Das letzte lange Wochenende beginnend mit dem Tag der Deutschen Einheit habe ich der Philosophie gewidmet und war mit einer nicht zu kleinen Gruppe von sehr jungen Studenten und erfahrenen Unternehmern und Unternehmensführern im Grashof – einem kleinen Tagungshotel zirka 25 km westlich von Fulda. Dort hat mein Freund Klaus-Jürgen Grün ein „philosophisches Kolloquium“ gehalten, das vom „Ethikverband der Deutschen Wirtschaft e. V. (EVW)“ unterstützt wurde.
Es waren für mich drei ganz wichtige Tage. So möchte ich meine Erkenntnisse knapp berichten:
Moral und Ethik
Immer mehr beginne ich zu verstehen, dass Moral und Ethik zwei böse Schwestern sind. Zwar versucht die jüngere Schwester, die „Ethik“ ihre ältere Schwester, die „Moral“ beim Unheil anrichten zu bremsen. Nur zu oft macht sie es aber schlimmer.
Damit will ich sagen, dass die Moral ursächlich für vieles Schlimmes ist und der Anspruch der Ethik, es besser zu machen, nicht funktioniert.
Moral und Entscheidung
In meinem bisherigen Weltbild habe ich Entscheidungen vor allem im Spannungsfeld von Ratio (Fakten, Bewertung, Folgerung, Kopf) und Intuition (Emotion, Gefühl, Bauch) gesehen. Auf dem Kolloquium habe ich plötzlich verstanden, dass es noch eine dritte und oft ungeheure Einfluss-Größe gibt, die Moral!
Je mehr ich Menschen beim Konsens finden bewusst zuhöre, dest mehr entdecke ich, dass die ausgetauschten Argumente überwiegend moralischer Art sind und nicht vernünftig (gesunder Menschenverstand) oder intuitiv (Heuristik). Das finde ich schrecklich.
Moral und Regulierung
Als Drittes ist mir bewusst geworden, wie sehr wir im einfachen Reden und Sprechen wie im Denken und Argumentieren laufend moralisieren und wie sehr wir durch Moral geprägt sind. Die Systeme, in denen wir leben, bilden massive kollektive Konstrukte aus, die uns zusätzlich „moralisch“ beeinflussen und prägen.
Die Folge von ungebremster Moral ist Überregulierung. Die wir insgeheim fordern (damit die anderen es endlich richtig machen), die wir aber gar nicht wollen. Dieser Prozess geht zu Lasten der Freiheit bis hin zum Verlust derselbigen. Das gefällt mir nicht.
Ich möchte gerne in einer entwickelten und aufgeklärten Gesellschaft in Freiheit leben. Dies gerne auch nach vernünftigen Regeln. Ich habe aber immer mehr den Eindruck, dass gerade bei uns diese Entwicklung zurzeit nicht mehr stattfindet. Schlimmer, wir sind da im zurück fallen und geben so unnötiger Weise unsere mühsam errungene „Freiheit“ wieder Schritt für Schritt auf. Und das darf nicht sein.
RMD