht wundern… “

„Könnte sein, weiß ich aber nicht“…

„Oder hat sie heimlich nackt im Büro unsere Wäschekollektion anprobiert?“

„Da wärst du wohl gern dabei gewesen?“

„Jetzt weiß ich’s, sie trägt wieder die heiße Gummiunterwäsche…“

„Ferkel, an etwas anderes kannst du wohl gar nicht denken?“

„Doch – aber nicht wenn du so aufgedreht vor mir stehst…“

„Komm wieder runter Carl – deine putzige Chefin ist nämlich ganz stink normal schwanger!“

„Schwanger? Unmöglich!“

„Doch sie ist im vierten Monat“.

„Im vierten Monat? Aber man sieht doch gar nichts?“

„Du vielleicht nicht– ich schon!“

„Und von wem weißt du diese Neuigkeit schon wieder?“

„Sag’ ich nicht! Aber ich wette mit dir, dass es ein Bub wird“.

„Ist das die berühmte weibliche Intuition?“

„Nenn’ es wie du willst, Carl, aber du wirst sehn, dass ich Recht hab’!“

„Und wer ist der Vater? Die Braun ist doch Tag und Nacht in der Firma?“

„Auch da brodelt die Gerüchteküche, aber nichts Genaues weiß man nicht“.

„Und wann ist es soweit?“

„Vermutlich Oktober, November…“

„Also genau, wenn die neue Firmenstruktur stehen soll! Da wird sich aber unser goldiges Osterkörnchen freuen. Ich glaub’ jetzt muss ich erst einmal schön schadenfreudig frühstücken und mich an deinem leckeren Mohnstrudel vergehen…“

„Tu das Carl, du bist  nicht der einzige, der sich freut“, sagte Bettina spitzbübisch lächelnd „und eh’ ich’s vergesse, um zehn Uhr sollst du bei Dr. Osterkorn sein.“

„Und du sollst alle Unterlagen für die aktuelle Umsatzplanung mitbringen“, fügte sie noch hinzu. Aber Carl bekam das gar nicht mehr richtig mit, sondern schien sich in Mohnstrudel und kaltem Kaffee aufzulösen…

Als Carl um Punkt zehn Uhr in Osterkorns Büro trat, fürchtete er einen Moment lang, dass ihn der Osterkorn umarmen und küssen würde, so enthusiastisch fiel er über ihn her. Mit beiden Händen umschlang er seine rechte Hand und drückte so fest zu, dass Carl für den Bruchteil einer Sekunde diesen Körperteil bereits abschrieb und mit einer Amputation rechnete…

„Wir haben ein Riesenproblem Herr S., oder waren wir nicht schon beim ‚Du’?“ sagte Dr. Osterkorn

„Ja, vor drei Monaten in Mailand mit Frau Braun…“, antwortete Carl zögernd und machte unauffällig einige Fingerübungen, um wieder Leben in seine taube rechte Hand zu bringen.

„Ich erinnere mich, Carl! Nochmals ich bin der Bernhard, unter Freunden  der ‚Bernie’! Wie du ja weißt, Carl, haben wir beide zusammen vor einem halben Jahr nach reiflicher Überlegung, Miriam – also Frau Braun – als  unsere Vertriebsleiterin für die Sparte ‚ Wirk – und Strickwaren’ installiert. Sie hatte ja trotz ihrer Jugend ganz ausgezeichnete Beurteilungen und Referenzen und auch Du lieber Carl…“

„Ich? Sind Sie – ach bist du – sicher, dass ich…“

„Natürlich, Carl, du warst damals für mich das ausschlaggebende Zünglein an der Waage, wie man sagt; ohne deine schweigende Zustimmung, hätte ich doch diesen gewagten Schritt mit Frau Braun nie und nimmer getan, das ist doch klar! Wir beide wissen doch, dass ich immer dein Einverständnis suche und gesucht habe, da niemand das Geschäft bei TRIGA so gut kennt wie du, Carl. Oder?“

„Aber…“

„Nichts aber – Carl! Mensch was bin ich nur für ein Gastgeber, möchtest du vielleicht eine Tasse Kaffee oder Wasser?“

„Nein – danke ich bin bestens versorgt worden von meiner Frau Wolf…“!

„Die ist vielleicht ein Schatz, Carl, oder? Da bist du wirklich zu beneiden! Leider sind wir beide hinsichtlich des Problems, dass ich angesprochen habe, nicht zu beneiden…“

„Welches Problem, denn?“ fragte Carl scheinheilig.

„Stell dir vor, Carl, die gute Frau Braun, für die wir uns ja beide förmlich zerrissen haben, teilte mir gestern – kalt wie eine Hundeschnauze – mit, dass sie schwanger ist“!

„Schwanger? – das ist ja ein Ding, aber als junge Frau steht ihr das  wohl zu“.

„Als junge Frau schon, aber nicht als frisch gekürte Spartenvertriebsleiterin! Und wenn schon, dann hätte sie mir bei der Einstellung, spätestens aber angesichts der riesigen Aufgabe, vor die wir sie gestellt haben, sagen müssen, was sie vor hat…“

„Aber vielleicht hatte sie ja die Schwangerschaft gar nicht vor, sondern es ist einfach passiert“, sagte Carl mit gespielter Naivität.

