Heute (12.11.2015) in der SZ finden wir im Bereich „Wissen“ einen Artikel zu einem Megaprojekt mit der Überschrift „Indien verknüpft seine Flüsse“ von Robert Gast. Ich zitiere ihn mal hier:
Indien verknüpft seine Flüsse
Um die Wasserreserven des Landes gleichmäßiger zu verteilen, sollen in Indien 30 Kanäle und 3000 Wasserspeicher entstehen. Dazu müssten einen halbe Million Menschen umziehen.
Noch im Dezember will die indische Regierung die Umsetzung eines gigantischen Infrastruktur-Projekts vorantreiben. In den kommenden Jahren ist der Bau von 3000 Wasserspeichern und 30 Kanälen auf einer Länge von insgesamt 15 000 Kilometern geplant. So sollen 37 Flüsse auf dem Subkontinent miteinander verbunden werden. Das gut 150 Milliarden Euro teure Vorhaben ist eine Reaktion darauf, dass es in einigen Regionen Indiens extrem viel regnet, während es in anderen oft extrem trocken ist. Der Westen und Norden des Landes kämpfen regelmäßig mit Überflutungen. Bundesstaaten im Osten und Süden des Subkontinents leiden hingegen immer wieder unter Dürre.
Seit mehr als zehn Jahren verfolgt Indien daher den Plan, die großen Flussbecken des Landes miteinander zu verbinden. Auch sollen vor allem im Himalaja Flüsse gestaut werden. So wollen Ingenieure überschüssiges Wasser speichern und bei Bedarf in trockene Landesteile leiten. 174 Billionen Liter sollen pro Jahr umgeleitet werden. Bauern könnten dann ihre Äcker auch in trockenen Zeiten bearbeiten, argumentiert die indische Behörde für Wasserentwicklung, die den Kanalbau vorantreibt. Daneben ist geplant, Wasserkraftanlagen mit einer Gesamtkapazität von 34 Gigawatt zu installieren.
Das Projekt stößt allerdings auf Widerstand in der Bevölkerung. Mehr als eine halbe Million Menschen müsste vermutlich umgesiedelt werden, schätzte Upali Amarasinghe vom International Water Management Institute 2008 in einer Studie. Umweltschützer finden, das Projekt greife zu stark in die Natur ein. Zum Beispiel im Tigerreservat Panna. Im Rahmen des Kanal-Projekts ist nämlich geplant, den Fluss Ken zu stauen, und ihn über einen 230 Kilometer langen Kanal in den Betwa-Fluss zu leiten. Dadurch aber würden Teile des Nationalparks geflutet und 1600 Familien müssten weichen. Zudem würden die 32 Tiger des Reservats von anderen Schutzgebieten abgeschnitten. Die indische Regierung ist dennoch entschlossen, das Projekt zu verwirklichen. Im September wurde bereits eine neue Wasserstraße zwischen den Flüssen Krishna und Godavari im Südwesten Indiens eingeweiht.
Dieser Artikel hat mich aus vielen Gründen interessiert. Zum einen könnte dieses Vorhaben das größte Projekt der Welt sein. Zum anderen gibt es weltweit viele solche Projekte, die Wasser besser nutzbar machen wollen und gewaltige geographische Veränderungen. Denn Wasser wird immer wertvoller. Und vielleicht hat Indien gar keine andere Wahl, denn dieses Projekt bietet ja auch eine Chance, besser mit den zu erwartenden klimatischen Veränderungen wie langen Dürre-Perioden und Extrem-Niederschlägen fertig zu werden.
Nur klingt das für mich den Planeten betreffend alles nicht so nachhaltig. Vielleicht können Indien und die vielen anderen Staaten, die ähnliche Projekte planen, dadurch ihr Kollabieren um ein paar Jahrzehnte aufschieben. Aber letzten Endes erinnert mich das so ein wenig an die „Quartalsdenke“ der Konzerne. Nur dass die Quartale in der Politik ein wenig länger sind als drei Monate und vielleicht dort einem 5-Jahres-Zeitraum entsprechen.
Zumindest sollten wir parallel zu solchen Projekten, die vielleicht sein müssen, wieder versuchen, die schlimmsten Zerstörungen, die wir unserem Planeten in den letzten 100 Jahren zugefügt haben, wieder zu heilen.
RMD
P.S.
Zum Autor:
Robert Gast, Jahrgang 1984, ist Redakteur im Wissensressort der Süddeutschen Zeitung. Er hat Physik studiert und eine Diplomarbeit über Gammastrahlung aus dem Weltall geschrieben. Anschließend hat er ein neunmonatiges Stipendium der „Initiative Wissenschaftsjournalismus“ durchlaufen, die Naturwissenschaftler zu Journalisten ausgebildet hat. Ehe er zur SZ kam, hat er in der Redaktion der Zeit Station gemacht, sowie bei der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung, der Stuttgarter Zeitung, der Deutschen Presse-Agentur dpa und bei Spektrum der Wissenschaft. 2013 erhielt er den Georg von Holtzbrinck Preis für Wissenschaftsjournalismus (Kategorie Nachwuchs).
Das Bild: Krishna River Gorge by Srisailam, Andhra Pradesh, India, 13 January 2008, own work of Zeman, the file is licensed under the Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Unported license.