Kapitel 16 

Ausgesagt

Alles andere war dann Aufgabe von Kommissar Färber, den Karl Koblewski gleich am nächsten Morgen von seinem Büro aus angerufen hatte!

Allerdings musste er wieder einmal erstaunt feststellen, dass Färber an seiner Entdeckung gar nicht sonderlich interessiert war, denn der sagte, als er sich endlich zum Telefon bequemte, dass halt alles wenig konkret sei, was er da erzähle!

„Wie konkret muss ich denn noch werden, Herr Super-Sheriff,“ blaffte Koblewski gereizt in den Telefonhörer, „mehr als die mutmaßlichen Täter identifizieren und den Aufbewahrungsort der Diebesbeute nennen kann man ja wohl nicht machen.  Oder soll ich auch noch alle Verdächtigen an die Garage fesseln?“

„Beruhigen sie sich Herr Koblewski, warum gleich so aufgeregt, ich will ja nur sichergehen und nicht wieder so eine Pleite erleben, wie damals bei der Hausdurchsuchung bei den Seidlers“, sagte Färber.

Koblewski spürte wie es in ihm hochstieg. Er nahm aber noch einmal seine ganze Kraft zusammen und erzählte Färber noch einmal, was er ausgekundschaftet und entdeckt hatte.

Färber blieb stur, vielleicht hatte er ja andere Probleme oder auch nur schlecht geschlafen. Obwohl Koblewski mehrfach darauf hinwies, dass Eile geboten war, ließ er sich lediglich zu der Aussage bewegen, die Sache noch einmal zu überdenken.

Ja und wie nicht anders zu erwarten, ging dann auch alles schief! Denn bis Kommissar Färber und seine flinken Begleiter endlich einen Durchsuchungsbefehl hatten und bei den besagten Garagen auftauchten, war es Dienstagmittag und alle Garagen so leer, wie es leerer nicht ging!

Koblewski schnappte beinahe über als Färber ihn anrief, um sich noch einmal zu vergewissern, dass es auch die gemeinten Garagen waren.

Am liebsten hätte er dem Färber gleich ins Telefon gekotzt!

Färber versuchte Koblewski zu beruhigen, immerhin gäbe es auch Positives! Seine Leute seien gerade dabei in den Hochhäusern bei den Garagen die Bewohner zu befragen und wie es aussieht haben die auch was gesehen…Dann war die Leitung plötzlich unterbrochen!

Aber Färber hatte ohnehin keine Zeit mehr zum Plaudern, denn einer seiner Ermittler kam mit der Meldung, dass Montagabend drei Motorboote fortgeführt worden waren. Das hatten mehrere Anwohner gesehen. Ein älterer Herr glaubte sich auch zu erinnern, dass die Kolonne in Richtung H. losgefahren war….

Und das war auch so! Noch am Abend desselben Tages wurden die drei Boote auf dem Parkplatz eines großen Kaufhauses in H. entdeckt. Sie standen mutterseelenallein in einer schlecht beleuchteten Ecke. Unter den Abdeckplanen der Boote fand die Polizei einen Großteil der Beute aus den letzten beiden Einbrüchen im Wasa – Markt! Auch Kleider und Lebensmittel waren noch dabei!

Alles andere war Routine. Die Haftbefehle gegen die drei Besitzer der Boote – Manfred Seidler, Michael Strohbach und Joachim Jeschke, waren schnell beigeschafft. Manfred Seidler wurde noch am gleichen Tag verhaftet, die beiden anderen einen Tag später!

In Rodenbach schlug diese Nachricht wie eine Bombe ein. Damit hatte wirklich niemand gerechnet. Am Allerwenigsten wohl die alten Seidlers, die nun wieder eins abbekommen hatten. Und diesmal besonders gründlich!

Die beiden alten Leute konnten einem echt leidtun, das musste auch Karl Koblewski zugeben, als er kleinlaut Susanne die ganze Sache beichtete.

„Toll“ sagte sie ironisch, als er fertig war, „du bist wohl der kleine James Bond aus Rodenbach! Kannst stolz drauf sein…“, dann stand sie auf und ging in die Küche. Sie räumte das schmutzige Geschirr in die Spülmaschine und stellte sie an; das mahlende Geräusch der Maschine war wie eine beruhigende Schutzglocke!

Kiki fiel auch aus allen Wolken als sie davon hörte, und die Kontras auch! Ausgerechnet der Manfred drehte so miese Dinger! Den alle immer angehimmelt hatten, wer hatte das für möglich gehalten!

