Grosse und kleine Computer — aber bitte nur mit UNIX

Von ma
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Hier der erste Beitrag von Matthias Apitz <guru@UnixArea.de>!

Man soll keine Aufsätze mit Ich anfangen, deshalb dieser Satz vorab. Ich bin Matthias und gern nehme ich die Einladung meines langen Kollegen/Partners Roland Dürre an, und werde in loser Folge ab und an was zu UNIX oder anderen OpenSource Projekten schreiben. Seit mehr als 25 Jahren arbeite ich mit und teilweise für UNIX und denke, dass ich dabei einiges gelernt habe und was ich davon nicht schon wieder vergessen habe, gebe ich gern weiter. Genug der Vorrede, wer mehr über mich wissen will, sei an meine home page verwiesen http://www.UnixArea.de/

Heute soll es um grosse und kleine Computer gehen, wie der Titel sagt. Vor ein paar Tagen habe ich mir den kleinsten Computer gekauft, wenn ich mal meinen programmierbaren Taschenrechner TI 59, den ich als Student hatte, aussen vor lasse. Es ist ein s.g. sub-notebook, Asus eeePC 900: http://en.wikipedia.org/wiki/Eeepc. Das Tolle an dem Teil ist, dass es klein ist, gerade noch gross genug, dass man darauf wirklich schreiben kann und auf dem 9 Zoll display mit 1064×600 Auflösung auch noch was lesen kann. Es hat keine sich drehende Platte, nur eine 20 GByte s.g. SSD (Solid State Disk), das ist ein Speicher, wie man ihn von USB sticks kennt, nur sieht ihn eben das Betriebssystem wie eine normale ATA Festplatte. Und 20 GByte ist viel, auch wenn das Betriebssystem mit allem was man zum Arbeiten, Schreiben und Lesen braucht, davon sich 3 GByte weg nimmt, bleiben immer noch 17. Es wiegt weniger als ein Kilo und gibt keinen Laut von sich (wenn man nicht gerade einen Film oder ein Mp3 darauf abspielt). Und es kommt nicht mit Windows daher, sondern mit einem Linux-derivat der Firma Xandros, dazu später mehr. Es ist wohl auch eine Version mit XP angekündigt, die SSD soll dann dabei nur 12 GByte gross sein, weil ja Microsoft noch bezahlt werden muss (schlechtes hat eben seinen Preis) und der (Kampf-)Preis 400 Euro in Summe nicht übersteigen soll. Das ist, wie gesagt, der kleinste Computer, den ich je mit UNIX hatte, bisher. Darüber später mehr, reden wir erstmal von dem grössten, den ich je „hatte“.

Wer auf meiner home page nach sieht, wird merken, dass ich aus der DDR bin. Ich habe dort an der Universität und später an der Technischen Hochschule in Leipzig gearbeitet, geforscht und auch Kurse gehalten zu Computer Themen und Programmiersprachen. Leute meines Alters und Wissende werden den Begriff CoCom kennen, wer nicht sehe einfach in Wikipedia nach. Kurz, wir sollten damals keine Computer haben und erst recht keine mit UNIX. Das hat nicht funktionieren können und die DDR hat eigene gebaut, einige davon waren Clone (Nachbauten) von IBM (die IBM /360 oder /370 hiess in der DDR ESER 1055 oder 1060) oder von DEC (die PDP-11 war bei uns die SM4-20). Auf denen liefen üblicherweise auch die ge-clonten Betriebssysteme der westlichen Hersteller. Aber eben nur ‚üblicherweise‘. Es gab an den Uni’s der DDR ein gemeinsames Forschungsprojekt auf dieser Hardware das als Source (auch wieder entgegen der CoCom-Liste) verfügbare UNIX verschiedener Versionen zum Laufen zu bringen. Das ist uns auf dem ESER 1055 hervorragend gelungen, es lief dort in einer virtuellen Maschine des SVM als VMX (Virtuell Machine UniX) und wurde in Lehre und Forschung eingesetzt. Der Rechner füllte damals ganze (Computer-) Hallen, die grössten Festplatten waren 29 und 100 MByte groß und sahen aus wie Waschmaschinen, solche Top-Lader. An den RAM (damals Ferrit-Kern Speicher) kann ich mich nicht mehr erinnern, sicher was es aber weniger als 1 GByte. Das war also der grösste Rechner, auf dem ich je UNIX installiert habe, und doch war er kleiner in der Leistung als der eingangs erwähnte eeePC, schwächer als mein kleinster heute.

