Ein Freund besucht mich regelmäßig. Er wohnt fast 300 km weit weg und kommt immer ganz alleine mit dem Auto zu mir. Gleich nach unserem Treffen fährt er sofort wieder heim.
Beim Ankommen klagt er regelmäßig zuerst mal über die lange Fahrt, den Ärger auf der Straße, das Fehlverhalten und Unvermögen anderer Autofahrer, durch einen Unfall bedingte Staus, schlechtem Wetter oder Glatteis. Und über die viele Zeit, die ihm diese Fahrerei kosten würde. Man muss wissen, mein Freund ist sehr erfolgreich, hat immer viel zu tun und ist immer unter Dampf.
Er könnte auch mit dem Zug fahren. Die Verbindung von seinem Wohnort zu mir ist gut und dauert kaum länger als die Autofahrt. Im Zug könnte er die Zeit zum Arbeiten oder Erholen nutzen. Billiger wäre die Fahrt auch noch.
Mein Freund fährt trotzdem Auto. Da ist er flexibler, auch sonst wäre das irgendwie einfacher. Im Auto könne er rauchen (eigentlich will er am liebsten das Rauchen aufgeben). Und Züge hätten immer Verspätung.
Ich fahre gerne und oft Zug. So kann ich ihm bestätigen, dass er mit seiner letzten Aussage Recht hat. Ich ärgere mich auch häufig über die Unzuverlässigkeit der Eisenbahn. Pünktliches Ankommen betreffend ist der Zug nicht besser als das Auto auf der Autobahn.
Den Ärger über die Verspätung teile ich mit anderen Menschen im Zug. Das tut gut. So ist der Frust bei der Ankunft meistens schon abgebaut. Als Autofahrer dagegen befindet man sich in einem total sozial isolierten Raum. Da muss man seinen Frust bei der Ankunft erst mal so richtig los werden.
Und den Gefallen mache ich ihm gerne und höre ihm jedes Mal geduldig zu.
RMD
P.S.
Hier ist noch ein Link zu einem Artikel. Da versuche ich zu erklären, warum Autofahren unglücklich macht. Ich bin ja ehrlich der Meinung, dass es mir viel besser geht, seitdem ich (kaum) mehr Auto fahre. Und behaupte, dass Autofahren anmaßend und spießig, bequem und uneffizient, Menschen und Natur verachtend, einfach dekadent und vor allem die für Menschen nicht artgerechte Art der Fortbewegung ist.
2 Antworten
Ich kenne genug Leute die glaubhaft versichern dass Autofahren Spaß macht. Kurzfristig ist das für die wohl wahr. Das ist wie der Tabak-Sucht. Langfristig gesehen ist es gar nicht gut.
Wie es Leuten gestattet sein sollte, gerne Fahrrad oder Bahn/Bus zu fahren sollte man respektieren, dass es auch solche gibt die gerne Auto fahren.
Mir macht im gegensatz zum Autofahren die Bahn negativen Stress. Wenn ich darin sitze und um mich herum Leute sitzen oder stehen, die sich betrinken, anderen mit lauter Musik auf die nerven fallen oder stundenlang telefonieren, weil sie ja sooo wichtig sind.
Ausserdem sind’s natürlich wieder wir Steuerzahler, die die Bahn großzügig subventionieren, obwohl nicht jeder sie nutzt (Stichworte dazu Bahnhof Stuttgart oder Berliner S-Bahn).
JUS