„Einfach passiert – im 21. Jahrhundert – also damit kann mir wirklich niemand kommen, das war schon von Anfang an von der Braun ganz raffiniert eingefädelt, Carl, das kannst du mir glauben. Tja Frauen, Frauen, Frauen; immer das gleiche: man kann sich nie auf sie verlassen“!

„Na so weit würde ich aber jetzt auch nicht gehen wollen…“

„Doch, doch, doch, das ist schon so, von Frauen wird man letztlich immer nur reingelegt. Aber gleichberechtigt wollen sie natürlich sein! Und natürlich mindestens soviel verdienen wie ihre männliche Konkurrenz! Das schon, wenn dann aber die vereinbarte Leistung abgerufen wird, dann passen sie und ziehen den Schwanz ein, den sie nicht haben aber gerne hätten! Ist doch so Carl, oder…“

„Vorsicht, Bernhard, das ist vielleicht etwas arg krass formuliert…“

„Krass, Carl? Das ich nicht lache! Unter Freunden muss man doch aus seinem Herz keine Mördergrube machen. Da muss man doch Klartext reden dürfen. Dieses ganze Emanzipationsgetue ist doch nur hohles Gefasel. Wir beide wissen doch, was mit den Frauen los ist, Carl! Und wir wissen doch auch, dass im November endlich die neue Firmenstruktur stehen muss! Und Frau Braun wusste das auch! Aber nein, ausgerechnet da muss sie ein Kind in die Welt setzen und auf unbestimmte Zeit ausfallen! Das ist doch mit Verlaub gesagt mehr als bescheiden, wenn du ehrlich bist! Wo krieg ich denn jetzt in der Kürze der Zeit einen neuen, passenden Vertriebsleiter her, einen, der sowohl den Markt kennt, als auch unsere Produkte, das ist doch unmöglich!“

„Ja einfach ist das nicht, da stimme ich dir zu, Bernhard.“

„Bernie, Carl, bleiben wir doch bei Bernie, wir sind doch alte kampferprobte Freunde und müssen jetzt zusammenstehen und schauen, dass wir die Kuh irgendwie vom Eis bringen, oder? Und drum habe ich mir gedacht, dass wir unbedingt die Zeit – in der unser Berater noch im Haus ist und an der neuen Firmenstruktur bastelt – nützen sollten und du mit Miriam einfach eine Rochade machst.“

„Was für eine Rochade, Bernhard?“

„Also jetzt stell dich nicht so an, Carl! Mit Rochade meine ich natürlich, dass du ab sofort den Gesamtvertrieb in der Sparte übernimmst und Miriam deinen Unterwäschevertrieb und natürlich wird das alles bei dir mit einer entsprechenden Gehaltserhöhung unterfüttert, Carl. Was sagst du dazu? Ist doch ein super Angebot unter Männern, oder?“

„Nun Bernhard, das kommt jetzt schon etwas überraschend für mich…“

„Was heißt überraschend, Carl – wir beide wissen doch ganz genau, dass du schon immer der Richtige gewesen wärst! Und wenn du mich nicht durch dein gar so positives Urteil über Frau Braun auf die falsche Fährte gelockt hättest…“

„Mein positives Urteil?“

„Ja – du hattest doch alle Möglichkeit, durch deine Einschätzung Frau Braun aus dem Rennen zu werfen. Aber nein, du hast zustimmend genickt und geschwiegen. Tja Carl, man sollte sich halt nicht immer nur von der Oberweite leiten lassen sondern ab und zu auch das Fachliche in Betracht ziehen… Aber Schwamm drüber, kein Mensch trägt dir das nach und schon gar nicht ich, dein alter Kampfgefährte Bernie…“

„Aber Bernie…“

„Nichts aber Bernie, Carl, wir zwei Männer müssen doch einfach das jetzt zurecht rücken, was die lieben Frauchen wieder einmal versaubeutelt haben, das bringen wir doch hin in alter Manier, oder?“

Bernie sprang begeistert auf, rannte mit erstaunlicher Behändigkeit zu seinem Schrank an der Eingangstür und fischte geschickt mit einem verschwörerischen Lächeln nach seinem teuersten Cognac und zwei nicht ganz kleine Cognacschwenkern. Und ehe Carl noch recht wusste wie ihm war. prostete er ihm schon zu:

„Auf uns Männer, Carl, die so schnell nichts umwirft, auch die Frauen nicht!!“

KH

Eine Antwort

  1. Wieder eine schöne Geschichte, so richtig aus dem (Berufs-)Leben eines Vorgesetzten gegriffen. Besonders schön, dass ich nun auch eine Bezeichnung für meine durch fehlende Haarpracht charakterisierte Frisur kenne: „rabiater Sommerhaarschnitt“ – eine tolle Umschreibung. Aber bei Frau Wolf sicher anders gemeint.

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