Damals war es übrigens noch nicht einfach mit dem UNIX. Man musste schon Enthusiast sein und um die kostbare Rechenzeit auf dem Großrechner betteln und bekam die meist nur nachts zugeteilt. Anderes und Fragen der Sicherheitsaspekte beim Zugang zu den heiligen Hallen der Computer lasse ich mal weg. Es gab auch Widerstände, analog den heutigen, von Kollegen und Chefs die meinten ein Betriebssystem kann nur von IBM kommen (oder heute von Microsoft). Aber wir haben uns damals durchgesetzt.

Zum Arbeiten heute haben ich natürlich ein richtiges notebook, in den Parametern etwa 2-3 mal so stark, wie der kleine von Asus. Also gut, das Display ist nicht 27 Zoll, sondern nur 15, aber sonst gilt 2-3 schon als Faktor. Darauf läuft kein XP und kein Vista und wird auch nie auf meinen Rechner laufen. Ich benutze seit vielen Jahren, mit einer kurzen Unterbrechung durch Linux, FreeBSD, http://www.freebsd.org/. Auch wenn die grafische Oberfläche mit dem desktop KDE oder Gnome aussieht, wie jedes Linux heute, so ist sicher FreeBSD etwas eher für Experten und Liebhaber, normalerweise würde man als Alternative zu XP eher ein Linux-Derivat, sei es von Novell das (ehemals deutsche) SuSE Linux, oder das ganz einfach, z.B. ein Ubuntu. Im Kern sind die alle gleich, nur in der Installation und im outfit unterschiedlich. Das gilt auch für FreeBSD, wenn es erstmal richtig installiert und konfiguriert ist, ist der Unterschied zu Linux an der Oberfläche (KDE) kaum zu sehen.

Gegen Linux/FreeBSD höre ich immer vier (stumpfe) Argumente. Alle vier sind falsch!

Fehlende Hardware-Unterstützung. Das war früher. Es gibt heute kaum eine Hardware die nicht von Linux untersützt wird. Fehlt wirklich mal in einem exotischen Fall noch ein Driver, gibt es den meist in kurzer Zeit. Selbst die Zusammenarbeit der Hardware-Hersteller mit der Linux-Gemeinde (Offenlegung von Spezifikationen usw.) hat sich verbessert, manche Hersteller oder Service-Provider unterstützen von sich aus Linux, man denke nur an Skype. Es ist sogar heute andersherum, nicht jede Hardware ist heute Vista-tauglich (weshalb auch Microsoft XP nicht vom Markt nehmen kann), wohl aber sicher Linux-tauglich.

Fehlender Support. Falsch. Man bekommt bereits kommerzielle Rechner und Laptops, vor-installiert mit Linux und mit Support, wenn man sich nicht nur auf das Internet selber als Support verlassen will. Dort, im Internet, ist der Support unschlagbar. Es gibt für jedes Problem nach kurzer Zeit eine Lösung oder auf Fragen eine Antwort. Es ist eher so, das man für Microsoft Probleme selten eine Antwort bekommt. Beispiele kann ich mir sparen, glaube ich.

Kompatibilität. Wir müssen intern kompatibel sein mit unseren file Formaten und Office Produkten, und erst recht zu denen unserer Kunden. Das ist einfach so nicht schlüssig als Argument, sorry. Wenn wir in der Firma alle Linux nehmen würden, wären wir doch wohl sehr ‚kompatibel‘, oder? Kompatibler jedenfalls als Firmen, in denen auf einigen PC z.B. MS Project 2003 und auf anderen MS Project 2007 läuft. Kompatibel zu Kunden? Mit den neuen OpenOffice Produkten der Version 3.0 ist das problemlos.

