Letzte Woche durfte ich an einer besonderen Konferenz teilnehmen: Es war die LEADERSHIP FOR INNOVATION, unterstützt von der Peter Pribilla-Stiftung. Das Thema war VISUALIZING THE INVISIBLE. Die Veranstaltung fand statt in München an der TUM beim IAS auf dem Campus Garching und zwar am 25 und 26. April 2013.
Dass es eine eher konventionelle Tagung war hat nicht gestört. Es gab einige sehr „innovative“ Sessions. Als erstmals Teilnehmender habe ich sehr schnell gemerkt, dass es hier vor allem um das „sich treffen“ ging – im Rahmen eines wichtigen Netzwerks und mit den richtigen Leuten.
Ganz logisch war so die Krönung der beiden Tage die Abendveranstaltung „Network Convention 2013“ am Freitag zu Ehren von Herrn Prof. Reichswald, der am 1. April seinen 70igsten Geburtstag feiern konnte. Und im wahrsten Sinne des Wortes ging es dabei im Seehaus im Englischen Garten um „Boundless Interaction“.
An diesen zwei Tagen habe ich mit manchen Menschen über hoch spannende Themen gesprochen. Auf mich kam so viel Neues zu, dass ich all das nach der Tagung erstmal verarbeiten musste. Nach der ersten Verdauung hier ein paar persönliche Gedanken dazu.
DOMINANTE LOGIK
Eines der wesentlichen Probleme unserer Art scheint es zu sein, dass wir unternehmerisch wie privat Herausforderungen immer mit „Dominanter Logik“ zu lösen versuchen. Das „echte“ Leben aber ist immer Teil der Evolution und die ist alles andere als „dominant logisch“. Innovation ist jetzt unser Versuch, die Evolution zu unseren Gunsten zu beeinflussen.
Das erscheint mir eine der zentralen Aufgaben des unternehmerischen Wirkens: Die Evolution, die jedes Unternehmen sowieso durchlebt, so zu beeinflussen, dass negative Folgen im Rahmen des evolutionären „älter werden“ durch positive „innovative Veränderungen“ zumindest ausgeglichen werden.
Und das geht nicht mit Ratio und Logik. Die Wirkungslosigkeit von dominanter Logik kann man wiederum nicht mit dominanter Logik begründen, sondern nur mit Erfahrung und Lebenswissen. Unternehmer müssen so im „Jetzt“ leben und herausfinden, was gut und was schlecht fürs Unternehmen ist und dann hoffentlich mehr richtige als falsche Entscheidungen fällen.
Wenn man Entscheidungen mit dominanter Logik aus allgemeinen Regeln ableitet, wird man scheitern. Es kommt zu vielen falschen Entscheidungen, manche davon mit wesentlichen negativen Folgen. Das zeigt die Erfahrung. Um im innovativen Sinne mehr richtige Entscheidungen zu finden, müssen die Entscheidungskriterien auf Kultur und Werten basieren.
Beispiele für durchaus übliche (und nach meinem Verständnis schädliche) Wirtschafts-Regeln sind „Wachstum muss sein“, „Wir müssen in jedem Geschäftsfeld die Nummer eins weltweit sein“ oder „Shareholder Value ist das ausschließliche Unternehmensziel“. Das sind unreflektierte Plattitüden, aber keine sinnvolle Quellen für Handlungsleitung.
Hier ein paar Beispiele für nützliche Kultur-Regeln: „Die goldene Regel„, „Menschen sind keine Ressourcen“, „Kreativität sucht angstfreie Räume“, „Gelingende Kommunikation braucht Augenhöhe“, „Wissen teilen schafft neues Wissen“, „Führung heißt Respekt haben“, „Achtsamkeit und Zivilcourage sind die Tugenden“ ….
Die Anwendung solcher und ähnlicher Regeln wird für mehr richtige Entscheidungen sorgen im Sinne einer nachhaltigen, die Ressourcen schonenden und so innovativen Entwicklung eines Unternehmen, das letztendlich ja auch nur ein soziales System mit einem wirtschaftlichen Zweck ist.
Und Management, welches eine nachhaltige Entwicklung eines Unternehmens wirklich will, muss seine Entscheidungen nach diesen Kultur-Regeln ausrichten. Das darf (und muss) dann auf Rationalität und gesunden Menschenverstand aufbauen. Denn auch Ethik hat viel mit Vernunft zu tun – sonst kann sie schnell zu falschen Dogmen führen. Der Evolution werden wir auch so nicht auskommen, aber vielleicht können wir diese so ein wenig durch Innovation zu unseren Gunsten beeinflussen.
Oft versuchen Unternehmensführer, aus Fehler zu lernen und das Gelernte auf die Zukunft zu übertragen. Auch da vermute ich, dass das nicht funktioniert, wenn es auf Basis von „dominante Logik“ gemacht wird. Weil dominante Logik bei Menschen und ihren sozialen Systemen immer wieder versagt.
Oft bin ich versucht, diese Thesen mit „dominanter Logik“ zu beweisen. Das kann natürlich nicht gelingen. Denn das Sensationelle an Evolution ist eben, dass sie eben nicht rational begründbar sondern zweckfrei ist – und so nichts mit „dominanter Logik“ zu tun hat. Sie ist kein Überleben der Passendsten („Survival of the Fittest“) und wohl auch kein „Großer kollaborativer Prozeß„. Innovation ist immer abhängig vom Strom der Evolution. Nur wir Menschen maßen uns an, mit Ratio und Logik Evolution innovativ gestalten zu können. Brauchen dazu aber „Evolutionswissen“, das ebenl nicht in Spreadsheets abgebildet werden kann.
Ja – und dann gibt es noch diese für mich zentrale Eigenschaft:
OPEN
Ohne „OPEN“ werden wir kein „Evolutionswissen“ schaffen! Wir müssen unser Wissen und unsere Erfahrung teilen, und zwar mit ganz vielen anderen Menschen. Vorbehaltlos und auf Augenhöhe. Nur so können wir die positive Innovation als Veränderung der Evolution schaffen, um die Dinge in unseren Unternehmen wie auf dieser unserer einzigen Welt zu verbessern. Und das wird nie das Werk eines einzelnen Menschen sein, sondern von ganz vielen, die in oft unterschiedlichsten Rollen zusammen wirken.
Zu schnell wird die Evolution sonst uns Menschen von diesem Planeten runter fegen.
🙂 Das wäre zwar im kosmischen Maßstab kein großes Unglück, aber schad wär’s halt schon.
Allgemein würde ich sagen, dass man das Unsichtbare eben nicht sehen kann. Besonders nicht als Einzelwesen. Aber vielleicht kann man es gemeinsam Erahnen, sozusagen Erfühlen?
RMD