Zug-Gespräche.
Auf meiner Fahrt vorgestern (6. Mai) nach Stuttgart sitze ich im ICE 516 nach Dortmund an einem Tisch. Ab München sitzen mir gegenüber zwei unbekannte Damen „mittleren Alters“.
Auf mich wirken die beiden durchaus intelligent. Sie sind auf dem Wege nach Frankfurt. Von dort wollen sie in den gemeinsamen Urlaub fliegen. Sie sind sehr gesprächig und ich erfahre viel aus ihrem Leben, was hier vielleicht spannend zu berichten wäre. Darauf verzichte ich, auch weil es da durchaus intime Momente gab.
Auf Höhe der Geislinger Steige wechseln die beiden das Gesprächsthema. In großer Begeisterung schauen sie zum Fenster heraus und übertreffen sich gegenseitig in der Bewunderung des üppigen Grüns. Gegenseitig berauschen sie sich. Mit lauten Bezeugungen, wie schön die Natur wäre, schaukeln sie sich hoch. Ich bekomme Sorge, dass sie gleich in Ekstase fallen könnten.
Und dann fällt der Satz, den ich öfters höre und der mich immer wieder ärgert. Die eine der beiden sagt sinngemäß, dass man „diese so wunderschöne Jahreszeit ja gar nicht richtig genießen könne, wenn man nicht auch den ach so kargen und kalten Winter haben würde“.
Und Ihre Freundin fällt gleich ein und verstärkt diese mir etwas dümmlich erscheinende Aussage mit den Worten, dass „es ganz genauso wäre und sie sich nie so intensiv des Sommers erfreuen könnte, wenn es denn den langen und ach so trostlosen Winter nicht gäbe.“
Zuerst wollte ich die beiden Damen fragen, ob „sie denn jemals in der Nähe des Äquators gewesen wäre, dort wo die Wiege der Menschheit gestanden habe“.
Aber dann überlege ich mir folgende Rede:
„Sehr geehrte Damen, gestatten sie mir einen Widerspruch zu Ihrer gerade geäußerten Meinung, die ich hören musste obwohl sie mich nicht im geringsten interessiert.
Meinen Widerspruch zu Ihrer These möchte ich mit folgender Metapher herausarbeiten. Nehmen wir denn mal an, dass Sie verheiratet wären. Und Sie hätten einen Mann, der Sie sechs Monate im Jahr jeden Abend verprügelt und Sie dann sechs Monaten auf Händen trägt.
Würden Sie dann auch sagen, wie sehr sie die sechs Monate voller Prügel schätzen würden, weil sie nur so in der Lage wären, die anderen sechs Monate der harmonischen Beziehung zu schätzen?“
Bevor ich zu dieser Rede ansetzte, besann ich mich eines Besseren. So groß war meine Lust doch nicht, die beiden aufgrund ihres andauernden Geplappers zu verprügeln. Ausserdem war ich gut gelaunt, weil ich auf dem Wege zum PM-Camp war.
🙂 Den beiden Damen aber, die mir (einem älteren Herrn mit schwarzem Polo und Bauch) im ICE516 am 6. Mai auf dem Weg von München nach Stuttgart ihr Leben erzählten möchte ich aus dem ICE 515 auf einer erfreulich ruhigen Rückfahrt nach München einen schönen Urlaub wünschen! Denn eigentlich waren sie ja ganz nett und nur ein wenig aufgedreht.
(geschrieben auf der Rückfahrt vom #PMCampSTR, auch wieder bei bester Laune weil es so ein schönes Barcamp war).
RMD
Das Bild ist aus Wikipedia. Der Urheber ist Sebastian Terfloth User:Sese_Ingolstadt – Eigenes Werk, die Lizenz ist CC BY-SA 3.0.
2 Antworten
selten so einen Unsinn gelesen. Ich finde ebenso wie die beiden „Damen“, dass die Jahreszeiten gerade wegen ihrer Unterschiede so schön und es fällt mir schwer den Winter (Sonne, Schnee und strahlend blauer Himmel) mit einem prügelnden Ehemann zu vergleichen.
Der Kommentar ist nicht korrekt, da die beiden geschwätzigen Damen das Grauen der Wintersaison mit düsteren und kurzen Tagen, nasskaltem Wetter, andauernden und immer wiederkehrenden Erkältungen in einer unbeschreiblichen und wohl ihnen eigener Art und Weise durch den Großraumwagen im ICE geplärrt haben. Und da der Zug wohl als Folge der Streiksituation ziemlich voll war, hatte ich keine richtige Chance, dem Schwall zu entgehen.
Ich muss aber zugeben, dass ich persönlich auch kein Freund des Winters bin, zumindest könnte er an Weihnachten wegen mir immer vorbei sein.
Und die Damen haben ja eigentlich recht. Wenn man länger krank war ist die Gesundheit plötzlich auch ein höheres Gut. Nur macht das die Krankheit auch nicht besser.