Das kann doch keiner bedienen und keiner kennt sich aus. Auch das war früher, als UNIX nur die Command-Line kannte. Die heutigen Desktops (KDE, Gnome) sind ergonomischer als die von XP, einfacher schneller und vor allem besser dokumentiert. Mein Frau ist aus Kolumbien und absoluter Computer-Laie. D.h. sie benutzt den Computer zum Lesen im Internet (browser Firefox), zum Mailen (hotmail.com mit dem browser), Filme sehen (MPlayer plugin in Firefox), ihre Fotos in’s Internet stellen (Krusader, so eine Art Norten-Commander wo man die Files mit drag-und-drop von einer Seite vom local file system, auf die andere Seite, zum remoten ISP ‚zieht‘), und manches mehr. Ihr Notebook läuft mit FreeBSD und KDE, sie weiß das zwar (weil ich es ihr mal sagen wollte), es ist ihr aber egal. Sie merkt es nicht, hat keine Probleme und keine Viren.

Ich bin manchmal gezwungen XP zu benutzen, einfach weil irgendein Dokument unbedingt aus XP sein soll, z.B. ein MS Project Plan, den man genauso auch mit GanttProject machen könnte. Für diesen Fall habe ich auf meinem Laptop noch eine virtuelle Maschine mit XP. Das ist aber wie gesagt die intern selbst erzeugte fehlende Kompatibilität.

Für Linux/FreeBSD spricht: Es ist billiger (keine Lizenzkosten), Es ist robuster (keine Abstürze). Es ist sicherer (keine Viren, Sicherheitslücken werden sofort geschlossen). Es ist modern, offen und zukünftig. Ganze Länder stellen auf Linux um, die Stadt München stellt ihre tausenden Arbeitsplätze auf Linux um. Ob ich noch erlebe, dass meine Firma komplett auf Linux umzieht?

Warum habe ich mir nun zusätzlich noch diesen kleinen eeePC gekauft? Es waren im wesentlichen zwei Gründe. Der eeePC kommt mit einem Xandros Linux, natürlich mit allem was man so braucht: Firefox, Skype, WLAN, OpenOffice, … und alles fein über Icons und Tabs aufrufbar. Jedes Kind hätte das bedienen können. Ich hab mich kurz darin umgesehen, mir einige Files aufbewahrt (z.B. die Grafik-config des X-servers) und habe es dann gelöscht. Es hat mich einfach technisch gereizt, auf diesem Winzling ohne CD/DVD zum booten ein FreeBSD zu installieren. Wer wissen will, wie das geht kann es hier nachlesen: http://www.unixarea.de/installEeePC.txt. Außer der on-board Camara funktioniert alles. Und der zweite Grund ist eher banal, aber wichtiger für mich. Ich lese privat fast nur Bücher in spanischer Sprache und mir fehlte immer das Wörterbuch der Königlichen Spanischen Akademie (also das was für Deutsch der Duden ist) in einer Form zum ‚dabei haben‘ wenn man unterwegs ist. Das habe ich nun auf meinen eeePC, der zusammengeklappt wie ein Buch ist von der Grösse und auch nicht schwerer.

MAP

Matthias Appitz wird ab jetzt regelmäßig für IF-Blog über die Möglichkeiten schreiben, die die OpenSource-Welt uns bietet.

Eine Antwort

  1. Wir (GeNUA) setzen seit der Fimengründung vor 16 Jahren im Produktivbereich ausschließlich Unix-, Linux- und BSD-Systeme ein (wenn man von einer dunklen Phase von 3 Jahren absieht, wo wir eine Windows-basierte Buchhaltungssoftware hatten) und haben damit beste Erahrungen gemacht. Naja, gut, vor ein paar Tagen war eine neue Kollegin deutlich verwundert, dass sie zu einer LaTeX-Schulung sollte, aber das liess sich auch schnell aufklären 🙂

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