Aber bei Kiki kam zur Enttäuschung über den Manfred noch die Enttäuschung über ihren Papa, der diese ganze Aktion heimlich hinter ihrem Rücken durchgezogen hatte, ohne ihr ein Sterbenswörtchen zu sagen. Das war wirklich ober fies und hatte Folgen, das sahen die Kontras auch so!

Als Trost blieb Karl Koblewski nur Niki; der konnte gar nicht oft genug hören, wie die Diebe von der Polizei ausgetrickst und gefangen worden waren. Unverständlich war ihm nur, warum nicht geschossen worden war, das musste ihm sein Papa mehrere Male ausführlich erklären.

Und Koblewski war froh, dass er Kommissar Färber wenigsten das Versprechen abnehmen konnte, dass er in keiner Weise genannt wurde, er wollte absolut anonym bleiben, niemand braucht zu wissen, welche Rolle er bei der Aufklärung dieses traurigen Falles gespielt hatte. Die Leute mussten glauben, dass die Polizei alles herausgefunden hatte, das war für alle das Beste!

Rodenbach war empört! Es gab über Tage kein anders Thema, als die Schandtaten der Seidler – Bande wie die Leute sagten!  Und der Udo noch immer flüchtig! Wie lange dauerte das noch bis der gefunden wurde? Jeden Tag gab es neue Gerüchte und die wenigen Zeitungsberichte wurden stundenlang immer wieder diskutiert. Man wollte alles wissen. Es entstand fast ein Wettstreit – wer am besten Bescheid wusste, wurde von den anderen beneidet…

Manfred Seidler konnte zufrieden sein. Er wurde immer populärer. Er war auch im Gefängnis der Star. Instinktiv tat er das Richtige: er legte sofort ein umfassendes Geständnis ab und zeigte sich reuig.

Und vermutlich war diese Reue sogar echt, denn er hatte wirklich am meisten verloren! Sein Absturz war gewaltig! Nach seiner Aussage hatte er aber in letzter Zeit immer wieder aussteigen wollen, doch seine Kumpels wollten davon nichts wissen,

„Mit gegangen – mit gefangen!“ sagten sie und erinnerten ihn immer wieder, dass sie seinetwegen damit angefangen hatten, denn vor einem Jahr, als ihnen hinten und vorne das Geld fehlte und sich weit und breit kein Sponsor gezeigt hatte, wär’ die Mannschaft am Ende gewesen, wenn nicht Michael Strohbach, die Idee mit den Einbrüchen gehabt hätte.

Nur so hatten sie die Durststrecke durchstehen können. Und ein bisschen mehr noch dazu! Denn da alles so einfach ging, machten sie immer weiter, sie konnten nicht aufhören…

Jede Woche hatten sie sich ein anderes Kaufhaus in der Umgebung vorgenommen! Und da von der Polizei nie etwas zu sehen gewesen war, war das immer so weitergegangen. Auch dann noch als Manfred Seidler schon den Verdacht hatte, dass sein Bruder Udo etwas ahnte, da er plötzlich so komisch um ihn herumschlich und immer noch auf war, wenn er von seinen nächtlichen Diebstouren spät heimkam.

Um diese Zeit waren dann auch immer wieder etliche Beutestücke aus dem Zwischenlager auf der Sandbahn verschwunden. Und niemand konnte erklären, wie das möglich war? Wohin die Sachen verschwanden?

Etliche Male hatte man sich auch auf die Lauer gelegt, aber immer vergeblich, nie war jemand entdeckt worden…

Von den Kumpels konnte es keiner gewesen sein, die taten so etwas nicht, da waren sich alle einig. Der Einzige der in Frage kam – war Udo!

Manfred Seidler hatte sofort auf ihn getippt! Nachzuweisen war dem Udo aber nichts, dazu war er viel zu durchtrieben.

Andererseits wusste Manfred aber auch wie sehr ihn sein Bruder bewunderte, so dass ihn manchmal das Gefühl beschlich, dass Udo das alles nur tat, um ihn zu warnen und zu verunsichern! Udo wollte, dass er mit dieser Einbruchgeschichte aufhörte. Aber Manfred konnte nicht! Die anderen ließen ihn nicht! Und jedes Mal, wenn Manfred das seinem Bruder vorsichtig zu erzählen versuchte, stellte der sich blöd und machte einen auf Volltrottel!

Manfred wusste zwar, dass das nur eine üble Show war, konnte aber nichts dagegen unternehmen: wenn Udo wirklich einige Beutestücke hatte konnte er ihn jederzeit hochfliegen lassen. Das war eine äußerst unangenehme Situation und machte die Seidler–Bande von Woche zu Woche nervöser….

