Ein Appell für neues Lernen!
Wie ich jung war, habe ich viel gelernt. Ich war 13 Jahre in der Schule und dann noch zirka 5 Jahre an der Uni. 18 Jahre uneffektives Lernen. Das, was damals richtig war, ist heute falsch.
Es geht immer schneller. Großprojekte, die noch vor Jahren zwingend notwendig erschienen, würde man heute nicht mehr machen (Nordstream …). Technologien, die zukunftsträchtig erschienen, sind heute verfemt. Man war im Besitz der Wahrheit. Dir BRD war gut, die SBZ (von bösen Menschen als „DDR“ bezeichnet, von ganz bösen das sogar ohne Anführungszeichen) war böse. Homosexualität war eine Krankheit und Neger kein Schimpfwort. Die Atomkraft und das Automobil waren die Zukunft. Züge veraltet. Fliegen war toll, Radfahren out. In dieser Welt bin ich groß geworden.
Kardinaltugenden wurden zu Sekundärtugenden.
Diese Welt war schwarz-weiß. Bunt war ein verrückter Luxus. Aber dann kamen Farb-Fernsehen und -Fotografie. Die Welt wurde bunt und – dynamisch! Deontologische Tugenden, die nie zur Diskussion standen, nennen wir heute verschämt „Sekundärtugenden“. Moralisches Verhalten und Erziehungsprinzipien, die früher selbstverständlich waren, drehen sich ins Gegenteil. Ich bringe keine Beispiele, sie fallen jedem ein.
Die Welt wurde bunter.
Und vielen zu bunt. Ab und zu denke ich mir, dass das Leben früher vielleicht doch ein wenig einfacher war. Man wusste, was richtig und falsch war. Man konnte die Wahrheit nachlesen.
Wie ich jung war, war Wissen konstant.
Da ich ziemlich früh lesen gelernt habe, habe ich alles was es im elterlichen Haushalt zu lesen gab in mich hinein gefressen. Das war nicht so viel. Meine Haupt-Wissensquellen war die Augsburger Allgemeine und eine Enzyklopädie.
Das Aktuelle Geschehen
stand in der Augsburger Allgemeine, die ganz früher am Augsburger allgemeine Zeitung hieß und wohl ziemlich relevant in Deutschland war. Nach dem Zweiten Weltkrieg gab die 12. US–Heeresgruppe zunächst vom 13. Juli 1945 bis 23. Oktober 1945 den Augsburger Anzeiger heraus. Der erschien ab dem 30. Oktober 1945 als Schwäbische Landeszeitung, ab dem 1. November 1959 als Augsburger Allgemeine (Zitate aus Wikipedia, 18. Mai 2021).
Mein Kinderlektüre – so ab 1955 – war die Schwäbische Landeszeitung. Ich war ziemlich enttäuscht, wie diese ab 1959 unter anderem Namen und im neuen Kleid als Augsburger Allgemeine erschien. Das erschien mir ziemlich unnötig. Ich hatte den Eindruck, dass die Qualität der Modernisierung geopfert wurde.
Egal, ich habe trotzdem die Zeitung weiter gelesen. Und dies immer intensiver. Ab und zu habe ich mir Artikel ausgeschnitten und aufgehoben. Zur Erinnerung an ein schönes Fussballspiel oder einen Leitartikel, weil er einfach genial war.
Das wahre Wissen
stand in einer Enzyklopädie, die wir Brockhaus nannten. Ich glaube nicht, dass es der echte Brockhaus war. Es war irgendein lexikalisches Standardwerk, das aber nur aus drei oder vier Bänden bestand. Und Brockhaus war so wie das Tempo bei den Papiertaschentüchern. Nichtsdestotrotz las ich dann täglich bestimmt eine Stunde im Brockhaus. Und lernte mehr als in der Schule.
Mit vielleicht 14 Jahren hörte ich auf, im Brockhaus zu lesen. Und habe dann eigentlich über Jahrzehnte nicht mehr in Enzyklopädien reingeschaut. Bis dann – deutlich später – Wikipedia kam! Das fand ich gut. Vor allem, weil ich – wenn ich mit dem Inhalt nicht einverstanden war – etwas ändern konnte. Und siehe da. ich habe gelernt so zu ändern, dass meine Änderungen dann auch drin blieben.
