„Gema oder Youtube?“ oder „Wenn Eigentum die Verschwendung von Ressourcen bedeutet!“

Am Wochenende stand es in allen Zeitungen: Youtube hat gegen die Gema verloren. Zwar nicht komplett, aber doch teilweise. Wieder mal so ein Urteil, das die Gemüter erhitzt. Und das Abendland freut sich. Denn es geht um den Schutz von Eigentum!

Damit die Dämme nicht brechen, müsse man das Recht auf geistiges Eigentum verteidigen! Wehret den Anfängen! So schallt es aus manchen Medien. In denselben und anderen Medien finden wir aber auch leisere Töne und kluge Artikel, die durchaus die Problematik des „Geistigem Eigentums“ beleuchten.

Ich zweifle immer mehr am generellen und beliebig gewordenem Recht „alles zu privaten Eigentum machen zu können“. Das trifft mich selbst. Denn für meine Verhältnisse und meine Herkunft fühle ich mich als Inhaber von ganz schön viel privatem Eigentum. Und natürlich will auch ich mein Eigentum behalten.

Trotzdem bin ich skeptisch, dass wir unsere Art, Eigentum zu verstehen und zu leben langfristig aufrecht erhalten können. Ich sehe da zwei wesentliche Ursachen. Die erste erscheint mir noch als eher harmlos. Ich habe gelernt:

„Eigentum verpflichtet“.

Jetzt scheinen mir in der heutigen Zeit die wenigsten Eigentümer diese Weisheit noch ernst zu nehmen. In meiner Wahrnehmung lebe ich in einer „Freien Welt für freie Bürger“. Unter Menschen und Institutionen, die dies sehr extrem leben.

Ich möchte hier nicht beginnen, Beispiele auf zu zählen, wo „Kapital und Eigentum“ stark sozial schädlich wirkt. Da gibt es viel zu viele in allen Bereichen unserer Wirtschaft und unseres sozialen Lebens. Vielleicht ist der Sieg des Spätkapitalismus eines der Symptome?

Aber noch kritischer als „Eigentum verpflichtet“ ist mir der folgende Gedanke.

Persönliches Eigentum bewirkt in unserem sozialen Rahmen zwingend Verschwendung.

In allen unseren Lebensbereichen sehe ich beliebig viel Verschwendung. Nur zu oft beruht sie darauf, dass Güter sich in persönlichem Eigentum befinden.

So habe ich im brand eins des März 2012  gelesen, dass die durchschnittliche Nutzungsdauer einer Bohrmaschine in ihrem gesamten Leben 13 Minuten beträgt (Welt in Zahlen). Und wer hat keine Bohrmaschine zu Hause? Eine Bohrmaschine aber zu bauen, damit sie dann 13 Minuten benutzt wird, ist sicher Verschwendung.

Ich hatte mal ein Au-Pair-Paar aus Südafrika. Die konnten nicht verstehen, dass bei uns jeder Hausbesitzer einen eigenen Rasenmäher hat. Und selber mäht. In Südafrika lässt man mähen, und der Auftragnehmer bringt seinen Rasenmäher mit.

Ein wesentliches Beispiel für Verschwendung ist die individuelle Mobilität, zum Beispiel in Form von Autos und Parkplätzen. Wenn ich in der Früh von Ottobrunn nach Unterhaching radele, stelle ich fest, dass in den meisten der schönen und großen Autos der Morgen-Kolonne immer nur ein Mensch sitzt.

Die Autos besetzten dann tagsüber die Parkplätze der Unternehmen, die aber Nachts und am Wochenende leer stehen. Bei den Parkplätzen in den Wohnungsanlagen nebenan ist es genau anders herum. Die stehen am Werktag während des Tages leer.

Jetzt meine ich aber, dass wir unseren Planeten nur durch eine drastische Reduzierung unserer Verschwendung retten können.

Kommt man da nicht auf den Gedanken, dass das übertriebene Ausleben von „personalem Eigentum“ nicht eine, vielleicht sogar die wesentliche Ursache unserer brutalen Verschwendung ist.

Wenn sich aber in unserer evolutionären Fort-Entwicklung das Verständnis und die Handhabung von „hartem“ Eigentum – nur um zu überleben – wesentlich verändern muss, dann erscheint es doch schon fast sinnvoll, mit dem Rückbau von Eigentumsrechten beim „Geistigen Eigentum“ anzufangen? Weil es da vielleicht weniger weh tut?

Noch eine Nebenbemerkung:

Generell scheinen mir zurzeit die geistigen Eigentumsrechte von Institutionen immer besser geschützt zu werden als die von Personen. Individuen haben mittlerweile keine Chance mehr, ihr geistiges Eigentum zu schützen. Es sei denn, sie gehören einer bevorzugten Berufsgruppe an und kennen die notwendigen Regeln und Tricks …

Zusammenfassung:

Ich vermute, dass wir vor einer großen gesellschaftlichen Veränderung stehen werden. Die wird auch vor der Art und Weise, wie wir Eigentum heute definieren und vor allem leben, nicht halt machen. Mein Wunsch wäre eine sanfte Veränderung, begründet auf Vernunft und Einsicht und keine von oben mit Gesetz und Strafe durchgesetzte.

Also „eine freiwillige öko-soziale Veränderung“ basierend auf Vernunft und Werten anstelle einer schlimmstenfalls weltweiten „Öko-Diktatur.

RMD

Eine Antwort

  1. Bei Rousseau (Discours sur l’origine et les fondements de l’inégalité parmi les hommes von 1755) liest sich das so:
    „Der erste, der ein Stück Land eingezäunt hatte und es sich einfallen ließ zu sagen: dies ist mein und der Leute fand, die einfältig genug waren, ihm zu glauben, war der wahre Gründer der bürgerlichen Gesellschaft. Wie viele Verbrechen, Kriege, Morde, wie viel Not und Elend und wie viele Schrecken hätte derjenige dem Menschengeschlecht erspart, der die Pfähle herausgerissen oder den Graben zugeschüttet und seinen Mitmenschen zugerufen hätte: ,Hütet euch, auf diesen Betrüger zu hören; ihr seid verloren, wenn ihr vergeßt, daß die Früchte allen gehören und die Erde niemandem.‘“

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