Jetzt darf ich schon seit fast 50 Jahren wählen. Und habe das Wahlrecht in meiner Erinnerung auch immer wahrgenommen. Weil mir mein Überich stets befohlen hat, zur Wahl zu gehen – auch wenn ich keine Lust hatte.
Und erst vor ein paar Tagen habe ich entdeckt, dass die Wahlverfahren (und so auch die Regeln) bei Bundestagswahl, Landtagswahl und der Bezirkswahl doch ziemlich unterschiedlich sind.
Zuerst war ich entsetzt über meine mangelnde politische Bildung. Dann habe ich Freunde gefragt, die ich für kluge Demokraten halte – und festgestellt, dass sie das auch nicht wußten. Im Wahlkampf und aus den Botschaften mancher Wahlplakate habe ich erkannt, dass sogar die Parteien und ihre Kandidaten zumindest zum Teil die Unterschiede des bei Bund, Land und Bezirkstag gültigen Wahlsystems nicht kennen.
Das hat mich getröstet, aber auch bewegt, dass ich hier zwei wesentliche Unterschiede kurz beschreibe:
- Im Gegensatz zum Bundestagswahlrecht werden bei der Landtagswahl in Bayern für die Sitzverteilung nach Verhältniswahl auch die Erststimmen berücksichtigt (Siehe Bayerisches Landtagswahlsystem und Bundestagswahlrecht)!
- Bei der Bezirkstagswahl für die Regierungsbezirke Bayerens wird auf eine Fünf-Prozent-Klausel wie im bayerischen Kommunalwahlrecht üblich verzichtet. Für die Landtagswahl dagegen gibt es eine Sperrklausel (Bis 1973 galt in Bayern eine Zehn-Prozent-Hürde auf Ebene der Wahlkreise, also der Regierungsbezirke. Seit 1973 ist in Art. 14 der Verfassung eine landesweite Fünf-Prozent-Hürde verankert. Da es im bayerischen Wahlsystem keine der Grundmandatsklausel des Bundestagswahlrechts vergleichbare Regelung gibt, bedeutet dies auch, dass siegreiche Stimmkreisbewerber dadurch eventuell kein Mandat erhalten).
Was bedeutet das?
Zum einen, dass der Wähler in Bayern bei seiner Vergabe von Erststimme nicht den Überlegungen folgen sollte, die ihm von Bundestagswahlen her vertraut sind. Dann bewirkt er unter Umständen etwas, das er gar nicht will.
Zum anderen, dass bei der Bezirkstagswahl man auch „kleine Parteien“ wählen kann, ohne dass die vergebenen Stimmen im Bereich „der Sonstigen“ entwertet werden wie bei der Landtagswahl.
Zur Erinnerung
Morgen ist sowohl Landtagswahl und Bezirkstagswahl. Und daran denken: für beide gelten am selben Tag und im selben Wahlbüro unterschiedliche Regeln.
Dazu ein paar Informationen:
Die Bezirkswahl 2013 ergaben in keinem der insgesamt sieben Bezirke eine absolute Mehrheit für die CSU. In den Bezirkstagen sitzen nicht nur Abgeordnete der bekannten Parteien CSU (89), SPD (38) , FDP (6), FW (21), Grüne (18) sondern auch von den Linken (5), der BP (6), der ÖDP (6), den Franken (2) und auch den Piraten (4). Die Zahlen sind das Ergebnis der Wahl von 2013, entnommen habe ich sie aus Wikipedia.
Ich verstehe nicht, warum die Parteien, die absehbar keine Chance haben, in Bayern die 5 % – Hürde zum Landtag zu meistern, ihrer Wahl-Klientel nicht mitteilen, dass es diese Hürde bei der Bezirkswahl nicht gibt. Ich vermute, dass so mancher Wähler in diesem Falle eine kleine Partei wählen würde.
Mein Vorschlag wäre, das Wahlrecht zu vereinheitlichen – und dabei gleich zu reformieren. Um es dem Bürger damit ein wenig einfacher zu machen.
RMD