Der persönliche Nutzen
Ich meine, dass ich einen großen Nutzen von meiner intensiven Lektüre der lokalen Zeitung wie in der Enzyklopädie hatte. Mein Lesestoff wurde ergänzt, durch mindest wöchentliche Besuche in der Bibliothek der Pfarrgemeinde St.Anton in Augsburg. Da schleppte ich jede Woche noch mal einige Kilo an Lesestoff nach Hause. Das war – so glaube ich – eine Ursache, dass ich von manchen Lehrern für einen aufgewcckten Schüler gehalten wurde, dem man trotz großer Faulheit und Unwilligkeit noch eine ausreichende Note geben darf.
Für freies und selbstorganisiertes Lernen
Je älter ich werde, desto mehr stelle ich fest, dass das Wissen, das ich mir selbst angeeignet habe, für mich viel relevanter war, als das, das mir durch schulischen Zwang oder universitäre Vorgabe verabreicht wurde. Und deswegen kritisiere ich die heutige Art von Bildung und meine, dass man Schule reformieren muss. Das Lernen vorgegebener Inhalte muss einem freien und selbstorganiertem Lernen weichen. Also weg mit Lehrplan und Frontalunterricht, es geht um Unterstützung des Weckens von Neugier und Hilfe beim Befriedigen derselbigen.
Die 21. Auflage (2005 bis 2014)
Die ersten sechs Bände der 21. Auflage erschienen im Oktober 2005 auf der Frankfurter Buchmesse. Die komplette 30-bändige Ausgabe lag im Folgejahr 2006 vor. Zudem war eine digitale Version der Enzyklopädie erhältlich.
Diese Auflage hatte einen Gesamtumfang von 24.500 Seiten mit rund 300.000 Stichwörtern und 40.000 Bildern. Die Standardausgabe in rot-schwarzem Halbledereinband wurde bei Komplettabnahme zu einem Gesamtpreis von 2.820 Euro verkauft. Dem Verlag zufolge wiegen die Bände zusammen 70 Kilogramm und nehmen 1,70 Regalmeter ein. Daran gearbeitet hatten „70 Fach-, Bild- und Schlussredakteure“ der Redaktion in Leipzig sowie tausend weitere Autoren, im Wesentlichen freie Mitarbeiter.[22]
Ergänzt wurde das Ganze noch durch eine „Audiothek“, bestehend aus 2 DVDs, mit über 3.000 Hörbeispielen verschiedenster Art. Die Hörbeispiele umfassten politische Reden, Musikstücke, Naturgeräusche usw. mit einer Gesamtspielzeit von ca. 70 Stunden.[23]
Ab Ende 2010 wurde eine aus 32 Teilen bestehende neue Auslieferungsvariante angeboten. Neben dem 30-bändigen Grundlexikon bestand diese Auslieferungsvariante noch aus der Audiothek und dem Band „Multimedial“.[24] Dieser zusätzliche Band enthielt vier DVDs mit einem umfangreichen Bonusmaterial (Kinder- und Jugendlexikon, Atlas, Brockhaus 1906, Planetarium, Weltstatistik usw.) und ein schwarz eingebundenes Handbuch.[25][26]
Wie bei früheren Auflagen gab es auch bei der 21. Auflage eine Sonderausgabe, die sich durch eine geringe Auflagenhöhe, eine abweichende Einbandgestaltung und einen höheren Preis von der Standardausgabe unterschied. Die Einbände dieser Sonderausgabe wurden von Armin Mueller-Stahl gestaltet. Diese Ausgabe wurde auf 999 Exemplare limitiert und zu einem Neupreis von 6.000 Euro verkauft.
Dieser Absatz macht klar, welchen Umfang die Enzyklopädien hatten und welche Umsätze damit erreicht werden konnten. Die 21. Auflage 2005–2006 „Brockhaus. Enzyklopädie in 30 Bänden“ gab es auch als DVD und eigenständig in digitaler Form (auf USB-Stick).