Zuletzt hatte man dann genau das getan was Udo vielleicht erreichen hatte wollen – man beschloss mit den Einbrüchen aufzuhören!

Allerdings wollte man zum Abschluss noch einmal richtig hinlangen! Und dabei war Manfred Seidler die Idee gekommen, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen – erstens sollte die gesamte Elektroabteilung im Wasa -Markt ausgeräumt werden und zum Zweiten sollte der Verdacht auf Udo gelenkt werde. Mit handfesten Indizien musste das doch möglich sein! Und wenn der erst einmal in der Klapsmühle saß, dann konnte er reden, was er wollte, dann glaubte ihm sowieso keiner mehr. So der Plan der von allen als genial empfunden wurde – Manfred war wie immer der Größte!

Zur Beruhigung seines schlechten Gewissens redete er sich ein, dass sein Bruder früher oder später ohnehin in einer Anstalt landen werde!

Das Ding mit Josef Rampf hatte allerdings nicht zum Plan gehört.

Das war eine Panne gewesen mit der niemand gerechnet hatte: Josef Rampf war plötzlich dagestanden, mit dem Rücken einen Meter vor Michael Strohbach. In seinem Schreck hatte dieser nach der nächsten Weinflasche gegriffen und sie Rampf auf den Kopf geschlagen. Was er getan hatte, hatte er erst begriffen als Joseph Rampf blutüberströmt vor ihm lag; das hatte er nicht gewollt! Und die anderen auch nicht. Da es aber passiert war und Joseph Rampf allem Anschein nach tot war, hatte Manfred Seidler angeordnet, ihn zu verstecken und die Spur mit dem Schal und den Handschuh zu Udo gelegt. Allerdings hatte er damit wie er sagte, die Ermittlungskünste der Polizei stark überschätzt: zu ihrer aller Erstaunen hatten sie schon bald feststellen müssen, dass die Polizei mit der gelegten Spur nichts anfangen konnte. Der Trick funktionierte erst, als sich Udo durch sein eigenes Missgeschick in der Gartenstrasse selbst verraten hatte, aber auch da waren sie ja nicht in der Lage gewesen ihn zu schnappen!

„Ich war wirklich froh“, sagte Manfred beim Verhör, „dass der Udo abhauen konnte! Dadurch kam ich mir wenigstens nicht ganz so mies vor! Und der gewünschte Effekt war ja erreicht worden: alle Welt war überzeugt, dass Udo der Schuldige ist!

Um diesen Eindruck zu verstärken haben wir dann noch einmal eingebrochen, aber das war dann wirklich das letzte Mal gewesen; „nach diesem Bruch haben wir nichts mehr gemacht!“ versicherte Manfred Seidler

„Umso größer war dann natürlich der Schreck“, fuhr Manfred Seidler fort, „als beim Feuerwehrfest dieser komische Brief auftauchte! Der hätte gut von Udo sein können, oder zumindest von jemand der Udo kannte!

Wer sonst hätte denn das alles wissen können, was in dem Brief stand?

Und der Lastwagen, der plötzlich aufgetauchte und dann wieder verschwand, von wem war der wohl?

Irgendwie passte das alles zu Udo, der hatte auch immer so blöde Scherze!

Und ich bin auch felsenfest überzeugt, dass sich der irgendwo in Rodenbach versteckt hält, da lass ich mich hier rein stechen“ sagte er mit einem etwas schiefen Grinsen und deutete auf seinen Hals

Aber Udo wagte sich nach wie vor nicht aus seinem Versteck bei der

Susl!  Er hatte immer noch unbändige Angst in eine Anstalt zu müssen.

Karl Koblewski glaubte das der Susl sogar! Obwohl sie sonst bestimmt alles tat, um ihren Udo nicht zu verlieren. Wenn der nämlich wieder zu seinen Eltern zurückdurfte, konnte das schon passieren!

„Ich hab’ ihm auch von der Verhaftung von dem Manfred erzählt“, sagte die Susl, aber das war ein Fehler, der Udo hat nämlich voll durchgedreht. Fast eine geschlagene Woche ist er in seinem Zimmer, wie ein Verrückter von einer Wand zur anderen gerannt und hat immer wieder geschrien und gejammert …“ alles umsonst! …alles umsonst!“

„Nur durch ständiges gutes Zureden ist es mir geglückt ihn langsam zu beruhigen! Jetzt ist er wenigstens schon so weit, dass er ganz normal zuhört, wenn ich ihm etwas über seinen Manfred erzähle…“

KH

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