Wikipedia hat dann die Papier-Brockhäuser ruiniert. Da hat dann auch nichts geholfen, dass die Verlage innovativ wurden und ihr Angebot digitalisierten. Es hat den großen Verlagen weh getan. Und sie haben Rache geschworen und warten auf den Tag, wenn sie Wikipedia übernehmen können. Vielleicht als Konsortium der ganz Großen.
Aber die Zeit der statischen Enzyklopädien war abgelaufen. Irgendwann mal habe ich dann auch meine gesammelten Zeitungsausschnitte verbrannt.
Denn welchen Wert hat es heute noch, dass der BCA als Neuling in der Oberliga Süd 1961/62 im ersten Heimspiel in der Oberliga Süd (Runde 2) gegen Eintracht Frankfurt ein 2:2 durch einen von dem gerade 22 Jahre alt gewordenen Helmut Haller verwandelten Foulelfmeter erreicht hat?
(Daten ohne Gewähr – ist aus meiner Erinnerung – Hier aus dem Eintracht Archiv Infos zum Rückspiel in Frankfurt am 21.01.1962)
Wikipedia hat das Wissen dynamisiert.
Im Internet findet sich vieles, aber leider nicht alles. Wie auch im großen Wikipedia, dem Brockhaus-Killer. Vor kurzem habe ich einem Freund die IETF vorgestellt. Damals wurde in Wikipedia das IETF noch als Unorganisation bezeichnet. Das war natürlich Unsinn, denn das IETF war damals schon hervorragend organisiert. Allerdings nicht den konservativen und hierarchischen Vorstellungen, die Mensch von solchen wichtigen Institutionen hat. Die IETF stellt keine Körperschaft dar und ist dieser Login folgend ohne Rechtsform
Heute klingt das in Wikipedia so:
Die IETF ist eine offene, internationale Freiwilligenvereinigung von Netzwerktechnikern, Herstellern, Netzbetreibern, Forschern und Anwendern, die für Vorschläge zur Standardisierung des Internets zuständig ist. Sie steht jedem interessierten Individuum offen und es existiert keine förmliche Mitgliedschaft oder Mitgliedsvoraussetzung. Die IETF besitzt als lose Organisation keine Rechtsform.
…
Die IETF besteht aus einer großen Zahl Arbeitsgruppen (Working Groups), von denen sich jede mit einem spezifischen Thema befasst und beabsichtigt, die Arbeit an diesem Thema zu beenden und sich dann aufzulösen. Jede Arbeitsgruppe hat einen ernannten Vorsitzenden (oder manchmal mehrere Co-Vorsitzende) sowie eine Charta, welche die Ziele formuliert und vorgibt, wann welche Dokumente produziert werden sollen. Die Arbeitsgruppen agieren und diskutieren per E-Mail über offene Mailinglisten und treffen sich üblicherweise dreimal im Jahr zur persönlicheren Diskussion auf den so genannten IETF-Meetings. Gemäß dem von Dave Clark formulierten Motto “We reject kings, presidents and voting. We believe in rough consensus and running code.” bedarf es keiner genauen Abstimmung zur Entscheidungsfindung, ein „grober Konsens“ innerhalb der Arbeitsgruppe ist ausreichend.
(Wikipedia, 19. Mai 2021)
Den Begriff „lose Organisation“ finde ich viel besser als „Unorganisation“. Vor allem ist er korrekt. Den ein Unternehmen, dass so gut organisiert ist wie das IETF ist natürlich keine Unorganistation. Sie ist anders als üblich organisiert – ich meine sogar zielführenden.
Die rote Einfärbung ist von mir: Das Motto von Dave Clark finde ich genial. Dazu habe ich ja schon mal Stellung genommen.
Meinem Freund aber wollte ich damals in Wikiepdia zeigen, dass das IETF eine Unorganisation ist. Und habe ihn gebeten, den Artikel zu lesen. Pech gehabt. Jetzt ist IETF ist nun auch wikipedia-offiziell eine Organisation, wenn auch nur eine lose :-). So ändern sich gute Enzyklopädien. Wie das Leben und die Erkenntnisse. Auch wenn es manchen zu schnell geht.
RMD